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Mordrausch

Mordrausch

Titel: Mordrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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davon, dass er sich keine Gedanken über Nachschub machen musste. Das Koks half ihm, einen klaren Kopf zu bekommen, und verlieh ihm ein Gefühl der Macht.
    Sie gerieten sich in die Haare.
    »Wenn du mit einer Knarre dort auftauchst, kannst du dich nicht mehr verkrümeln«, stellte Cappy fest. »Sobald Joe merkt, was du vorhast, wird er sich wehren. Er mag ein bisschen unterbelichtet sein, aber kämpfen kann er, und er ist stark wie ein Ochse.«
    »Kein Problem«, erwiderte Barakat. »Ich bin kein Feigling.«
    »Weißt du, was schuld ist? Dein Akzent«, sagte Cappy. »Der klingt irgendwie weibisch. Was für ein Akzent ist das überhaupt?«
    »Daran ist nichts Weibisches«, widersprach Barakat. »Ich bin Libanese, spreche Französisch und habe deswegen im Englischen einen französischen Akzent.«
    »Bist du Araber?«
    »Nein, ich stamme von den Phöniziern ab. Araber kommen aus Arabien. Meine Familie ist seit Urzeiten im Libanon.«
    »Was das auch immer heißen mag«, sagte Cappy, zündete sich eine Gauloise an und fügte hinzu: »Ich hoffe nur, dass du nicht den Schwanz einziehst.«
    Barakat sah ihn an, sprang von seinem Stuhl auf und stürmte ins Schlafzimmer, wo er Koks in seine Hand schüttete und mit der Nase hochzog. Es fühlte sich kalt an wie ein Eiszapfen. Dann riss er die Schranktür auf und holte seine Waffe heraus. Eine Minute später kehrte er mit der .45er zu Cappy zurück. »Du hältst mich also für einen Feigling?«, fragte er.
    »Ganz ruhig«, erwiderte Cappy und zog die Füße aufs Sofa hoch. Obwohl er glaubte, dass er nicht alt werden würde, wollte er seinen Aufenthalt auf der Erde nicht unnötig verkürzen.
    »Ich bin kein Feigling«, erklärte Barakat und wischte sich Gesicht und Nase mit der freien Hand ab. »Ihr amerikanischen Gangster meint, ihr seid die Einzigen, die’s draufhaben. Ihr habt keine Ahnung.« Er überprüfte das Magazin der .45er und richtete den Lauf auf die Decke.
    »Ihr meint …«
    »Kumpel …«
    Barakat drückte ab, und die Waffe ging mit einem ohrenbetäubenden Knall los. Verputz rieselte von der Decke. Verblüfft starrten sie das kleine Loch über ihren Köpfen an.
    »Kumpel«, wiederholte Cappy und begann zu lachen. Barakat hingegen wurde noch wütender.
    »Lass uns gehen«, zischte er und schob die Waffe vorn in den Hosenbund.
    »So schießt du dir die Eier weg«, warnte ihn Cappy und stand auf.
    Stirnrunzelnd zog Barakat die Waffe aus dem Hosenbund und sicherte sie.
    »Wo wollen wir hin?«, fragte Cappy.
    »Bist du ein Feigling?«
    »Ich rauche doch dieses Scheißkraut, oder?«
    Sie setzten sich in Cappys Van, Barakat am Steuer. Er hatte einen kleinen Beutel Koks dabei, schnupfte eine schmale Linie von seinem Handrücken und reichte Cappy den Beutel. »Von wegen Feigling«, sagte er und lachte. Dann lenkte er den Wagen nach Norden, schaltete das Radio ein und erwischte einen Rocksender. Cappy beobachtete schweigend und schniefend, wie die Straßenlaternen an ihnen vorbeiglitten. Zwei Häuserblocks vor der Auffahrt zur I-94 bog Barakat nach Osten ab und fuhr durch dunkle Straßen in Richtung Stadtzentrum von St. Paul.
    Schneeflocken wirbelten zwischen den Bäumen hindurch; nirgends eine Menschenseele. Vier, fünf Blocks entlang, vorbei an einem geschlossenen Markt, Kneipen, Stadthäusern und wieder zurück durchs Wohngebiet. Sie kreuzten gerade die Lexington, als sie einen einsamen Mann auf dem Gehsteig entdeckten. Er trug einen Parka und irgendetwas in der Hand.
    »Von wegen Feigling«, wiederholte Barakat, hielt den Van an, zog die Pistole aus dem Hosenbund, entsicherte sie, stieg aus dem Wagen und rief: »Hey, Mister. Mister!«
    Der Mann blieb stehen. »Was ist?« Ein Schwarzer mit Aktentasche. Barakat ärgerte die Aktentasche, vielleicht weil sie einen gewissen Status signalisierte.
    Er richtete die Waffe auf die Brust des Mannes, sagte: »Das«, und drückte ab. Ein Knall und ein greller Blitz; der Rückstoß riss seine Hand hoch; der Mann ging zu Boden. Barakat rannte zum Van zurück, und schon fuhren sie weiter.
    Cappy lachte hysterisch. »Du Wahnsinniger, du hast den Kerl erschossen …«
    »Bin ich nun ein Feigling?«
    An der Snelling Avenue stellten sie den Wagen ab und trotteten zurück zu Barakats Wohnung. Einen oder zwei Häuserblocks davon entfernt sagte Cappy: »Das war cool. Weißt du was? Ich hab schon wieder Hunger. Lass uns wo hingehen, ein Sandwich essen.«
    »Ich hätte gern einen Donut.«
    »Ja. Holen wir uns einen Donut. Bei Cub. Da gibt’s

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