Mordswiesn: Der fünfte Fall für Max Raintaler (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
gefahren. Schön war es gewesen, einfach nur schön. Seine Mutter hatte die Natur über alles geliebt. Jede noch so kleine Blume am Wegesrand hatte ihr spitze, nicht enden wollende Laute der Verzückung entlockt. Jeder Strauch, jede Wiese, jeder Baum und jeder Berg hatten ihre Aufmerksamkeit voll und ganz in Anspruch genommen. In ihrem karierten Rucksack hatte sie immer Leberwurstbrote und einen Apfel für jeden dabei gehabt. Die grobe Leberwurst von der Metzgerin ums Eck, die Max so gern mochte, und die grünen Äpfel mit dem festen sauren Fruchtfleisch, und kalten Zitronensaft für Max. Für Vater und sie hatte es in einer Thermoskanne heißen Kaffee gegeben.
»Ach ja, Mama und Papa. Ich hoffe, es geht euch gut da oben im Himmel oder wo immer ihr seid, und ich hoffe, ihr seid immer noch stolz auf euren Sohn«, murmelte er fast unhörbar vor sich hin. »Auch wenn er in Liebesdingen manchmal ein bisserl sehr unentschlossen ist.«
Aber wer auf dieser Welt war schon perfekt? Keiner. Da gab es die, die ab und zu einmal fremdgingen, weil sie es aus welchen Gründen auch immer brauchten. Aber ansonsten waren sie in Ordnung und jagten zum Beispiel Verbrecher, was nicht gerade das Schlechteste war, wenn man es genau betrachtete. Und dann gab es da eben noch ganz andere, wie gewissenlose Mörder zum Beispiel oder verlogene Politiker oder korrupte Beamte, die sich von jedem dahergelaufenen Deppen bestechen ließen – oder skrupellose Waffenhändler. Dagegen war doch ein Gelegenheitscasanova wie er rein gar nichts. Er war sich sicher, dass seine Eltern das verstehen würden und ihn trotz seiner Fehler liebten. Er würde sie jedenfalls immer lieben.
Sie bogen rechts ab auf die Lindauer Autobahn. Josef schob eine CD in den Player. ABBA – Greatest Hits.
»Hast du keine andere Musik, Josef? Auf ABBA habe ich gerade überhaupt keine Lust«, beschwerte sich Max, vor dessen geistigem Auge die Gesichter von Gerd Huber und seinem Diener Rüdiger auftauchten. Folgte ihnen der blaue Mercedes, der sie gerade überholte, nicht schon seit Thalkirchen? Blödsinn, da war doch vorhin ein Mann hinter dem Steuer gewesen. Jetzt saß eine Frau an seiner Stelle. Mit langen blonden Haaren. Also anderes Auto. Nur die Ruhe, Raintaler. Die Welt ist nicht ausschließlich voller Verbrecher. Obwohl man es manchmal meinen könnte.
»Was ist gegen ABBA einzuwenden?«, wollte Josef wissen.
»Im Prinzip nichts. Aber ich habe im Moment einfach keinen Bock drauf.« Er wollte wenigstens diesen einen Tag lang einmal nicht an seinen Mordfall denken, sondern einfach nur das herrliche bayrische Land und die hübsche Bellina aus Italien genießen.
»Na gut. Was willst du dann hören?«
»Egal. Alles außer ABBA. Und keinen von deinen Schlagern.«
»Aha. Na gut. Wie wäre es denn hiermit?« Josef legte eine andere CD ein und drehte lauter.
»Bob Marley!«, rief Max freudig überrascht. »Genial. Genau das Richtige bei dem schönen Wetter. Cool, Josef. Danke.«
»Ich mag Bob Marley auch«, meinte Bellina und lächelte Max verliebt an.
»Dann sind wir ja schon zwei«, antwortete er und streichelte seinem feschen Wiesnflirt zärtlich die Wange.
»Ach, Max«, stöhnte sie und zog ihn zu sich her, um ihn erneut zu küssen. »Hast du gestern noch weiter in deiner Mordsache ermittelt? Und wie geht es überhaupt deinem Arm?«, fragte sie, als sie sich wieder voneinander gelöst hatten.
»Der Arm tut noch weh. Aber es ist auszuhalten. In der Mordsache war ich noch bei Verdächtigen zu Hause und auf der Wiesn. Bin aber leider nicht recht viel weitergekommen.«
»Mein tapferer Held!« Sie strahlte ihn voller Bewunderung an.
»Na ja. Geht schon«, brummte Max verlegen und grinste geschmeichelt. »Aber lass uns über was anderes reden. Ich hab heute frei.«
»Gern«, erwiderte sie und erzählte von ihrem Zuhause in Venedig, der kleinen Zweizimmerwohnung nicht weit vom Markusplatz, ihrem Lieblingscafé und von ihrer Mutter.
In Füssen bogen sie Richtung Schwangau ab, von dort aus ging es dann direkt nach Hohenschwangau zum Besucherparkplatz der weltberühmten Burg des Märchenkönigs. Josef stellte das Auto im Schatten ab, und sie spazierten gemütlich zum Ticketshop.
»Sollen wir eine Führung durch das Innere mitmachen?«, fragte Max, bevor er ihre Eintrittskarten kaufte.
»Gern!«, riefen die beiden Schwestern wie aus einem Munde.
»Na gut.«
Er ließ sich vier Tickets geben und bezahlte. Dann machten sie sich auf den Weg.
»Seht doch nur, diese vielen
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