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Mordsonate

Mordsonate

Titel: Mordsonate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O. P. Zier
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… erst später, daheim, da … natürlich, da hatte er dann getrunken! Es hatte keine Veranlassung bestanden, seinen Alkoholspiegel gleich an Ort und Stelle nach dem Unfall zu überprüfen … und später, daheim, nach zwei Stunden, als man das dann gemacht hatte … na, eine Flasche Wein, nach der ganzen Aufregung … oh Gott! Oh Gott, sagte Gerlinde nun ein ums andere Mal auch noch leise vor sich hin, während sich ihr die Brust zusammenzog.
    Sie war völlig verwirrt, als sie den PC ausschaltete, ihre Handtasche einräumte und ihr der DI die Postmappe gleich wieder herausbrachte, um ihr nochmals gute Besserungzu wünschen. Ein Blick in den Schminkspiegel – sie sah grauenvoll aus! Vielleicht war es doch die Fischsemmel gewesen. Warum sonst sollte sie auf einmal so heftigen Durchfall bekommen haben?
    Als Gerlinde das Verwaltungsgebäude der ENAG verließ, blickten drei Bürokräfte, die im ersten Stock auf dem Gang vor dem Kopierraum beisammen standen, so in ihre Richtung, dass für sie klar war, sie würden nun sofort über ihre Nacht mit dem Weger tuscheln – von wem auch immer sie davon erfahren haben mochten. Jede der noch nicht Zwanzigjährigen war während ihrer Lehrzeit für ein halbes Jahr auch Gerlinde zugeteilt gewesen und hielt zur Sicherheit ein paar Blatt Papier in der Hand, wäre also nur auf dem Weg zum Kopieren aufgehalten worden, falls irgendein Wichtigtuer aus den oberen Rängen auftauchen sollte. Gerlinde glaubte eine Mischung aus Mitleid und Hohn in ihren Blicken zu erkennen, als ihr die Frauen zum Abschied zuwinkten. Aus den Augenwinkeln bekam sie gerade noch mit, wie schnell sie ihre Köpfe wieder zusammensteckten.
    Nein, wie hatte sie auch nur so blöd sein können, sich mit jemandem wie Hans einzulassen, der noch dazu eine blendend gut aussehende junge Gattin und ein abgöttisch geliebtes Kind daheim hatte … Torschlusspanik … sie konnte sich doch nie ernsthaft Chancen ausgerechnet haben!
    »He, Sigi!«
    Koller, der beim Verlassen des Krankenhauses gegen die Tränen ankämpfte, reagierte nicht auf den Zuruf, obwohl er die Stimme sofort erkannt hatte. Auch beim zweiten Mal tat er so, als habe er nichts gehört, und ging schnell weiter. Er wollte mit niemandem reden, jetzt.
    Aber da holte ihn der Mann schon ein: »Wohin so schnell, Sigi?«
    »Ins Büro … ich war nur kurz bei der Mama.«
    Der Mann, dunkelblauer Anzug, viel Gel im Haar, hatte seinen Arm um Koller gelegt und nötigte ihn, stehen zu bleiben.
    »He, Sigi. Ich hab schon gehört, dass deine Mama … das wird schon wieder, glaub mir. Ein schneller Kaffee ist doch noch drin, oder?«
    So niedergeschlagen, wie er war, hatte der Gruppeninspektor nicht die geringste Lust, mit dem Parteisekretär über irgendwelche Strategien zu palavern und personalpolitische Schachzüge zu planen, wie der es nun einmal so gerne tat.
    »Ich muss … Heinz, wir stecken mitten in dem heiklen Fall …«
    »Ja, deshalb muss ich ja kurz mit dir reden, Sigi. Jetzt sei nicht fad, komm schon.«
    »Nein, es geht jetzt einfach nicht.«
    »Dann nur so viel, Sigi, weil wir das letzte Mal über den Laber geredet haben, der dir auf den Sack geht … wie geht es dir denn jetzt mit ihm?«
    Koller zuckte nur unwillig mit den Schultern.
    »Na, siehst du. Und gerade jetzt ist der ideale Zeitpunkt, Sigi.«
    Koller blickte ihn mit freudlosem Ausdruck an.
    »Lass ihn bei nächster Gelegenheit so richtig auflaufen, Sigi. Es wird dein Schaden nicht sein, glaub mir. Lass ihn einfach ins offene Messer rennen. Du bekommst Begleitschutz von uns. Wir haben medial schon einiges angeleiert und noch allerhand in der Pipeline. Sigi, du willst doch auch nicht ewig auf dieser Stelle hocken bleiben! Unter einer Rothaut wie dem Laber.«
    Koller sah ihn mit abwesendem Blick an, denn er hatte momentan wirklich andere Sorgen, so wie die Mama nach der OP beisammen war. Das war doch noch kein Alter. Und sie hatten doch nur einander … seit Papas Tod … seit er sechs war, hatte die Mama ihn allein großgezogen, mit ihrem kleinen Einkommen. Und jetzt … jetzt sollte er … ganz allein übrig bleiben? Was sollte er sich in so einer Situation mit diesem Laber anlegen, der sich noch dazu großzügig verhielt, was die Spitalsbesuche anging. Warum sollte er dem gerade jetzt in den Rücken fallen?
    Der Funktionär rüttelte ihn erneut an der Schulter. »Sigi, das ist jetzt
die
Chance! Wir schießen den gleich am Anfang ab. Das wird ein Blattschuss, glaub mir.«
    »Ja, aber ich muss jetzt

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