Mordsdeal
kannte sie nichts, da war sie einfach gestrickt, wie ihre Topflappen. Warum sollte sie sich Hirschmedaillons bestellen, wenn sie sich dann die Hirsche, die quasi vor dem Fenster herumliefen, mit weißen Stretchverbänden um den Keulen und vor Schmerz zusammengekniffenen Augen vorstellen musste?
Mia sah zur Garderobe am Türeingang. Sie betete sich vor, nur ja nicht beim Verlassen des Restaurants ihre gute Jacke zu vergessen, doch dann betrat Bodo den Raum. Sie sprang auf und winkte ihm fröhlich zu. Bodo strahlte sein weißes Kronenlächeln zurück, kam auf sie zu und begrüßte Mia mit einem innigen Kuss auf die Wange. Er hielt ihr den Stuhl hin, damit sie sich wieder setzen konnte.
»Seit wann machst du das denn?«, fragte Mia freudig.
»Immer schon. Ist dir nur nie aufgefallen.« Sie sahen sich tief in die Augen. Seine glänzten wie Smaragde so grün, fast ungewöhnlich für einen Mann. Zu den dunkel gefärbten Haaren sah es schon fast exotisch aus. Mia musste sich zurückhalten, sonst hätte sie ihm ein Kompliment gemacht. Stattdessen machte Bodo es:
»Gut siehst du aus. Neu?«
»Was? Die Frisur? Die Uhr? Der Pulli?«
»Wenn du mich so fragst: alles?«
»Korrekt. Zur Feier des Tages habe ich es mir gegönnt. Wollte einen besonders guten Eindruck auf dich machen.«
»Das machst du doch auch so. Möchtest du zum Essen Wein trinken?«, fragte Bodo.
Mia lächelte. Oh ja, sie hätte sehr gerne gemocht, so versprach es ein sinnlicher Abend zu werden, aber da sie mit dem Auto gekommen war und morgen einen Termin hatte, musste sie es leider, leider schweren Herzens ablehnen.
»Jetzt nicht, vielleicht später, bei uns, ähm, bei mir zu Hause?« Mia lächelte ihr unschuldigstes Lächeln, das ihr bei dem Gedanken zur Verfügung stand.
Bodo fuhr nachdenklich mit der Zungenspitze über seine wohlgeformte Unterlippe.
Mia machte es schier verrückt.
»Geht leider nicht.« Er nahm ihre Hand und zog sie leicht zu sich. Sein Siegelring drückte. »Ich muss morgen früh mit meiner neuen Arbeitskollegin für zwei Tage nach Hamburg. Wir haben vorhin alles besprochen und die Präsentation erarbeitet. Morgen muss ich fit sein. Sie ist eine fantastische Sales-Managerin. Ich dachte bisher immer, Schönheit und Intelligenz schließen sich bei Frauen aus, aber bei ihr ist beides vorhanden.«
Mia überlegte, wo mehr Wasser drin war. In der Blumenvase oder in ihrem Trinkglas. Nun kannte sie den Grund seiner guten Laune, und er hatte so absolut gar nichts mit ihr zu tun. Vorsichtshalber stellte sie Bodo nicht die alles entscheidende Frage, ob er sie für schön oder klug hielt.
Bodo nahm das Gespräch wieder auf: »Leider kann ich deshalb auch nicht lange bleiben. Ich hoffe, es macht dir nichts aus.«
Mia schüttelte den Kopf. »Nein, nein, geht schon in Ordnung. Ich kann ja auch eine Suppe bestellen und sie schnell austrinken. Übrigens, habe ich dir schon erzählt, dass ich mich in einem Single-Club angemeldet habe? Ich finde, es ist an der Zeit, mal einen neuen Mann kennen zu lernen, und da wir uns ja sämtliche Freiheiten lassen, wird es dir sicher nichts ausmachen, oder?
Bodo sah sie entsetzt an, als hätte Mia ihm von der morgigen Sterilisation aller Männer erzählt. Er räusperte sich und stotterte: »Wie – ja, also – wie stellst du dir das vor? Du willst dich mit anderen Männern treffen …?«
Mia nickte gehässig und seufzte auf.
Ein leises Grollen, wie ein herannahendes Erdbeben, aus dem Inneren seines Körpers wurde immer lauter und erreichte schließlich seine Kehle.
»Das ist ja wohl nicht dein Ernst. Wir sind immerhin noch verheiratet. Vergiss das nicht!«
»Ach ja? Dann sollten wir beide wohl öfters daran denken. Aber du hast recht, das schnelle Abendessen und das private Treffen mit deiner Arbeitskollegin haben mich sofort wieder daran erinnert. Bis bald, Bodo, wenn du mehr Zeit für mich hast.« Mia stand auf und verließ mit wehenden Haaren das Restaurant.
Zwei Männer liefen ihr hinterher: Der eine war ein schlecht gelaunter Bodo und der andere ein Kellner, der Mias Jacke schwenkte.
5
Hilla saß auf der Wohnzimmercouch des Alten und schrieb Heiner die 20. SMS. Mal stand im Text, er solle endlich kommen, den Sack abholen, dann wieder, dass sie ihn über alles liebte. Ihre Hände zitterten beim Tippen. Der Aschenbecher quoll über. Wenn sie Heiner nicht bekam, konnte das Rauchen eine Suizidmethode für sie sein. Vor allen Dingen käme der Tod durch die Zigaretten schön langsam. Es blieb ihr
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