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Mordswald - Hamburgkrimi

Mordswald - Hamburgkrimi

Titel: Mordswald - Hamburgkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. C. Poets
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kurz mit Igor geredet hatte, der versprach, sofort
vorbeizukommen, lotste sie Marcel und Max auf den Hinterhof, raus aus dem
muffig riechenden Dojo, rein in die Abendsonne. Marcel hatte die ganze Zeit
noch nichts gesagt, ließ Max jedoch nicht aus den Augen. Er schien vergessen zu
haben, dass er hier mit zwei Bullen auf der Bank saß, und sagte: "Das war
ja echt cool. Wo haste denn das gelernt?"
    "In einem Dojo, ganz ähnlich wie dem hier. Weißt du, was
ein Dojo ist?", fragte Max, als er den verwirrten Blick des Jungen sah.
Marcel schüttelte den Kopf. "Das Wort ist Japanisch und bezeichnet
allgemein einen Übungsraum. Hier in Europa versteht man darunter meist einen
Trainingsraum für Kampfsport, aber in der östlichen Tradition wurden Kampf und
Meditation immer zusammen gedacht und praktiziert." Er schloss kurz die
Augen. "Ich praktiziere seit meinem dritten Lebensjahr. Meditation und
Kung Fu. Beides ist eines, Kung Fu ist nur eine andere Form der Meditation.
Meine Eltern", sagte er, vor allem an Lina gerichtet, "sind
Zen-Buddhisten, ich bin quasi damit groß geworden."
    Lina hatte nur eine vage Ahnung davon, was Zen-Buddhisten von
anderen Buddhisten unterschied und was Buddhisten im Allgemeinen so trieben,
aber sie sagte nichts, dazu war sie zu müde. Nach und nach trudelten die ersten
Kids für das Training ein, manche kannten sie, nickten ihr beim Vorbeigehen zu
und musterten neugierig die beiden Gestalten neben ihr auf der Bank.
    Endlich tauchte Igor auf, ein braun gebrannter,
durchtrainierter Kerl. "Was ist passiert? Wieso musste Kalle ins
Krankenhaus?", fragte er. Er musterte Max mit einem Seitenblick, eine
Sekunde lang spiegelte sich Schrecken auf seinem Gesicht. Auch er hatte einen
besonderen Riecher für die Vertreter der Staatsgewalt. "Seid ihr deswegen
hier, ich meine … dienstlich?"
    Lina schüttelte den Kopf. "Nee, wir sind privat
unterwegs. Aber Kalle ist auf Max los. Ist ihm nicht gut bekommen."
    Igor bedachte Max mit einem kritischen Blick von oben bis
unten. "Ach ja?"
    Lina seufzte. "Lass es dir von Lutz erzählen. Oder von
Kalle, setz überall ein umgekehrtes Vorzeichen vor und zieh die Hälfte ab, dann
passt es in etwa."
    Sie wandte sich zum Gehen und zog Marcel mit sich. "Wir
müssen uns noch um den hier kümmern. Sehen wir uns Donnerstag?"
    Igor nickte. "Um halb acht." Er sah Marcel an.
"Du fängst bei uns an?" Der Junge nickte. "Dann sehen wir uns
morgen." Er verschwand im Dojo, wobei er einen letzten Nachzügler mit
reinscheuchte. Krachend fiel die schwere Eisentür hinter ihm ins Schloss.

 
    Lina kramte ihr Smartphone aus dem Rucksack und meldete sich
mit ihrem Namen. Max verstand nicht mehr als "Hm" und
"Okay" und "Gott sei Dank", während er sich auf den Verkehr
konzentrierte. Dann sagte Lina: "Ich weiß nicht, ich bin ziemlich
geschafft. Ich glaube nicht, dass ich noch vorbeikomme." Wieder Pause.
"Okay, ich sag's ihm. Du auch."
    Sie beendete das Gespräch und stopfte das Telefon zurück. Der
Motor brummte leise, als sie auf der mehrspurigen Straße in Richtung Präsidium
fuhren. Gerade hatten sie Marcel bei seiner Mutter abgeliefert, die ihren Sohn
gar nicht wiedererkannte, als er ganz begeistert von dem Dojo und von Lutz und
Max erzählte, und das in Gegenwart der sonst so verhassten Bullen.
    "Das war Lutz. Kalle ist wieder zu Hause. Die Schulter
war nicht ausgerenkt, sondern nur übel geprellt."
    "Gut."
    "Das mit der Anzeige wird er sich wohl noch mal
überlegen. Immerhin hat er einen Polizeibeamten angegriffen, und dann noch vor
Zeugen. Das könnte nach hinten losgehen." Sie sah Max an. "Offiziell
war's ein Trainingsunfall. Unglücklicher Sturz. Keiner hat ihn angefasst."
    Max nickte, als hätte er nichts anderes erwartet. Vermutlich
war ihm diese Lösung ganz recht, und Lina war es auch lieber, wenn kein
Aufhebens um die Sache gemacht wurde. Ruhig sagte er: "Falls er
irgendwelche Probleme bekommt, gesundheitlich meine ich, und irgendwelche
Behandlungen braucht, die er nicht zahlen kann …", doch Lina winkte ab.
    "Vergiss es. Der wird von dir kein Geld nehmen."
    Max nickte erneut. Nach einer Weile sagte er: "Und du?
Wirst du deswegen Ärger bekommen?"
    Lina zuckte die Achseln und wandte den Blick ab und sah aus
dem Beifahrerfenster. "Nicht mehr als ohnehin schon." Sie fuhren eine
ganze Weile schweigend. Es war noch hell draußen, obwohl es bereits nach acht
Uhr war.
    "Marcel ist nicht der erste Junge, den du zu diesem Lutz
gebracht hast, oder?"
    "Wie kommst du darauf?"
    "Du

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