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Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sine Beerwald
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habe ich bestimmt, aber in meinem Liebestaumel nehme ich den Schwindel nicht besonders wahr.
    »Ja«, hauche ich. »Ich habe solche Schmerzen, wahnsinnige Schmerzen, der Flügel ist bestimmt sogar mehrfach gebrochen. Wahrscheinlich kann ich nie wieder fliegen.«
    Suzette tritt einen Schritt zurück. »Der Flügel ist in Ordnung. Da ist nichts gebrochen. Du hast unendliches Glück gehabt und kommst wahrscheinlich mit einer leichten Gehirnerschütterung davon. Was sollte denn die Aktion? Warum bist du dem Rollerfahrer auf den Helm gesprungen? Bist du verrückt geworden, Ahoi? Wolltest du Stuntmöwe spielen und mich damit beeindrucken? Das wäre ziemlich kindisch von dir.«
    Ich bin nicht kindisch – ich bin verliebt, hätte ich am liebsten geschrien. Aber ich schlucke meine Verzweiflung samt meiner Tränen runter und sage: »Nein, ich bin hinter Fietje her, dem Mann auf dem Roller. Er hat Knuts Mutter überfallen. Sie wird von ihm erpresst. Knut lebt nämlich, und Fietje weiß, wo er ist. Er hat ihn zusammen mit dem Pizzabäcker entführt.« Angesichts der beeindruckenden Erkenntnisse der Schoko-Crêpes habe ich mich beim Erzählen ein wenig aufgeplustert. Jetzt versuche ich eine andere Strategie, senke den Blick und flüstere verschwörerisch: »Suzette, wir brauchen dich im Team. Ich brauche dich. Bitte, komm mit.«
    Harry und Grey kommen aufgeregt zurück. »Fietje hat Kontakt aufgenommen. Er will nach Rantum. Mehr haben wir nicht verstanden. Der Pizzabäcker wahrscheinlich auch nicht. Der musste aus der Bar torkeln, weil Fietje vor Angst nicht mal vom Roller abgestiegen ist.«
    »Vielleicht halten sie unseren Knut in Rantum versteckt«, mutmaßt Grey.
    Ich nicke. »Wir müssen dahin. Suzette, bitte, komm mit.«
    Sie zögert und schaut an mir vorbei. Ich sehe ihrem Blick an, dass da jemand kommt, dem ich nicht begegnen will. Ich drehe mich dennoch um, und Mogulis stolziert auf mich zu. Meine Fresse, gegen ihn sehe ich aus wie ein gerupftes Hühnchen.
    »Schon wieder dieser Typ, mein Schnäbelchen? Lässt er dich nicht in Ruhe?« Er tritt neben Suzette und legt einen Flügel über sie.
    »Alles in Ordnung, mein Mogulis. Er hatte nur einen kleinen Unfall und wollte gerade weiterfliegen.«
    Was ist nur in Suzette gefahren? Das ist doch nicht die Suzette, die ich kenne. Am liebsten würde ich sie an den Flügeln greifen und sie schütteln.
    Aber das lasse ich besser bleiben. Hinter Mogulis haben sich seine Bodyguards aufgereiht, und auf einen Wink vom Boss hin schleppt einer von ihnen im Schnabel ein großes, buntes, im Wind flatterndes Ding heran. Ein Plastikding, so groß wie eine Möwe.
    »Schau mal, mein Täubchen, was ich für dich habe. Das ist das neueste Modell aus meiner Handtaschenkollektion. Exklusiv für dich.«
    Das ist doch eine Plastiktüte!, denke ich. Eine billige, einfache Plastiktüte, wie sie die Menschen tausendfach mit sich herumtragen und dann in den Müll werfen. Aber Suzette scheint so von Mogulis verblendet zu sein, dass sie das nicht bemerkt oder nicht wahrhaben will und das Geschenk mit zarten Dankeslauten annimmt.
    »Suzette …«, setze ich an.
    »Wolltest du nicht weiterfliegen?«, fragt Mogulis und kneift die Augen zusammen.
    Suzette entgegnet nichts. Sie steht da und hält die Plastiktüte fest im Schnabel. Vielleicht schweigt sie deshalb – das versuche ich mir zumindest einzureden, aber im Grunde meines Herzens weiß ich, dass es nur ein verzweifelter und ziemlich blöder Versuch ist, meinen Schmerz zu mindern.
    »Ja, ganz richtig«, höre ich mich daher sagen. »Ich wollte gerade weiterfliegen. Ich lasse meine Truppe nämlich nicht im Stich!«
    Der Gegenwind nimmt meine endlos fließenden Tränen fort, und ich hoffe, dass meine Kumpels in der Dämmerung nicht sehen, dass ich weine, denn auf Höhe von Westerland stoße ich auf Harry und Grey. Die beiden verfolgen Fietje auf seinem rasanten Kurs auf der Durchgangsstraße.
    Ein Wunder, dass Fietje noch keinen Unfall gebaut hat. Noch mehr wundert mich aber, dass Harry und Grey die Spur nicht verloren haben, denn in der Dämmerung wird das immer schwieriger, und die beiden haben sich ganz schön in den Federn. Das bemerkt auch Balthasar, der, aus Richtung Keitum kommend, zu uns stößt.
    »Ich will aber zum Dorfteich und nach dem Schatz suchen, Papa.«
    »Hör jetzt auf damit. Ich hab dir schon tausendmal gesagt, dass das zu gefährlich ist. Es ist bald dunkel. Außerdem ist die Verfolgung von Fietje jetzt viel wichtiger, weil er uns

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