Mordrausch
auf den Plan. »Ich muss dich in die Klinik reinlassen. Ich hab versucht, den Eingangsschlüssel zu kriegen, aber auf den passen sie auf.«
Cappy sah den Schlüssel an. »Sehr viel nützt der also nicht.«
»Doch. Wenn du dich verstecken musst, schlüpfst du in die Kammer und ziehst die Tür zu. In dem Gebäude gibt es ungefähr eine Million Türen, die die meiste Zeit verschlossen sind. Könnte dir eine Verschnaufpause verschaffen. Die Kammer ist leer. Dort kannst du deine Straßensachen deponieren und die Pflegerkleidung anziehen …«
»Okay«, sagte Cappy, der Barakat für ziemlich clever hielt.
»Ich hab ein Namensschildchen für dich und zeige dir, wie man es am Kittel befestigt. Das Bild darauf hat keine große Ähnlichkeit mit dir, aber du kannst ja behaupten, du hättest dir die Haare schneiden lassen. Wenn du dich bewegst, als würdest du dazugehören, achtet sowieso niemand auf das Foto.«
Wenig später sah Barakat auf die Uhr. »Jetzt müssen wir los. Du solltest auf die dritte Ebene fahren – du kommst an den Schildern zu den Patientenparkplätzen und denen für die Ärzte vorbei und bist dann im allgemeinen Bereich, auf der dritten oder vierten Ebene. Da wartest du. Sobald ich mich loseisen kann, mache ich dir die Tür auf.«
»Okay.«
»Wenn du wirklich bereit bist«, sagte Barakat.
Cappy hob erstaunt den Blick. »Ich dachte, es ist abgemacht, dass ich mir die Frau schnappe.«
»Stimmt, aber da wäre noch etwas«, erwiderte Barakat. »Die Sache ist verdammt gefährlich. So ein bewaffneter Cowboy-Typ begleitet sie überallhin, ihr Leibwächter. Der steht immer draußen auf dem Flur. Ich hab mich über ihn informiert; er hat Menschen umgebracht. Und ihr Mann auch.«
»Ist mir egal«, entgegnete Cappy.
»Sollte es nicht. Sie sind im selben Geschäft wie du und haben mehr Übung«, sagte Barakat.
Cappy runzelte die Stirn. »Das könnte tatsächlich ein Problem werden. Aber du wolltest auf was anderes raus.«
»Es würde dir nichts bringen, wenn du mich tötest. Keiner außer dir und den Mack-Brüdern weiß, dass ich etwas mit der Sache zu tun habe. Und ich verrate es niemandem, weil ich sonst lebenslang ins Gefängnis wandere. Statt dir diese Frau vorzunehmen, die mit ziemlicher Sicherheit schwer zu kriegen ist … was wäre, wenn Joe Mack etwas zustieße? Wenn er umkäme, gäbe es keine Verbindung mehr.«
Er dachte: Wenn Joe Mack tot wäre, könnten sie mir nichts nachweisen, selbst wenn die Frau sich erinnert, dass sie mich im Aufzug gesehen hat.
»Lyle würde draufkommen«, sagte Cappy. »Er wär stinksauer. Die Brüder stehen sich nahe.«
Das stimmte. Wenn Cappy oder Barakat Joe Mack ermordete, fand Lyle bestimmt eine Möglichkeit, sie zu verpfeifen und selbst ungeschoren davonzukommen.
»Und was wäre, wenn Joe und Lyle Mack etwas zustieße?«, fragte Barakat.
Cappy grinste. »Du bist echt ein Mistkerl.«
»Hör zu, Caprice«, sagte Barakat. »Die Macks sind immer auf einen Deal aus. Die Sorte Leute kenne ich. Wenn Joe Mack gefasst wird, versucht er, das Beste für sich rauszuschlagen. Was hat er? Dich und mich – mich fürs Krankenhaus, dich für die Frau im Van. Wenn jemand auf sein Angebot eingeht, kommt er mit fünfzehn Jahren oder weniger davon.«
»Ich glaube, die haben zu viel Angst vor mir.«
Barakat schüttelte den Kopf. »Jetzt vielleicht. Aber was ist, wenn sie im Gefängnis sitzen, in Gesellschaft von anderen Bikern? Sie haben bestimmt Freunde im Knast. Die haben wir nicht. Das bereitet mir Kopfzerbrechen. Ich bete, dass Joe Mack von der Polizei getötet wird, und denke gleichzeitig, es wäre besser, wenn wir ein bisschen nachhelfen.«
»Was hätte ich davon?«
»Ich habe kein Geld«, antwortete Barakat. »Bis zum Ende meiner Assistenzarztzeit befinde mich auf der untersten Ebene der Krankenhaushierarchie. Dann könnten sich Perspektiven ergeben. Aber eines steht fest: Die Macks haben Medikamente im Wert von einer Million Dollar. Wenn du mir hilfst, Joe Mack aufzuspüren, könnte ich ihn dazu bringen, uns zu verraten, wo das Zeug ist. Ich weiß, dass sie es noch nicht verschoben haben.«
Cappy überlegte. »Wie würdest du ihn zum Reden bringen?«
Barakat breitete die Arme aus. »Ich bin Arzt. Ich habe ein Skalpell.«
»Ich muss darüber nachdenken«, erklärte Cappy.
»Aber du sagst nicht von vornherein nein?«
»Deine Argumente klingen vernünftig«, gab Cappy zu. »Es ist mir noch gar nicht in den Sinn gekommen, dass sie mich verpfeifen könnten, weil
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