Mordsmäßig fit
sich von seinem ernsten Gesicht ab. Sie schämte sich über sich selbst. Zum erstenmal fühlte sie sich versucht, zu verkaufen. Letzte Nacht hatte sie so gut geschlafen. Sie war erleichtert gewesen, weil sie von Sams Schuld überzeugt war. Heute morgen waren schon wieder die Zweifel gegen die zerbrechlichen Tore ihres Seelenfriedens geschlagen. Sie betrachtete ihren Partner. Sie war so besessen darauf gewesen, ihm und seiner energischen Persönlichkeit ebenbürtig zu sein, daß sie seine wahren Tugenden völlig aus den Augen verloren hatte. Er war nichtihr Gegner. Ihr verwirrter Kopf hatte ihr Probleme gemacht. »Ach Peter. Ich weiß einfach nicht, was ich machen soll!«
»Verkaufe! Mein Gewissen foltert mich, D.G. Ich habe dich hineingerissen. Ich will dich mit mehr als nur deiner weißen, weichen Haut rausholen.«
»Gib mir noch das Wochenende zum Überlegen, ja?«
»Du solltest dich jetzt entscheiden.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht.«
Sie ging nach Hause, wollte nur nachdenken. Aber zwei Samstagnachmittagsstunden allein in ihrem Apartment waren genug. Sie konnte sich nicht konzentrieren. Die Entscheidung, ob sie verkaufen sollte oder nicht, schien ihr so groß wie der Mond und ebenso unerreichbar. Sie rief Jeff an. Keine Antwort. Sie versuchte es bei Beth. Glück gehabt. Wahrscheinlich langweilte Dawn sie mit ihren Theorien über Sam. Er war der Hauptverdächtige, egal wie skeptisch Detective Morgan dem gegenüberstand. Der Verdächtige der Woche! Tatsächlich!
Karl rief an. Er erkundigte sich, was an dem Gerücht dran sei, daß die Polizei alle Mitglieder überprüfe. Er klang nicht gerade froh, als er erfuhr, daß es stimmte.
»Erzähl mir nicht, du hast etwas zu verbergen, Karl.«
»Ich? Nee. Auf keinen Fall!«
Als sie auflegte, fragte sie sich, ob er wohl ein kleines Geheimnis habe. Eins, das irgendwas damit zu tun hatte, was im Club vor sich ging. Karl, der Loyale? Wie er gesagt hatte: auf keinen Fall!
Als es Abend wurde, konnte sie es nicht mehr aushalten. Sie rief ihre Freundin Judi Mirthson an. Sie und ihr Mann gaben eine Party. Ob sie vorbeikommen wolle. Nur Paare. Sie ging trotzdem und verbrachte die Nacht im Gästezimmer.
Am nächsten Morgen gingen ihre Gastgeber zum Brunch. Sie blieb. Paßte auf die Jungen auf. Sie saß mit ihnen auf dem Boden. Sie krabbelten übereinander, spielten Fußkitzeln. Dawn mimte das schreckliche Monster, und sie brachten sich kreischend in Sicherheit. Als sie genug hatten, zog Dawn sie warm an, und mitsamt Schlitten gingen sie nach draußen.
Sie dachte an ihre eigene Kindheit. Noch gar nicht viele Jahre her. Und doch, an diesem kalten Vormittag schien sie Jahrhunderte weit weg zu sein. Sie drehte sich nach den Jungen um, eingemummelt von Kopf bis Fuß. Sie würden nicht lange Kinder bleiben. Die Zeit verflog. Ob man Spaß hatte oder nicht.
Das war’s, was sie lange genug auf kleiner Flamme gekocht hatte: heiraten und zwei solche Kleinen. Dieser Wunsch verstärkte sich wie eine Strömung im Wechsel der Gezeiten. Babys zu kriegen, war einfach. Der richtige Mann dazu war das Problem. Sie war noch nicht soweit, Elternschaft allein zu tragen. Obwohl sie zwei Frauen kannte, die sozusagen den Mittelsmann außen vor gelassen hatten. Verlockend? Gray, du bist hoffnungslos altmodisch, sagte sie sich.
Am Abend rief sie Jeff noch einmal an. Er war zu Hause, reagierte aber distanziert. Sie mußte ihm jedes Wort aus der Nase ziehen. Sie sagte ihm, Hector sei in ihrem Apartment aufgekreuzt, um die Beziehung zu lösen. Sense! Es gebe ihn nicht länger in ihrem Leben. Auch sei ér kein Mordverdächtiger mehr. Das zu sagen, war nicht einfach. Sie fragte ihn, ob er vorbeikommen wolle. Er lehnte ab. Sie erzählte ihm alles; von Healthways, Sam und wie er zu Peters und ihrem Hauptverdächtigen wurde. Die Polizei suche immer noch nach Sams Schuld.
Jeff hörte kommentarlos zu. Als sie fertig war, sagte er kühl: »Heißt das, ich bin von deiner Liste der Verdächtigen gestrichen?« Seine Gefühle waren immer noch verletzt.
»Es tut mir leid. Bitte, Jeff. Versteh meine Situation. Meine Karriere. Meine Zukunft. Meine finanzielle Lage. Alles droht, mir unter meinen Füßen weggezogen zu werden. Es war meine Überreaktion, dich als Mörder zu verdächtigen.«
»Klingt ja wie eine Entschuldigung.«
Sie stellte sich ihn vor. Sein schmales Gesicht leicht erwartungsvoll zur Seite geneigt. Das kaum sichtbare Lächeln. »Ja, es ist eine Entschuldigung.« Sie sprach schnell
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