Mordsonate
will … will sich freinehmen und nach Salzburg kommen.«
»Das ist gut, Frau Weger. Es schaut im Moment wahrscheinlich alles viel schlimmer aus, als es ist.«
Petra nickte mit geschlossenen Augen.
Der Anwalt saß wieder hinter seinem Schreibtisch, als er Petra fragte, ob sie es weit habe zu ihrem Hausarzt. »Ich kann Sie von einem Konzipienten mit dem Auto hinbringen lassen.«
»Nein, nein … es ist nicht so weit … das schaffe ich schon.«
Trotzdem wandte sich der Anwalt an seine Sekretärin: »Der Ewald soll die Frau Weger fahren.«
Und Petra, die am liebsten einfach am Boden liegen geblieben wäre, war dann doch sehr froh, als der junge Mann in der Tür erschien und sagte, dass er jederzeit abfahrtbereit sei.
Die junge Frau stieß einen entsetzten Schrei aus und sprang so schwungvoll von dem leichten Aluminiumstuhl auf, dass er umkippte. Sie selbst stolperte und landete ebenfalls auf dem Asphalt.
Jedes der wenigen Bistrotischchen vor dem kleinen Innenstadtcafé war an diesem schwülen späten Vormittag besetzt, und alle Gäste starrten zu den drei Personen hin. Die groß gewachsene blonde Frau in dem grauen Geschäftskostüm stand vom Boden auf. Ihre Strümpfe waren zerrissen und das rechte Knie aufgeschürft. Die beiden jungen Männer in Nadelstreifanzügen, mit denen sie sichhier zum Espressotrinken getroffen hatte, sahen angesichts der Szene jetzt peinlich berührt zu den Umsitzenden, nachdem sie zuvor laut aufgelacht hatten, als einer den kleinen Gegenstand auf der Untertasse der Frau platziert und sofort mit seinem Handy fotografiert hatte, während ihre Begleiterin auf die Toilette gegangen war. Und er filmte die Szene unauffällig mit seinem Mobiltelefon, als die Frau dann nach ihrer Tasse greifen wollte, und mit ihrer Hand an einen Finger streifte, der auf der Untertasse lag. Täuschend echt sah er aus.
Die junge Frau stand verstört zwei Meter von dem Tischchen entfernt. Eine andere war aufgesprungen und hob Stuhl und Handtasche auf. »Geht es … sind Sie in Ordnung?« Die Frau schaffte nur ein Nicken, nahm ihre Tasche, drehte sich wortlos weg von ihren Bekannten und ging auf hohen Absätzen klappernd durch die Getreidegasse davon.
»Sie machen es sich selbst unnötig schwer, glauben Sie mir das.«
»Aber ich kann doch nicht … warum soll ich etwas gestehen, das ich nicht getan habe?«
Hans Weger saß unfrisiert und den Tränen nahe im Verhörraum. Mühlbauer war wieder mit der Aufzeichnung betraut, und Erich hatte den Mann mit dem eindeutigen Untersuchungsergebnis seines Kastenwagens konfrontiert: Nicht nur Haare von Birgit Aberger waren auf der genoppten Kunststoffmatte des Laderaums sichergestellt worden, sondern auch Faserspuren exakt jener Kleidung, die das Mädchen am Tag ihres Verschwindens getragen hatte. Jede andere Interpretation war ausgeschlossen: Das spätere Mordopfer Birgit Aberger war im Laderaum des Ford Transit der Familie Weger transportiert worden.
»Auf dem Fahrersitz fanden sich Haare von Ihnen, Herr Weger, weiters Textilfasern Ihres Anzugs. Und natürlich überall Fingerabdrücke.«
»Ja, wenn ich doch gefahren bin, verflucht noch einmal! Ich streite das doch nicht ab. Natürlich finden sich Spuren von mir … zuletzt bin ich in der Gewitternacht …«
»Okay. Aber wo sind dann die Abdrücke der ominösen Diebe oder des Diebes, der den Wagen aufgebrochen hat und doch wohl auch gefahren ist? Nur noch Fingerspuren Ihrer Ehefrau und von Ihrer Tochter. Sonst nichts.«
»Woher soll ich das wissen, warum … die werden doch wohl Handschuhe getragen haben, oder?«
»Schon denkbar, aber wir müssen uns an die vorliegenden Fakten halten … auch an das, was plausibel ist. Und dass Diebe ein Auto stehlen und wieder exakt an den früheren Platz zurückstellen … welchen Grund sollen sie haben, das zu tun?«
»Was weiß ich … weil mir das einfach jemand gezielt in die Schuhe schieben will! Diese Scheißpartei, die mich jetzt schon aus der Firma … die sind doch zu allem fähig!«
»Und wo bleibt Ihre Zeugin für den Zeitraum des Verschwindens von Birgit Aberger?«
»Zeugin … Zeugin. Ja, ich habe eine Zeugin! Aber ich will … ich kann Petra das jetzt nicht auch noch antun. Anja soll … sie soll zuerst einmal zum Wettbewerb … beim Prozess werde ich das schon …«
Hans Weger verbarg neuerlich sein Gesicht hinter den Händen und stützte die Ellenbogen auf den Tisch. »Solche Schweine«, stieß er verzweifelt hervor, »gerade jetzt, wo Anja … meine Anja
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