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Mordsgefluester

Mordsgefluester

Titel: Mordsgefluester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Bods an, um ihr von meinem letzten Missgeschick zu erzählen und um sicherzugehen, dass sie jemanden fand, der während der nächsten Tage für mich einspringen würde. So wie mein Schädel hämmerte, rechnete ich mir aus, dass es mindestens so lange dauern würde, bis ich wieder einsatzfähig war.
    Reden und gleichzeitig fremde Gespräche belauschen ist eine Kunst, die der Übung bedarf. Mom schafft das mühelos. Als Teenager war ich – notgedrungen – darin so gut gewesen wie sie. Ich war immer noch gut, aber inzwischen außer Übung. Aus dem, was ich mithören konnte, schloss ich, dass an diesem Tag der Kaufvertrag für ein von Mom vermitteltes Haus unterzeichnet werden sollte und dass sie einen Besichtigungstermin für ein weiteres Haus vereinbart hatte, den sie aber auf später an diesem Tag verschob. Außerdem rief sie Siana an, aber entweder sprach sie Siana nicht mit Namen an, oder ich hatte das total überhört, weil ich völlig überrascht war, als meine Schwester um halb neun in mein Krankenzimmer trat, in eine super geschnittene Jeans sowie ein hautenges kleines Top mit paillettenbesetzten Trägern gekleidet und mit einer Lederjacke über den Schultern. Weil das so ganz und gar nicht dem entsprach, was sie in der Kanzlei tragen würde, musste sie sich freigenommen haben, so viel war mir klar. Siana ist Anwältin – wie ich schon erwähnt habe –, eine kleine Juniorpartnerin in einer Kanzlei voller dicker Fische, aber ihrer Haltung nach definitiv eine Seniorpartnerin. Ich glaubte nicht, dass sie noch lange bei der Firma bleiben würde, denn allein war sie eindeutig besser dran. Siana war dazu geboren, eine eigene Firma und rauschenden Erfolg zu haben. Wer würde sie nicht einstellen? Sie war brillant, mit Mördergrübchen gesegnet und absolut skrupellos, lauter Eigenschaften, die man sich bei einem Anwalt nur wünschen kann.
    »Warum gehst du nicht in die Arbeit?«, fragte ich.
    »Ich nehme Moms Platz ein, damit sie den Kaufvertrag abschließen kann.« Sie ließ sich auf dem Stuhl nieder, auf dem Wyatt die Nacht verbracht hatte, und biss in einen Apfel.
    Ich konnte den Blick nicht von dem Apfel wenden. Das Krankenhaus hatte mir nichts zu essen angeboten, nur etwas zerstoßenes Eis, weil man mit meiner Fütterung offensichtlich warten wollte, bis irgendwo irgendein Arzt beschließen würde, dass ich keine Notfall-Hirnoperation brauchte. Und weil sich besagter Arzt oder besagte Ärztin alle Zeit der Welt ließ, drohte ich hier zu verhungern. Hey! Überrascht checkte ich mich kurz durch. Ja, die Übelkeit hatte sich gelegt. Vielleicht waren Eier, Speck und Toast noch ein bisschen übertrieben, aber einen Joghurt und eine Banane hätte ich definitiv vertragen.
    »Hör auf, meinen Apfel anzustarren«, sagte Siana seelenruhig. »Den bekommst du nicht. Apfelneid ist der Gipfel der Niedertracht.«
    Automatisch begann ich, mich zu rechtfertigen. »Das ist kein Apfelneid. Ehrlich gesagt dachte ich eher in Richtung Banane. Und du hättest dir nicht freinehmen müssen, wahrscheinlich werde ich noch heute Vormittag entlassen. Ich war nur über Nacht zur Beobachtung hier.«
    »Unter dem Begriff ›Über Nacht‹ verstehen Ärzte etwas völlig anderes als normale Menschen«, erklärte Mom, womit sie den gesamten medizinischen Berufsstand in eine andere Realität verbannte. »Jedenfalls wirst du nicht von dem Arzt entlassen, der dich aufgenommen hat. Erst muss ein anderer Arzt im Lauf des Tages deine Laborergebnisse anschauen, dann muss er im Lauf des Tages dich anschauen, und schon bist du mit viel Glück am Spätnachmittag zu Hause.«
    Wahrscheinlich hatte sie recht. Das war das erste Mal, dass ich wirklich in einem Krankenhaus übernachtet hatte, aber ich durfte schon mehrmals die Notaufnahme besuchen und dabei feststellen, dass der Begriff Zeit dort definitiv eine andere Bedeutung hat. »Ein paar Minuten« bedeuteten unausweichlich ein paar Stunden, was nicht so schlimm war, wenn man sich darauf eingestellt hatte, aber wer erwartete, tatsächlich »in ein paar Minuten« behandelt zu werden, war dazu verdammt, sich schwarz zu ärgern.
    »Wie dem auch sei, ich brauche keinen Babysitter.« Ich fühlte mich moralisch verpflichtet, das anzumerken, wiewohl wir allesamt wussten, dass ich nicht allein bleiben wollte, dass sie mich nicht allein lassen würden und dass jede Diskussion fruchtlos war. Obwohl ich fruchtlose Diskussionen bisweilen genieße.
    »Damit wirst du leben müssen.« Siana grinste mich an und ließ ihre

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