Mordsmäßig fit
für Selbstmord, außer daß er zu schwer war, um hinübergestoßen zu werden.«
»Welchen?« fragte Beth.
»Er hat nicht einen Mucks von sich gegeben.«
Da kaum noch Mitglieder in den Club kamen, gab es außer Beth im dritten Stock keinen weiteren Zeugen. »Ich wünschte fast, ich wäre auch nicht dort gewesen!«, beschwerte sie sich. »Ich möchte nicht mal in der Nähe sein, wenn einer stirbt.«
Die Spurensicherung machte sich über die wichtige Türklinke her. Sie hatten eine Menge Fingerabdrücke zur Auswahl. Das wußte Dawn. Aber wer konnte sagen, ob sie zu gebrauchen waren. Morgan wollte vom gesamten Personal Fingerabdrücke haben. Als er auch die von den Mitgliedern wollte, drohten Dawn und Peter ihm mit Milton Glassman, um zu erfahren, welche Rechte sie hätten, das zu verhindern. Morgan winkte ab. »Wir können es jetzt erledigen oder später - wenn noch jemand abgemurkst wurde.«
»Bitte, reden Sie nicht so!« sagte Dawn.
Ihr war nicht aufgefallen, daß sich Dinah auch den ganzen Morgen im Club herumgetrieben hatte. Als sie aufkreuzte, leuchteten Morgans Augen. »Mit Ihnen will ich sofort sprechen!« sagte er. Eine Stunde später wankte sie mit tränenverschmiertem Gesicht und verzogenem Mund zur Tür hinaus, die Trauer betonte ihre Schönheit auf seltsame Weise. Eine schöne, aber gefährliche Frau, dachte Dawn. Dinah hatte einem Verlierer den Rücken gestärkt. Vielleicht war sie sehr ungeduldig geworden, als Sam versagte...Jetzt hör’ aber auf, Dawn, sagte sie zu sich selbst. Nicht jeder, der sich gerade im Club aufhielt, sollte als Mörder verdächtigt werden. Später sprachen Dawn und Morgan über das, was er aus Dinah herausbekommen hatte. Mit ihrer Erklärung, wo sie sich zum Zeitpunkt des Sturzes aufgehalten hatte, war er unzufrieden. Aber das bewies gar nichts. Auch was Peter gesagt hatte, befriedigte ihn nicht. Wenn Dinah Sam aus dem Weg haben wollte, könnte sie mit einem Mann, der die schmutzige Arbeit erledigt, gemeinsame Sache gemacht haben. Sam hatte ihr gegenüber nichts von Selbstmordabsichten erwähnt. Aber Morgan wußte, das hatte nichts zu sagen. Falls sie etwas Schriftliches fand, wollte sie es ihn wissen lassen.
»Sie weinte, als sie über ihn sprach«, sagte Morgan. »Aber ich rede schon seit Jahrzehnten mit Hinterbliebenen. Auf der Trauerskala von eins bis zehn, wo zehn sich die Haare rausreißen und Rotz und Wasser heulen bedeutet, war sie eine überzeugende Zwei.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich glaube, sie hat Glück gehabt. Entweder hat er sich umgebracht, oder jemand anders hat ihr den Gefallen getan.« Er lächelte süß-sauer. »Sicher bin ich mir natürlich nicht.« Er senkte seine Stimme. »Wollen Sie mir nichts über den großen Ochsen erzählen, der hier mit einer Stahlstange über der Schulter herummarschiert?«
»Karl? Der ist ein Schatz«, fing Dawn an. Morgan machte sich Notizen. Dawn sagte ihm, er verschwende seine Zeit. Karl könne man vertrauen. Morgan schaute streng, erwiderte nichts. Sie gingen zusammen die Treppen hinunter. Innerhalb der Polizeiabsperrung beendeten Fotografen in unmittelbarer Nähe der Kreidezeichnung ihre Arbeit. Irgendein Witzbold hatte ein lächelndes Gesicht gemalt. Dort, wo Sams Kopf gelegen hatte. Morgan deutete mit einer Hand auf die Szenerie. »Das könnte sozusagen das Ende sein.«
»Es war Selbstmord. Kein - es hat nichts mit dem Club zu tun. Das haben Sie selber gesagt.«
»Haben Sie denn nicht mitbekommen, daß das der fünfte Tote in...-« er schaute in sein Notizbuch - »weniger als einem Monat ist? Ich bezweifle, daß Ihre Mitglieder den feinen Unterschied zwischen Unfall, Mord und Selbstmord machen. Und ich habe nicht einmal Harvard besucht.«
Dawn ballte ihre Hände zu Fäusten, stemmte sie sich in die Seite. »Statt klugzuscheißern, warum finden Sie nicht heraus, wer für das alles verantwortlich ist?«
»Liebend gern, Dawn. Liebend gern.«
»Kann ich behilflich sein?«
»Vielleicht.« Mit seinem Zeigefinger tippte er ihr an die Nase. »Schnüffeln Sie mal herum, wer noch alles davon profitiert, wenn der Club den Bach runtergeht.«
Peter wußte, daß sie beide mit ihren Nerven am Ende waren. Trotzdem bat er Dawn, mit ihm zu Abend zu essen. Die Ereignisse des Tages hatten neue Falten in sein Gesicht gegraben. Sein lockiges Haar sah zerzaust aus, sein teurer Anzug zerknittert. »Wir müssen beide hier mal raus und reden.« Sie suchten sich ein billiges arabisches Restaurant. Dort hatten sie sich früher
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