Mordsfreunde
in dem er quasi gelebt hat, so programmiert, dass es sich in sechs Stunden selbst zerstört und damit einen nicht absehbaren Schaden an Tausenden von Computern anrichten wird.«
»Sie spinnen ja«, Sander zwang sich zu einem ungläubigen Auflachen. »Das ist doch alles völlig abstrus!«
»Ich glaube nicht, dass das abstrus ist«, widersprach Bodenstein mit plötzlich aufflammendem Zorn. »Welche Beweise brauchen Sie denn noch, um zu kapieren, dass Ihr Lukas nicht der ist, für den Sie ihn halten? Der Junge ist krank. Er besitzt eine gespaltene Persönlichkeit.«
Sander schüttelte den Kopf.
»Rufen Sie Ihre Tochter an«, forderte Bodenstein den Mann auf.
»Das habe ich schon versucht. Sie geht nicht an ihr Handy. Ihre Schwestern versuchen es weiter.«
»Ist es denn angeschaltet?«
»Ja.«
Einer der Polizeibeamten kam quer über die Straße.
»Der Mercedes in der Garage war vor kurzem in einen Unfall verwickelt«, sagte er. »Er ist vorne beschädigt, und am Kühlergrill sind Blutspuren.«
Bodenstein und Sander folgten dem Polizisten in die Garage der van den Bergs. Behnke untersuchte das Innere des Autos.
»Ich habe etwas gefunden«, sagte er plötzlich und stieg aus. In der Hand hielt er zwei Handys.
»Das eine gehört Pia«, stellte Kathrin Fachinger fest.
»Und das andere könnte das Handy von Svenja sein«, ergänzte Sander mit bebender Stimme. »Sie und Toni haben sich erst vor ein paar Wochen dieselben Handys gekauft.
O Gott.«
Er lehnte sich an den Kotflügel des Mercedes und fuhr sich mit einer Geste der Hilflosigkeit über das Gesicht.
»Ich sage euch, was das bedeutet«, sagte Behnke, »derjenige, der mit diesem Auto das Mädchen vorsätzlich über den Haufen gefahren hat, hat nicht nur Svenja und Frau Kirchhoff in seine Gewalt gebracht, sondern auch versucht, van den Berg zu töten.«
»Und dieser Jemand ist Lukas«, Bodenstein nickte grimmig. Eine junge Frau kam über die Straße gelaufen.
»Papa!«, rief sie atemlos, Sander fuhr herum. »Ich habe Toni erreicht! Sie ist in Kelkheim, in Lukas' Firma!«
Vor der Lagerhalle im Gewerbegebiet in Münster stand einsam und verlassen die silberne Vespa von Antonia Sander. Die Tür zur Halle stand offen, ebenso die Tür zum Computerraum.Bodenstein und Behnke zogen und entsicherten ihre Waffen. Es war möglich, dass das Mädchen nicht alleine war und Lukas die Dienstwaffe von Pia Kirchhoff hatte. Plötzlich erblickte Bodenstein Sander, der quer durch die Halle auf sie zukam.
»Wo ist sie?«, rief er aufgebracht. »Wo ist meine Tochter?«
»Was machen Sie hier?«, fuhr Bodenstein ihn an. »Hatte ich Ihnen nicht gesagt, dass Sie zu Hause bleiben sollen?«
Die Sorge um Pia Kirchhoff, die sich womöglich in der Gewalt eines geisteskranken Einundzwanzigjährigen befand, machte Bodenstein schier verrückt. Bis zu dem Augenblick, als er ihr Handy gesehen hatte, hatte er noch insgeheim gehofft, sie würde sich auf einmal bei ihm melden. Aber nun stand fest, dass ihr etwas zugestoßen sein musste.
»Ich kann nicht tatenlos zu Hause hocken, wenn meine Tochter in Gefahr ist«, entgegnete Sander hitzig. »Antonia! Toni!«
»Hier!«, ertönte die Stimme des Mädchens. »Ich bin hier!«
Bodenstein betrat den großen Raum und blickte sich ungläubig um. Gegen die schwüle Hitze, die draußen herrschte, war es hier beinahe kalt. Er betrachtete die summenden und blinkenden Geräte im bläulichen Licht mehrerer Neonlampen, die Kabelstränge und Monitore, auf denen der Countdown rückwärts lief, rote Zahlen auf schwarzem Hintergrund. In fünf Stunden und achtzehn Minuten würde sich Double Life zerstören und gleichzeitig einen verheerenden Wurm aufs Internet loslassen. Antonia kauerte mit verweintem Gesicht in einer Ecke, sie war an Händen und Füßen mit Kabeln gefesselt, das Handy hielt sie in einer Hand.
»Toni!« Sander stürzte zu seiner Tochter und zerrte an den Kabeln, um sie zu befreien. Mit Behnkes Hilfe gelang es ihm schließlich. Das Mädchen fiel seinem Vater um den Hals.
»Papa«, schluchzte Antonia, »Lukas ist völlig durchgedreht!Als ich hier ankam, hat er sich gerade mit Tarek geprügelt. Ich hab echt gedacht, die bringen sich um.«
»Wer hat dich gefesselt?«, fragte Bodenstein.
»Lukas«, Antonia wischte sich die Tränen vom Gesicht und rieb ihre Handgelenke, in die sich die Kabel tief eingeschnitten hatten. »Er wollte nicht, dass ich hinter ihm herfahre.«
»Wo wollte er hin? Und wo ist Tarek?«
»Ich weiß es nicht«,
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