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Mordsschnellweg: Kriminalstorys

Mordsschnellweg: Kriminalstorys

Titel: Mordsschnellweg: Kriminalstorys Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Ard , Reinhard Junge
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der Aufstieg so schwer gefallen. Im Gegenteil. Er empfand es stets als befreiend und geradezu symbolisch, mit festem Schritt sein Loft zu erklimmen.
    Wie eine Karriereleiter.
    In der Hierarchie der Essener Werbeagentur Booß & Partner war er auch Schritt für Schritt nach oben geklettert, hatte das Treppchen direkt unter dem Chef erreicht.
    Bis heute Morgen …
    Der Millionenauftrag des Automobilkonzerns war ihm durch die Finger geglitten – direkt in die Hände der Konkurrenz. Seit fünf Jahren war das Budget fest in ihrer Hand, inklusive eines satten Finanzpolsters. Grundlage für Expansion und Kreativität.
    Heute kam der Sturz – kerzengerade in den Keller. Zwölf Millionen Euro futsch!
    Ein schwarzer Freitag für Booß & Partner. Morgen würde die Entscheidung des Automobilkonzerns bekannt gegeben. Aus geheimen Quellen hatte sein Chef allerdings bereits heute einen Wink bekommen.
    Der verlorene Auftrag amputierte der Agentur die gesunden Beine, katapultierte sie von einem Spitzenplatz in der ersten Liga der Werbeagenturen in die Kreisliga. Und Robert winkte die Gelbe Karte.
    Streicheleinheiten war er von seinem Chef gewohnt, heute wurde er gestriegelt – mit einer Stahlbürste. Ausgerechnet an seinem vierzigsten Geburtstag!
    Robert schloss die Tür zu seinem Loft auf. Kalter Rauch und abgestandener Champagnerdunst schwappten ihm entgegen.
    Er trat in die Diele und musterte sich in dem meterhohen Spiegel.
    Robert war ein großer, schlanker, dunkelhaariger Mann. Sein Gesicht war schmal, die Haut großporig. Die großen, warmen braunen Augen nahmen dem Ausdruck etwas von der Härte, gaben ihm beinahe etwas Wehrloses.

    Die strahlende Selbstsicherheit und die lächelnde Arroganz, die ihn sonst im Spiegel begrüßten, waren nicht zu entdecken. Der Mann, der ihn heute anblickte, schien der geborene Verlierer zu sein. Das Haar wurde lichter und ließ die ersten grauen Strähnen zur Geltung kommen. Die Falten an den Augen wirkten plötzlich wie eingemeißelt, der Teint war um einige Grauwerte angereichert.
    Robert wandte sich ab und öffnete das Fenster, um frische Luft hereinzulassen.
    Sie hatten in den Geburtstag hineingefeiert, ein Dutzend Freunde, die meisten aus der Branche.
    Auch Eberhard hatte mit ihm angestoßen.
    Eberhard war sein bester Freund – sie hatten zusammen studiert. Er war Kreativchef bei Dümpel & Henrichson, ei ner eher zweitrangigen Agentur.

    Bis morgen.

    Morgen würde man Dümpel & Henrichson mitteilen, dass sie einen Zwölf-Millionen-Auftrag im Sack hatten.

    Eberhard!

    Die halbe Diplomarbeit hatte Robert für ihn geschrieben, ihm das Geld für sein erstes Auto gepumpt. Wenn die Kapazitäten bei Booß & Partner ausgelastet waren, hatte Robert ihm sogar manchen Auftrag zugeschanzt.

    Robert schlenderte ziellos durch seine Wohnung. Sein Loft verkörperte alles, was er liebte: architektonische Würde, ausgewogene Proportionen, stimmige Details. Die Highlights waren zwei kubistische Dekotische von David Field, ein Sofa von Mathsson und ein Ensemble von Alvar-Aalto-Möbeln. Robert strich zärtlich über ein altes Telefon. Er war ein leidenschaftlicher Sammler von Kommunikationstechnik. Die Palette seines kleinen Museums reichte von einer Telegrafenmaschine aus den Dreißigerjahren über ein Exemplar der ersten Generation amerikanischer Telefonapparate, das ihn dreitausend Dollar gekostet hatte, bis zu einem funktionsfähigen Funkgerät eines Wehrmachts-U-Bootes. Kommunikation – das Zauberwort für eine neue Epoche, Symbol für technischen Fortschritt, Sinnbild für einen rationellen, emotionsfreien Umgang der Menschen miteinander.

    Robert goss sich einen Whisky ein.

    Wenn doch wenigstens Felicia hier wäre. Ihr Witz, ihre Wärme, ihre sanfte Stimme wären jetzt Balsam für seine kranke Seele. Er nahm sein Glas und sank auf das Mathsson-Sofa. Mit der Fernbedienung startete er die Wiedergabe des Anrufbeantworters – wahrscheinlich hatte seine Mutter eine ihrer üblichen Festreden gehalten.

     
    Piep.

    »Hier ist Felicia. Ich bin einkaufen. Du erinnerst dich? Du hast Eberhard und Anna für heute Abend eingeladen. Was hältst du von in Honig glasierter Frischlingskeule? Ach, lass dich überraschen! Ciao.«

    Piep.

    »Herzlichen Glückwunsch, mein Sohn! Nun bist du doch vierzig geworden. Ich weiß noch, wie du immer gesagt hast, vierzig willst du nie werden. Jetzt ist es zu spät! Papa sagt gerade, ich soll nicht so etwas am Telefon sagen. Wie immer weigert er sich, auf deinen

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