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Mordsfreunde

Titel: Mordsfreunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Tarek? Ich dachte, ihr wärt Freunde und hättet gemeinsam diese Computerfirma.«
    »Freunde!« Franjo gab einen Laut von sich, eine Mischung aus Lachen und Schluchzen. »Das waren wir mal,bevor Tarek aufgetaucht ist. Dem ging es immer nur ums Geld.«
    Er hob die Hand an seine lädierte Lippe, die leicht blutete.
    »Ich hab die ganze Scheiße mit der Firma und diesem dämlichen Spiel satt«, sagte er heftig, »ich dachte, denen ginge es echt darum, etwas zu verändern, zu verbessern. Aber das hat die überhaupt nicht interessiert! Ullis Ideen und Projekte waren denen scheißegal. Ich hab echt viel zu lange nicht geblickt, was da wirklich läuft.«
    Der Junge war ein Idealist, der aus echter Überzeugung mit seinen Eltern gebrochen hatte.
    »Wer sind ›die‹?«, fragte Bodenstein in der Hoffnung, dem enttäuschten Jungen ein paar Informationen zu entlocken. Aber diese Frage, von einem Polizisten gestellt, ging dem Jungen dann doch zu weit. Er antwortete nicht.
    »Wie kommst du hier weg?«
    »Keine Ahnung«, Franjo zuckte die Schultern.
    »Wenn du willst, nehme ich dich mit. Ich fahre nach Kelkheim.«
     
    Auf der Fahrt entspannte sich Franjo ein wenig. Er erzählte, dass Pauly ihn ermutigt hatte, seinen eigenen Weg zu gehen.
    »Mein Vater versteht nicht, dass ich kein Metzger werden will«, sagte er, »er meint, ich wäre undankbar. Aber ich hab bei der Vorstellung, dass ich bis an mein Lebensende Wurst machen und hinter der Ladentheke stehen soll, einen Horror gekriegt.«
    Bodenstein hörte schweigend zu. Er hatte Verständnis für Conradi empfunden, als der ihm voller Empörung erzählt hatte, Pauly habe seinen Sohn gegen ihn aufgehetzt. Aus dem Munde des Jungen klang das ganz anders. Franjo wollte kein Metzger werden, so, wie Lorenz nicht zur Polizei gehenwollte. Bodenstein erinnerte sich noch gut an die Enttäuschung seines Vaters, als er ihm damals mitgeteilt hatte, er wolle nicht der Erbe von Hofgut Bodenstein werden, sondern lieber Jura studieren und dann zur Polizei gehen. Er selbst hatte sich vorgenommen, seine Kinder nie zu einem Beruf zu zwingen, dennoch hatte er sich dabei ertappt, dass er Rosalie den Sommerjob als Küchenhilfe verbieten wollte. »Ich will Biologie studieren«, sagte Franjo gerade, »und auf einer Forschungsstation auf den Galapagosinseln arbeiten. Mein Vater hat mich ausgelacht und gesagt, er würde mich enterben.«
    Bodenstein warf einen kurzen Seitenblick auf das übel zugerichtete Gesicht des Jungen.
    »Deshalb hab ich auch mitgemacht«, fuhr Franjo fort. »Jo hat gesagt, wir würden ein Schweinegeld verdienen. Ich bin gut am Computer, ich kann programmieren, aber ich bin halt nicht – Lukas!«
    »Wie meinst du das?«, fragte Bodenstein. Hatte er etwa endlich jemanden gefunden, der Lukas nicht mochte und bewunderte?
    »Lukas ist ein Genie«, erwiderte Franjo dann aber zu seiner Enttäuschung. »Er liest Quellcodes wie andere Leute Bücher und kann Perl, Java, BASIC und C, zehnmal besser als Tarek. Double Life war seine Idee, aber jetzt meint Tarek, er müsste alles an sich reißen.«
    »Können Lukas und Tarek sich gut leiden?«
    »Lukas kommt mit jedem klar«, sagte Franjo, dann wurde seine Stimme bitter. »Tarek schleimt sich an Lukas ran, weil ohne ihn nichts geht. Das hat sogar Tarek kapiert.«
    »Magst du Lukas?«
    »Ja«, Franjo nickte, »er hat zwar hin und wieder mal Ausraster, aber das ist ja bei Genies oft der Fall. Wenn Lukas mal komisch war, hat Ulli zu uns gesagt, das wäre seine Krankheit. Tarek hat sich über Lukas lustig gemacht, natürlich nurheimlich, aber ich fand's total mies von ihm. Ich finde, Freunde sollten nicht schlecht voneinander reden.«
    Das fand Bodenstein hochinteressant.
    »Was für eine Krankheit hat Lukas denn?«, wollte er wissen.
    »Ulli hat gesagt, Lukas wäre dissoziativ«, Franjo zuckte die Schultern. »Ich weiß nicht, was er damit gemeint hat.«
    Bodenstein konnte sich auch nichts darunter vorstellen und beschloss, das später nachzuschlagen.
     
    Tarek Fiedler verließ gerade die Lagerhalle im Münsterer Gewerbegebiet, in der die Internetfirma untergebracht war, als Bodenstein in den Hof fuhr. Er hatte sein Handy zwischen Ohr und Schulter eingeklemmt und diskutierte heftig und offensichtlich verärgert mit jemandem, während er die verschiedenen Schlösser an der Tür nacheinander abschloss. Als er Bodenstein erblickte, hob er grüßend die Hand und beendete sein Telefonat.
    »Hallo, Herr ... ich hab Ihren Namen leider vergessen«, sagte er

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