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Mordsgefluester

Mordsgefluester

Titel: Mordsgefluester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Gespräch zusammenzuführen. Ich kam mir vor wie eine hilflose Biene, die wie besessen von Blüte zu Blüte summt, während gleichzeitig ein Wirbelsturm alle Blumen aus dem Boden reißt.
    Um das Maß voll zu machen, hatten die Läden bereits ihre Weihnachtsdekoration aufgebaut. Zusätzlich zu allen anderen Erledigungen musste ich also mit den Weihnachtseinkäufen beginnen, weil die Weihnachtsdekoration zahllose wild gewordene Früheinkäufer anlockt, die wie Heuschrecken über die Geschäfte herfallen, alle brauchbaren Geschenke einsacken und den halbwegs vernünftigen Menschen, die ihre Weihnachtseinkäufe erst nach Thanksgiving – also nach dem offiziellen Beginn der Weihnachtssaison – erledigen wollen, nur noch ein paar Krumen übrig lassen. Selbst wenn ich nicht sofort mit den Weihnachtseinkäufen begann, setzten mich die bunten Kugeln und kleinen Plastikbäumchen in allen Schaufenstern unter massiven Druck.
    Ich konnte keinesfalls auf Nummer Sicher gehen und mich verkriechen. Dazu hatte ich zu viel zu erledigen. Ich konnte mich nicht einmal mit rationalen Erklärungen beruhigen, wonach jede herumsausende Irre da draußen erwarten würde, dass ich auf Nummer Sicher ging, weshalb es sicherer war, nicht auf Nummer Sicher zu gehen, oder etwas in dieser Richtung.
    Also fuhr ich zu Sally.
    Nachdem ihr Jüngster die Highschool geschafft hatte, hatte sie wieder angefangen, fest zu arbeiten, und zwar in einem Antiquitätenauktionshaus. Hauptsächlich fuhr Sally auf alle möglichen Haushaltsauflösungen, Flohmärkte oder Privatverkäufe und suchte dort nach preiswerten Antiquitäten, die das Auktionshaus anschließend aufmöbelte und gewinnbringend versteigerte. Die Auktionen fanden jeden Freitagabend statt, und das hieß, dass man sie freitags im Auktionshaus finden konnte, wo sie bei der Preisauszeichnung, beim Katalogisieren und Arrangieren half. An den übrigen vier Arbeitstagen und manchmal auch samstags war sie unterwegs und machte ihr eigenes Ding.
    Vor dem Auktionshaus parkten mehrere Wagen und Pick-ups sowie ein mittelgroßer, vor einer Laderampe abgestellter Lieferwagen, aber der Eingang war abgeschlossen, da noch kein Publikumsverkehr herrschte. Ich ging hinüber zur Laderampe, entdeckte eine Treppe nach oben und trat durch das offene Ladetor ein.
    Ein dürrer Kerl um die fünfzig mit Froschaugen und colaflaschendicker Brille schob einen leeren Handwagen durch den Ladebereich und rief: »Brauchen Sie Hilfe, Madam?«
    Wahrscheinlich war er gut zwanzig Jahre älter als ich, aber wir waren im Süden, darum war ich für ihn eine »Madam«. Wir legen hier Wert auf gutes Benehmen.
    Ich hob die Hand, um ihn aufzuhalten, da er mich von seinem gegenwärtigen Standpunkt aus unmöglich hören konnte, und lief hinüber. »Ich suche Sally Arledge«, flüsterte ich heiser.
    »Gleich da hinten.« Er deutete auf eine Tür am Ende des kleinen Ladebereichs. »Das hört sich nach einer schlimmen Halsentzündung an, wenn Sie die Bemerkung erlauben. Sie sollten einen Tee mit Zitrone und Honig dagegen trinken, und wenn das nicht hilft, sollten Sie Ihren Hals mit Wick einreiben und dann ein heißes Handtuch darumwickeln, und dazu sollten sie einen Würfel Zucker mit ein paar Tropfen Kerosin lutschen. Hört sich verrückt an, aber das hat uns Mamma immer gegeben, wenn wir als Kinder heiser waren, und es hat geholfen. Umgebracht hat es uns jedenfalls nicht«, ergänzte er, und seine Augen knitterten an den Seiten zu fröhlichen Fältchen.
    »Sie haben tatsächlich Kerosin gelutscht?«, fragte ich. Mann. Danach musste ich unbedingt Grandma fragen. Die Salbe und das heiße Handtuch hörten sich ganz vernünftig an, aber ich würde bestimmt kein Kerosin lutschen, ganz egal, worauf es geträufelt war.
    »Sicher doch. Natürlich nicht viel. Nach einem ganzen Schluck wären wir mausetot umgekippt oder wir hätten uns wenigstens den Magen ausgekotzt, aber die paar Tropfen haben nicht geschadet.«
    »Ich werde daran denken«, versprach ich. »Vielen Dank!« Ich eilte zu der Tür, auf die er gezeigt hatte, und versuchte mir gleichzeitig auszumalen, wie dieses Heilmittel wohl erfunden worden war. Irgendwann musste irgendwer gedacht haben: »Mann, mein Hals tut weh! Ich glaube, ich besorge etwas Kerosin und trinke es. Das muss einfach helfen. Aber am besten träufle ich es auf ein Zuckerstück; dann schmeckt es besser.«
    Die Menschen verblüffen mich immer wieder.
    Als ich die Tür öffnete, fiel mein Blick direkt auf Sally, die, auf einer

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