Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mordsmöwen

Mordsmöwen

Titel: Mordsmöwen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sine Beerwald
Vom Netzwerk:
Ringrichter, damit unser kurzsichtiger Scheff alles mitbekommt und eine Entscheidung treffen kann.
    Diese fällt just, als Alki die Kräfte verlassen und Frau Johannsen mit einem Triumphschrei den Stofffetzen an sich reißt.
    Kurze Blicke genügen, und wir haben unsere Positionen im Team verteilt. Harry, Balthasar und ich stürzen uns auf Frau Johannsen, Suzette macht die Haustür auf, damit der Fluchtweg frei ist, und dann hält sie mit Helgi und Jonathan zusammen Sönke in Schach. Der fuchtelt mit Armen und Beinen und schafft es doch nicht, sich meine Kumpels vom Leib zu halten.
    Jetzt kommt der große Auftritt von Harry. Zumindest ist es so geplant. Er kreist knapp unter der Zimmerdecke um den Kronleuchter herum, und behält trotz der wilden Armbewegungen von Knuts Mutter die Beute zwischen ihren Fingern fest im Visier. Dann, als sie den Arm wieder nach oben reißt, um mich zu treffen, fliegt Harry seinen Angriff – und bleibt wegen seiner Spannweite mit dem Flügel am Kronleuchter hängen. Das bringt ihn aus der Flugbahn, er kommt ins Trudeln, und unter anhaltenden Klimpergeräuschen kracht er auf den Boden – der Kronleuchter.
    Harry hingegen sitzt mitten im Gesicht von Frau Johannsen und umklammert mit den Flügeln ihren Hals. Sie wehrt sich unter dumpfen Schreien. Jetzt schiebt Grey alle Ermahnungen seines Vaters beiseite und stürzt sich direkt auf Knuts Mutter. Kurz darauf höre ich seine Jubelrufe. Grey hat es geschafft! Dieser kleine Gauner hat tatsächlich das Corpus Delicati zurückerobert.
    * * *
    »Gibt es hier kein Buch, in dem steht, wie man einen ordentlichen Verband anlegt?«, fragt Suzette und zupft an den Algen um meinen rechten Flügel.
    Ich schaue sie an, doch ihr Gesicht verschwimmt hinter dem Schleier meiner Tränen. Wir sind nach dem erfolgreichen Ende des Kampfes nach Westerland geflogen – ich nur mühsam mit meiner verletzten rechten Schwinge – und unter Anleitung von Balthasar in die Bibliothek eingestiegen.
    Hier wollen wir nun sämtliches Wissen zu den Tatumständen anhand von Abbildungen aus Büchern zusammentragen und sie der Polizei samt dem Stück vom Gürtel als Beweisstücke übergeben.
    Kann man eigentlich auch einen Verband ums Herz machen? Als Suzette bei Mogulis war, tat es weh, doch jetzt, wo sie hier ist und ich weiß, dass sie wieder zu ihm zurückgehen wird, da zerreißt es mich fast. Ich will mir aber nichts anmerken lassen. Bin ja selbst schuld, dass ich so ein beschissenes Timing habe.
    Balthasar kennt sich schon sehr gut im Bestand der Bibliothek aus und hat uns auf unsere Posten verteilt. Rechts die Kinderbücher, dahinter die Sylt-Literatur, dann die vielen Regale, an denen Balthasar nur mit einem müden Flügelwink und der Bemerkung: »Hauptsächlich Trivialliteratur, nichts für das Fötong«, vorbeigegangen ist, dahinter stehen die Sachbücher zu Biologie.
    Im Bereich Erdkunde hat Alki treffsicher die Silhouette der Insel auf einem Faltplan ausgemacht, da er den Auftrag hat, darauf die Fundstelle der Leiche zu markieren. Sicher ist sicher, auch wenn sich Balthasar nach Abschluss der Beweisaufnahme mit dem Smartphone auf die Boje setzen will.
    Helgi hat in einem Sylt-Reiseführer bereits Abbildungen vom Denghoog, der Vogelkoje und dem historischen Friesenhaus in Keitum gefunden. Und Grey hat in einem Kinderbuch ein Bild von einer Schatztruhe entdeckt und die Seite ebenfalls rausgerissen.
    Alki und Grey sind für mich die Helden. Unserer Jungmöwe hätte ich niemals zugetraut, Knuts Mutter so treffsicher den Stofffetzen abzujagen. Aus ihm wird vielleicht doch noch was werden, und Alki, nun ja, nachdem es anfänglich so aussah, als hätte er seine Aufgabe im Team der Schoko-Crêpes vermasselt, konnte er seine Fähigkeiten unter Beweis stellen, indem er Fietje die Waffe abjagte, Sönkes Boot eine ganze Nacht lang observierte und schließlich sogar noch Knuts Leiche fand.
    Suzette stupst mich an. »Du bist mein Held, Ahoi. Ohne dich und deinen unermüdlichen Glauben an die Aufklärung des Falles wäre unsere Truppe nicht wieder zusammengekommen.«
    Ich rücke ein wenig von ihr ab.
    Sie zieht ihre Stirnfedern kraus. »Was ist mit dir? Hast du Schmerzen?« Als ich nichts erwidere, nicht mal mit einem Nicken reagiere, schaut sie mich forschend an. Ich weiche ihrem Blick aus, weil ich weiß, dass sie in mein Herz sehen könnte. »Magst du mich nicht in deiner Nähe haben?«
    Mir sitzt ein Kloß im Hals. Nichts wünsche ich mir sehnlicher, und zugleich schmerzt

Weitere Kostenlose Bücher