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Mordswald - Hamburgkrimi

Mordswald - Hamburgkrimi

Titel: Mordswald - Hamburgkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. C. Poets
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Schulen waren da, aus
allen Bezirken. Die Schulsprecherin der Johannes-Brahms-Schule aus Blankenese
war eine arrogante Zicke, die ich auf Anhieb nicht ausstehen konnte." Sie
grinste schief. "Johanna Steinhagen. Sie war die Verkörperung meines
Feindbildes. Ich bin in Altona aufgewachsen, dem alten Arbeiterbezirk, in
meinem Kinderzimmer hing Rosa Luxemburg an der Wand und hat über meinen Schlaf
gewacht, meine Mutter hat mich schon mit drei Jahren auf Demos geschleppt, und
mit acht wusste ich, dass Kapitalismus Scheiße ist. Und dann saß da diese
reiche Tussi, mit der ich ganz gesittet über die Hamburger Schulpolitik
diskutieren sollte." Sie lachte auf. "Ich glaube, wir haben uns
während des gesamten Treffens nur angegiftet und alle anderen damit genervt.
Das Schlimmste aber war, dass wir nach und nach merkten, wie ähnlich wir uns
waren. Und nicht nur wir merkten es, allen anderen fiel es ebenfalls auf. Fast
wie beim doppelten Lottchen, obwohl wir nicht unbedingt als Zwillinge, aber auf
jeden Fall als Geschwister hätten durchgehen können." Sie nahm einen
Löffel von dem süßen Milchschaum. "Am Abend erzählte ich meiner Mutter
davon. Ich wollte es für einen dummen Zufall halten, aber mir gingen lauter so
blöde Ideen durch den Kopf wie, dass ich vielleicht nur adoptiert war, oder
dass mein Vater in London vielleicht auch mit der Mutter von dieser Johanna was
gehabt hatte, ich meine, bevor sie Meinhart Steinhagen geheiratet hat, und dass ich
vielleicht auf diese Weise meinen leiblichen Vater aufspüren könnte." Lina
seufzte und nippte an ihrem Kaffee. "Meine Mutter war nicht sonderlich
begeistert, als ich ihr von der seltsamen Begegnung erzählte, aber auch nicht
überrascht. 'Irgendwann musst du es ja ohnehin erfahren', sagte sie und teilte
mir mit, dass Meinhart Steinhagen mein Vater ist."
    Zuerst hatte sie es nicht geglaubt. Einer der reichsten
Hamburger, der Mann, dem unzählige Gebäude gehörten, die ihre Mutter und die
Freunde ihrer Mutter früher besetzt hatten, sollte ihr Vater sein? Der Mann,
der mit den wichtigsten Männern der Stadt und des ganzen Landes befreundet war,
dem man zutraute, im Sturm das Rathaus zu erobern, sollte er sich endlich
einmal entschließen, für das Amt des Bürgermeisters zu kandieren? Dieser Mann
sollte ihr Vater sein? Ihre Mutter hatte geseufzt. "Ich wusste es nicht,
als ich mich auf ihn einließ. Wir lernten uns bei der Stadtteilini kennen, und
da nannte er sich nur Marc." Das war sein zweiter Vorname, wie Lina
mittlerweile in Erfahrung gebracht hatte. Er fing an, mit Asta Svenson zu
flirten, sie landeten zusammen im Bett, und fünf Wochen später stellte Asta
fest, dass sie schwanger war. Marc hatte sie schon seit zwei Wochen nicht mehr
gesehen, niemand wusste, wo er steckte, niemand wusste, wie man ihn erreichen
konnte. Kurz darauf entdeckte jemand ein Bild des jungen Steinhagen in der
Zeitung, und die Sache war klar: Asta war auf ein reiches Kapitalistenschwein
reingefallen, das in der Stadtteilini lediglich spioniert hatte. Ihr war die
Sache unendlich peinlich, sie erzählte niemandem von ihrem kurzen
Techtelmechtel, von dem zum Glück keiner etwas mitbekommen hatte. Das Kind
wollte sie trotz allem behalten, zu keinem Zeitpunkt glaubte sie, es nicht
richtig lieben zu können, weil sein Vater war, was er war. Nach dem Kindsvater
gefragt, tat sie geheimnisvoll, in die Geburtsurkunde ließ sie "Vater
unbekannt" eintragen, obwohl Christian, den sie kurz vor Linas Geburt
kennenlernte, ihr anbot, auch ganz offiziell der Vater des Kindes zu werden.
    "Weiß Christian, wer mein Vater ist?", hatte Lina
ihre Mutter an jenem Abend gefragt, als sie die ganze Geschichte erfuhr.
Richtig glauben konnte sie es immer noch nicht, dazu hatte ihre Mutter den
angeblichen Vater aus London stets in allzu lebendigen Farben geschildert, vor
allem, wenn sie seinen Cockney-Akzent nachahmte, hatte Lina oft gemeint, ihren
Vater wie durch ein Medium zu sich sprechen zu hören. Asta hatte ihre Tochter
angesehen und den Kopf geschüttelt. "Es weiß niemand, außer dir und
mir."
    Doch ganz offensichtlich hatte die auffallende Ähnlichkeit
zwischen dem Mädchen aus gutem Hause und der frechen Rotzgöre auch andernorts
Fragen aufgeworfen. Kurz nach der Enthüllung ihrer Mutter erhielt Lina eines
Tages einen Anruf von Meinhart Steinhagen. Er habe herausgefunden, dass sie
seine Tochter sei, und würde sie gerne kennenlernen. Lina leugnete alles.
Sagte, sie habe einen Vater, Christian. Nannte Meinhart

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