Mordsviecher
solchen Momenten war Irmi fast ein wenig neidisch auf die jüngere Kollegin. Ihr Leben kam ihr leichter vor als das jener Menschen, die grübelten und über ihr Tun reflektierten. Kathi war eben Kathi.
»Dann lassen wir uns die Sonderzahlung doch mal erläutern«, meinte Irmi. »Auf ins Lager der Firma KS -Outdoors!«
Das Wetter hatte heute gerade mal beschlossen, sich tropisch zu geben. Die Luftfeuchtigkeit war so hoch, dass Irmi der Schweiß runterlief, ohne dass sie irgendetwas Anstrengendes getan hätte. Sie schwitzte unter ihren dichten Haaren und formte einen Dutt, den sie mit einer Spange locker feststeckte. Manchmal zog sie doch eine Auswanderung nach Nordnorwegen oder Island in Betracht – wenn es da im Winter nur nicht so dunkel wäre.
Sie ließen das Eingangsgebäude links liegen und fuhren direkt zum Zentrallager. Das Tor stand offen, Regale wuchsen bis zum Dach hinauf, ein Gabelstapler bog gerade um die Ecke. Da sie nicht aus dem Weg gingen, musste der Mann wohl oder übel anhalten. Er war knapp davor, eine Schimpftirade loszulassen, doch dann erkannte er die Kommissarinnen und grüßte mit einer laschen Handbewegung.
»Herr Lohmüller, dürften wir grad mit Ihnen reden? Nur ganz kurz.« Irmi hatte ihr Sonntagslächeln aufgesetzt.
Lohmüller nickte, sein Gesichtsausdruck war alles andere als intelligent. In der Halle gab es ein kleines Glaskabuff, in das Lohmüller die beiden führte. Sie nahmen an einem Schreibtisch mit Computer und Drucker Platz.
Irmi lächelte, Kathi sah ins Nichts.
»So, so, das ist also Ihr Refugium«, sagte Irmi nach einer Weile.
Lohmüller glotzte und schwieg.
»Deutlich mehr Platz als in Krün im Keller«, meinte Irmi und sprach in Richtung des Druckers.
Lohmüller sagte nichts, doch Irmi hatte ein Zucken in seinem Gesicht bemerkt und auch, dass er angefangen hatte, mit seinen Fingern zu spielen.
Kathi fiel ein: »So eine schöne Arbeit, so eigenverantwortlich und auch noch so gut bezahlt.«
»Was wollen Sie eigentlich?«, stieß Lohmüller aus.
»So eine schöne Arbeit, so eigenverantwortlich und auch noch so gut bezahlt«, wiederholte Kathi und fuhr fort: »Und dann kriegt er auch noch zweitausend Euro jeden Monat aus der Lotterie, oder? So ein Glück hat er, der Herr Lohmüller!«
»Was geht Sie das an? Woher wissen Sie das überhaupt?«
Kathi drohte ihm spielerisch mit dem Finger. »Lieber Herr Lohmüller, wir sind die Polizei, und wir wissen alles.« Sie lächelte ihn süffisant an, doch auf einmal wurde ihr hübsches Gesicht hart. »Und weil wir alles wissen, wissen wir auch, dass die Lotteriegesellschaft in Wien gar nicht existiert. Stattdessen geht das Geld von einem Privatkonto von Kilian Stowasser ab, und zwar direktement nach Jungholz!«
Aus Herrn Lohmüller entwich ein merkwürdiges Geräusch.
»Herr Lohmüller, wofür gab es das Geld?« Kathis Stimme war schneidend.
Lohmüller schwieg eisern.
»Dann sag ich es ihnen«, fiel Irmi ein. »Sie wussten, dass Ihr Chef illegal Daunen über Tschechien bezog, Sie haben da mitgemacht, und als kleine Gratifikation gab es zweitausend Euro extra. War das so?«
Lohmüller schien wirklich mit akutester Stummheit geschlagen zu sein.
»Herr Lohmüller, das Gespräch mit Ihnen ist etwas einseitiger Natur. Wissen Sie, ich kann Sie jetzt auch mit auf die Polizeiinspektion Garmisch-Partenkirchen nehmen. Außerdem kann ich mir einen Durchsuchungsbeschluss ausstellen lassen, und wie Ihre Frau dann so ein Polizeiaufgebot hinnimmt, das lass ich mal dahingestellt. Oder weiß die liebe Gattin Bescheid?«
Lohmüllers Gesicht rötete sich. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn, obgleich es in der Halle recht kühl war.
»Ich könnte mir natürlich auch vorstellen, dass Sie den Herrn Stowasser erpresst haben, der hatte aber irgendwann mal keine Lust mehr oder wollte Ihnen das alles anhängen, und da haben Sie ihn getötet. Gell, Herr Lohmüller, das könnte ich auch denken!« Irmi sah ihn durchdringend an.
Nun ging doch ein Ruck durch den Mann. »Ich ermord doch keinen!«
»So, und warum sollten wir das nun ausgerechnet glauben?«, fragte Irmi.
Die Antwort blieb aus.
Irmi wandte sich an Kathi. »Ich hab den Eindruck, der Herr Lohmüller versteht mich nicht. Red ich chinesisch? Serbokroatisch? Hat er nicht verstanden, dass wir ihn dann wohl mitnehmen müssen, diesen Stockfisch?«
»Jetzt tun S’ doch nicht so!« Auf einmal schrie der Mann. Eine Ader zuckte an seiner Schläfe.
»Dann kriegen Sie mal die Zähne
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