Mordswald - Hamburgkrimi
nicht für sich
behalten. "Ich glaube, das Bankhaus ihres Vaters steht kurz vor der Pleite.
Das heißt, ich bin mir fast sicher."
Hanno runzelte die Stirn. "Wie kommst du denn auf die
Idee?"
Lina zuckte die Achseln. "War so ein Schuss ins
Blaue", erklärte sie betont gleichmütig. "Du weißt schon, Bankenkrise
und so, da habe ich einfach mal nachgehakt. Sie ist fast ohnmächtig geworden.
Ich schwöre dir, irgendetwas ist an der Geschichte dran. Das Bankhaus Ansmann
& Sohn steckt zumindest in ernsten Schwierigkeiten."
Hanno sah sie misstrauisch an. "Ein Schuss ins Blaue,
so, so." Als Lina nichts sagte, zog er die Augenbrauen hoch. "Du
verheimlichst mir doch nichts?"
"Nein." Sie hielt seinem Blick stand.
Er schloss die Augen und rieb sich die Nasenwurzel. Aus dem
Nebenzimmer war leises Stimmengemurmel zu hören. Lina wartete angespannt auf
ihr Urteil. Hanno wollte keinen Ärger, das war ihr klar. Er wollte hier
gemächlich seine letzten Jahre bis zur Rente absitzen und wäre der Letzte, der
sich mit dem Polizeipräsidenten anlegen würde.
"Also gut. Versuch, ein paar Zahlen über dieses Bankhaus
zu bekommen. Was weiß ich, Bilanzen, Jahresberichte, irgendetwas muss es da
doch geben. Vielleicht hattest du ja recht mit deinem merkwürdigen Schuss ins
Blaue. Aber solange sich das mit der Insolvenz nicht bestätigt, unternehmen wir
erst einmal nichts. Das gilt vor allem für dich! Halt dich von der Ansmann
fern!"
"Aber …"
"Nichts aber. Das ist ein Befehl."
"Fassen wir also zusammen. Frank Jensen hätte ein Motiv,
die richtige Schuhgröße und ein wackeliges Alibi. Bei Katja Ansmann sieht es
ähnlich aus, Motiv, passende Schuhgröße, unsicheres Alibi. Die Unbekannte aus
dieser Waldkneipe hat sich immer noch nicht gemeldet, und diese Tanja Fischer,
Philip Birkners potenzielle Geliebte, ist nach wie vor nicht erreichbar."
Hanno Peters schaute in die Runde. Lina Svenson saß mit
verschränkten Armen in der Nähe der Tür, sie war immer noch sauer auf ihn. Max
Berg hatte die Beine übereinandergeschlagen und das Jackett geöffnet. Er wirkte
wach und entspannt, als sei er gerade frisch aus dem Urlaub zurück – und
nicht Alex Osterfeld, der heute den ersten Tag wieder im Dienst war, aber mit
den dunklen Ringen unter den Augen aussah, als hätte er das ganze Wochenende
durchgearbeitet. Sebastian Muhl fläzte sich auf seinem Stuhl und grinste
verhalten. Er merkte, dass es zwischen Hanno und Lina Zoff gegeben hatte, und
das gefiel ihm.
"Sebastian,
haben die Überwachungsvideos aus den U-Bahnhöfen etwas ergeben?"
Sebastian setzte eine geschäftige Miene auf und richtete sich
auf. "Möglicherweise. Auf dem U-Bahnhof Niendorf Markt haben ein paar
Jugendliche rumgegrölt und randaliert. Sie haben offensichtlich eine Frau
belästigt, die aus der U-Bahn gestiegen ist. Das war gegen elf. Die Bänder
verraten nicht, wie die Geschichte ausgegangen ist, weil der ganze Trupp den
Bahnhof verlassen hat. Die Kollegen von der Streife wussten nichts von einer
Belästigung, aber die Jugendgang kannten sie. Die örtlichen Möchtegernschläger.
Ich bekomme heute noch die Namen, soweit sie die in ihrer Kartei haben."
"Gut. Du bleibst an der Geschichte dran. Max, hast du
was Neues von der Kriminaltechnik gehört?"
"Ja, die haben sich am Wochenende ordentlich ins Zeug
gelegt. Sie haben eine der Tatwaffen gefunden, einen kräftigen Stock aus
Hartholz, und zwar Rosskastanie. An einem Ende haben sie winzige Spuren Blut
und ein paar Haare entdeckt, am anderen konnten sie DNA-Spuren
sicherstellen."
"Das heißt, wenn wir den Täter finden, können wir ihn
damit festnageln?"
Max nickte. "Zumindest einen der Täter. Allerdings wurde
der tödliche Schlag nicht mit diesem Stock ausgeführt." Er blickte auf
seinen Notizzettel. "Hartmann hat inzwischen auch herausgefunden, dass es
sich bei der umgesetzten Pflanze um einen Aronstab handelt." Er lächelte,
als er daran dachte, wie enttäuscht Hartmann gewesen war, weil er das schon
wusste. "Sie haben sich auch die Fußspuren am Tatort genauer angesehen und
sind zu dem Schluss gekommen, dass außer dem Toten tatsächlich noch mindestens
drei andere Menschen zur Tatzeit oder kurz davor oder danach am Tatort
rumgelaufen sind." Max nahm einen Schluck Tee. "Einer trägt Schuhe in
Größe 41, einer in 43 und der dritte in Größe 44." Max hob den Kopf und
sah seine Kollegen an. "Hartmann ist dabei auf etwas Merkwürdiges
gestoßen. In einigen der Spuren Größe 43 wurden Faserreste einer
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