Mordsdeal
und dann haben wir unsere Handynummern ausgetauscht.«
Sie klappte ihr Handy mit einem polyphonen Geräusch auf, das sich wie eine herausspringende Metallfeder anhörte. Beim Suchen im Adressverzeichnis redete sie laut mit sich selbst: »Mmmm … M wie Madendoktor.« Sie sah zu Eggi. »Manchmal muss ich staunen, wie gewissenhaft ich bin.«
»Brauchst du uns noch?«, fragte Klaus, der Streifenbeamte. »Düsseldorf hat Verstärkung angefordert. Wir haben alles aufgenommen und der Arzt hat den Geschockten gerade weggespritzt, ging nicht anders. Der braucht vorerst keinen Beistand.«
»Alles klar. Ich komme zurecht. Viel Vergnügen.« Sie hob kurz den Arm.
Auch Eggi nahm seine Tasche und verabschiedete sich. »Kopierst du mich ein, wenn du das Gutachten bekommst? Bin gespannt, was er alles gefunden hat.«
Bei dieser Aufbruchstimmung kam Hektik auf. Lilo überlegte: Der Staatsanwalt hatte ihr zwar gesagt, sie solle alles Nötige veranlassen und ihn unterrichten, aber die Obduktion musste er veranlassen und für Benecke brauchte sie eine Genehmigung. Der Herr des Ermittlungsverfahrens blieb nun mal der Staatsanwalt.
Sie wählte den Kurzwahlcode und beendete nach wenigen Minuten das Gespräch wieder. Lilo erschrak über die Reibungslosigkeit, damit hatte sie nun wirklich nicht rechnen können. Auch er kannte Markito, wie er ihn nannte, und schätzte ihn als unabhängigen Gutachter. Er versprach, sofort ein Auftragsfax an ihn zu schicken.
Also dann. Sofort nach dem zweiten Freizeichen hörte sie Mark Beneckes Stimme. Im Hintergrund klapperte es. Sie wollte sich lieber nicht vorstellen, mit welcher Tätigkeit er beschäftigt war.
»Hallo Herr Benecke. Hauptkommissarin Lilo Schütz hier. Vielleicht erinnern Sie sich noch an mich. Ich habe vor ein paar Tagen an Ihrem Diavortrag teilgenommen. Wir hatten uns nach der Buchsignierung kurz unterhalten – über unsere nervenaufreibenden Berufe und die wenige Zeit, die einem für jeden Fall bleibt. Sie hatten mir Ihre Telefonnummer gegeben, falls ich mal eine schöne eklige Leiche für Sie habe. Ich wollte mal hören, ob Sie das im Scherz sagten oder ob ich Sie beim Wort nehmen kann.«
»Ja, klar können Sie das, und natürlich weiß ich noch, wer Sie sind. Ist ja noch gar nicht so lange her. Da hätte sich eine Made gerade mal im Frühstadium befunden. Eklige Leiche? Hört sich gut an. Haben meine Maden und Käfer wieder mal ganze Arbeit geleistet?«
»Na ja, so genau weiß ich es noch nicht. Ich stehe hier am Tatort, und unser Leichensachbearbeiter ist überfragt, der Rechtsmediziner wird es mit Sicherheit auch sein. Der Tote steckt in einem Plastiksack in einer Biotonne und ich fürchte, das haben die Maden wörtlich genommen.«
»So einen Fall hatte ich auch schon mal. Da war auf den ersten Blick nicht mehr zu erkennen, ob es ein Mann oder eine Frau war. Auch hier kann es die typische Rentennummer sein.«
»Wie bitte?«
»Es muss ihn ja nicht jemand getötet haben, sondern er kann an Altersschwäche gestorben sein. Da kommt es schon mal vor, dass Angehörige ein paar Monate länger die Rente einsacken wollen, wenn er keine Lebensversicherung hinterlässt, sondern nur Schulden. Das geht natürlich nur so lange, bis es auffällt und der medizinische Dienst dahinterkommt, falls er eine Pflegestufe bezogen hat, oder bis die anderen Behörden und Institutionen darauf kommen, dass er nicht mehr lebt. Deshalb verlangen die Rentenversicherungen ja immer einen beglaubigten Lebensnachweis. Aber das herauszufinden, dafür sind Sie ja zuständig. Ich halte mich aus der Ermittlung natürlich raus. Selbstverständlich kann ich Ihnen zusätzliche Fakten zum Toten liefern. Das ist mein Metier. Mich interessieren dabei aber lediglich die Maden und Käfer und deren Spielwiese. Im Moment bin ich bei einem anderen Termin. Wohin soll ich kommen? Ach, ehe ich es vergesse, es gibt da noch drei sehr wichtige Dinge zu klären.«
»Das Auftragsfax schickt der Staatsanwalt gleich zu Ihnen nach Köln. Das mit dem Honorar geht in Ordnung. Ich bin in Moers.« Lilo gab die Adresse durch. Sie war auf die dritte Bedingung gespannt.
»Prima. Und jemand muss mich vom Hauptbahnhof abholen. Am besten von Mönchengladbach, da bin ich gerade. Die Ankunftszeit gebe ich gleich per SMS durch. Ihre Handynummer habe ich ja.«
*
Mia, die sich bisher im Hintergrund gehalten, aber ihre afrikanischen Elefantenohren aufgeklappt hatte, rückte heimlich vor. Den Kriminalbiologen Mark Benecke kannte sie von der
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