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Mordsgefluester

Mordsgefluester

Titel: Mordsgefluester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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Erste. Bisher hatte sie genauso schmallippig reagiert wie Wyatt, aber jetzt schaltete sie auf Mom-Modus und ging an das Miniwaschbecken, wo sie den Waschlappen nass machte. Dann trat sie wieder ans Bett und wusch das eingetrocknete Blut ab, das die Schwestern vergessen hatten. Das letzte Mal habe ich mir von meiner Mom die Ohren waschen lassen, als ich ein kleines Mädchen war, aber manche Dinge ändern sich nie. Ich war nur froh, dass sie Wasser nahm und keine Spucke. Wer kennt nicht die dummen Sprüche, dass Mutterspucke jeden Fleck von Fett bis Filzstift entfernen kann? Das stimmt. Mutterspucke sollte patentiert und als Allzweck-Fleckentferner verkauft werden. Wenn ich es recht überlege, wird das vielleicht längst gemacht. Ich habe noch nie die Inhaltsangabe auf meinem Fleckentferner studiert. Vielleicht wird dort nur Mutterspucke aufgeführt.
    Schließlich sagte Wyatt: »Wir besorgen schon die Bänder der Überwachungskameras auf dem Parkplatz, dann können wir eventuell das Kennzeichen des Wagens ermitteln.«
    Ich war inzwischen schon so lange mit einem Polizisten zusammen, dass mir einige der juristischen Feinheiten bekannt waren. »Aber sie hat mich nicht getroffen. Als sie das Gaspedal durchtrat, bin ich zur Seite gehechtet. Es handelt sich also nicht um Fahrerflucht. Sondern um Erschreckerinnenflucht.«
    »Sie?« Natürlich hakte er bei diesem Wort ein. »Du hast sie gesehen? Kennst du sie?«
    »Ich konnte erkennen, dass es eine Frau war, aber ob ich sie kenne oder nicht …« Ich hätte gern mit den Achseln gezuckt, aber ich gab mir alle Mühe, meine Bewegungen auf ein Minimum zu reduzieren. »Mich haben die Scheinwerfer geblendet. Am Steuer saß eine Frau, und das Auto war ein neuerer Buick, mehr kann ich nicht mit Gewissheit sagen. Ich weiß, dass die Parkplatzbeleuchtung alle Farben verfälscht, aber trotzdem glaube ich, dass der Wagen eine hellbraune Metalliclackierung hatte.«
    »Du bist sicher, dass es ein Buick war?«
    »Bitte«, erwiderte ich so hochnäsig, wie ich nur konnte. Mit Autos kenne ich mich aus. Das ist eines der eigentümlichen Gene, die Dad mir vererbt hat, denn meine Mom kann bei einem Auto höchstens die Farbe bestimmen und ob es ein großes Auto, ein kleines Auto oder ein Pick-up ist. Marke und Modell sind für sie böhmische Dörfer.
    »Wenn sie sagt, dass es ein Buick war, dann war es ein Buick«, sprang Dad für mich in die Bresche, und Wyatt nickte. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte es mich geärgert, dass er Dads Wort widerspruchslos akzeptierte, nachdem er an meinem gezweifelt hatte, aber in diesem Moment war ich zwar nicht völlig hinüber, das war ich eindeutig nicht, aber doch klar jenseits von Gut und Böse, und zwar körperlich wie geistig. Ich fühlte mich ausgebrannt, nicht nur wegen der Schmerzen, sondern weil dieser Zwischenfall definitiv ein Zwischenfall zu viel war. Mal im Ernst, wie viele Mordanschläge kann eine Frau überstehen, ohne dass es ein bisschen deprimierend wird? Es ist schließlich nicht so, dass ich ständig meine Mitmenschen verärgern und vors Schienbein treten würde. Ich hebe nicht einmal den Stinkefinger, wenn mich jemand im Auto schneidet, weil man nie wissen kann, ob die Leute ihre Antipsychotika genommen haben oder ob sie mit einer geladenen Waffe und einem entladenen Hirn durch die Gegend kutschieren. Ich hatte die Faxen dicke, mir tat alles weh, und mir war zum Heulen.
    Nur konnte ich nicht heulen, jedenfalls nicht vor meiner versammelten Familie. Ich bin keine Heulsuse, jedenfalls nicht diese Art von Heulsuse. Ich heule vielleicht bei einem traurigen Film oder wenn vor dem Footballspiel die Nationalhymne gespielt wird, aber wenn es mir persönlich dreckig geht, beiße ich die Zähne zusammen und halte durch. Ich hatte schon schlimmere Schmerzen durchgestanden, ohne dass ich geheult hatte. Wenn ich jetzt zu heulen angefangen hätte, dann nur aus Selbstmitleid, das ich natürlich empfand, aber das wollte ich niemandem zeigen. Schlimm genug, dass ich aussah wie ein überfahrenes Streifenhörnchen; ich wollte mein unattraktives Äußeres nicht noch durch eine Rotznase und rote Augen verschlimmern.
    Falls ich die dumme Kuh, die an alldem schuld war, je in die Finger bekommen sollte, würde ich ihr den Hals umdrehen.
    »Wir können später darüber sprechen«, sagte Mom. »Sie muss sich vor allem ausruhen und nicht alles noch mal durchkauen. Ihr fahrt alle nach Hause, ich bleibe heute Nacht bei ihr. Das ist ein Befehl.«
    Wyatt befolgt nicht

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