Mordsonate
objektiven Prüfung, wie der frühere hochrangige Politiker betonte
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Das Team war damit beschäftigt, jeden noch so kleinen Ermittlungsschritt schriftlich zu dokumentieren, wie es das Gesetz forderte. Und gerade jetzt hatte sie die inoffizielle Nachricht erreicht, dass mit der Rückkehr des Kollegen Seidl leider nicht mehr zu rechnen sei: Magenkrebs im letzten Stadium.
Dr. Erich Laber, der in seinem Berufsleben schon so viele Protokolle und Berichte verfasst hatte – die erstennoch auf klapprigen mechanischen Schreibmaschinen mit eingelegtem Durchschlagspapier –, genoss es jetzt in seiner leitenden Funktion, diese Tätigkeiten großteils delegieren zu können.
Dem Chefinspektor fiel auf, dass seit den medialen Angriffen auf seine Person auf seinem Dienst-PC kein einziges Musik-Video mehr gelaufen war – weil er dazu doch einfach keine Zeit gehabt hatte. Aber nicht nur deswegen, er wusste es: Diese Attacken hatten ihn verunsichert, und ein erschüttertes Selbstbewusstsein führte immer zu angepasstem Verhalten. Und oft auch zu Heimtücke. Ein verunsicherter Mensch agiert nicht mehr offen. Bei diesen Überlegungen lehnte er sich weit in seinem Stuhl zurück – steckte nicht womöglich auch hinter so einem Verbrechen ein zutiefst verunsicherter, gekränkter, verletzter Mensch? In der ENAG war Weger in letzter Zeit ordentlich zugesetzt worden, aber war das wirklich Grund genug für ein solches Verbrechen? Wo er doch in erster Linie seinem Kind helfen wollte.
Die Staatsanwältin hatte ihm vorhin gesagt, dass ein Indizienprozess mit ziemlicher Sicherheit zur Verurteilung Hans Wegers führen würde, wenn er nicht vorher ein Geständnis ablegte. Und dies wäre, darin stimmten alle im Haus überein, bei seiner psychischen Verfassung eher früher als später zu erwarten. Der Mann würde zusammenbrechen und alles zugeben.
Dr. Laber drehte sich mit seinen Zweifeln an der Täterschaft Hans Wegers immer im Kreis und spielte jetzt gedanklich das Gegenteil seiner bisherigen Annahmen durch: Weger war ein begnadeter Schauspieler, ein hoch intelligenter, schwer gestörter Täter, der die Ermittler mit dem Hinterlegen der Finger in die Falle gelockt und selbst den Schwachsinn mit dem Lieferwagen nur erfundenhatte, da ihm klar war, das Auto nie so reinigen zu können, dass keine Spuren mehr auffindbar wären. Von Stunde zu Stunde schien dem Chefinspektor zudem schwerer zu wiegen, dass keine weiteren Finger aufgetaucht waren, seit Weger in U-Haft war. Und seine ominöse Zeugin, die er angekündigt hatte – selbst wenn sie hielte, wögen doch die gegen ihn sprechenden Indizien schwerer? Oder sollte es einen Mittäter für die Entführung gegeben haben? Aber da hätte Weger sich ein einfacheres Alibi verschaffen können als eine geheime Geliebte. Hans Weger musste gestehen, er musste sagen, wo Birgits Leiche zu finden war!
Erich stellte sich auf lange Verhöre ein, und er wusste, dass er dabei nicht so gut war, solange er noch Zweifel an der Schuld des Verhörten hegte. Da erreichte ihn ein Anruf aus »seiner« Partei (allein das zu denken, war ihm immer noch fremd): Der offenbar junge Mann gratulierte ihm zu dem Erfolg. Dem Chefinspektor wurde erst jetzt bewusst, dass sich nach den Attacken gegen ihn, die eindeutig von der konservativen Seite gekommen waren, niemand gerührt hatte. Aber das wäre ihm doch ohnehin zu peinlich gewesen. Der Mann teilte ihm mit, dass man jetzt auf die Untergriffe reagieren müsse, die gegen ihn lanciert worden waren. »Ihr Erfolg muss nun bald entsprechend verkauft werden. Damit für die Menschen draußen auch erkennbar wird, dass die Angriffe gegen Sie haltlose Parteipolitik gewesen sind.«
Erich sah das zwar genauso, bremste den Mann aber ein: »Warten wir doch zu, bis der Fall endgültig abgeschlossen ist, ja?«
»Wird es bis zum Geständnis noch lange brauchen? Denn sonst verliert sich das wieder … diese Schweinerei … wir müssen da zurückschießen. Denn mit den Attackengegen Sie war in Wahrheit natürlich die Landeshauptfrau gemeint, Sie verstehen. Deshalb müssen wir was tun.«
Darauf hin sagte Erich kurz angebunden: »Gut, ich hoffe, wir erzielen bald den endgültigen Durchbruch.«
»Okay. Wir bleiben dran. Diese Sauerei der Innenministerin lassen wir nicht so einfach auf uns sitzen.«
»Es waren nur unbewiesene Anschuldigungen.«
»Das wissen wir. Die führen nämlich wieder was im Schild. Sie ertragen es halt nicht, wenn auch nur ein Einziger irgendwo zum Zug kommt, den nicht
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