Mordswiesn: Der fünfte Fall für Max Raintaler (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)
am besten bald wieder, dachte er. Ich bin sowieso hundemüde. Außerdem muss ich morgen früh mit Josef und den Mädels in die Berge fahren. Da ist es bestimmt nicht das Dümmste, relativ nüchtern ins Bett zu gehen und ein paar Stunden zu schlafen.
»Natascha.« Iwan hielt ihm das Foto einer Blondine vor die Nase, die vom Aussehen her mit jedem Topmodel der Welt hätte mithalten können. Lange Haare und eine wahnwitzige Traumfigur, die wohl jeden Mann dieser Welt sofort betört hätte, vorausgesetzt, er stand auf Frauen.
»Sehr gut!«, lobte Max und nickte erneut mit dem Kopf.
»Ja. Sehr gut! Natascha!« Iwan grinste wie ein Honigkuchenpferd im Paradies und stieß gleich noch mal mit Max an.
»Natascha Moskau, Iwan München«, brummte er dann nachdenklich.
»Genau.«
»Weit.«
Iwan sah auf einmal gar nicht mehr so fröhlich aus. Er stierte nur noch betrübt auf das Foto seiner Freundin. Dabei stahlen sich ein paar Tränen in seine Augenwinkel.
»Natascha! Natinka«, jammerte er, drückte dabei das Foto an seine Brust und seufzte aus tiefstem Herzen. Dann umarmte er Max stürmisch und begann hemmungslos zu weinen.
Der Münchner Exkommissar wusste gar nicht, wie ihm geschah. Er bekam kaum noch Luft. Tröstend tätschelte er dem Russen den Rücken. Jetzt reicht es aber, dachte er währenddessen, das hier braucht wirklich keiner, Bierdurst hin, Bierdurst her. Er befreite sich aus Iwans inniger Umarmung und stand auf.
»Ich Toilette«, rief er.
»Ich Toilette«, erwiderte das russische Häuflein Elend vor ihm unter Tränen lächelnd und stand ebenfalls auf.
»Nein, ich Toilette, du Prost!«, ordnete Max an.
»Nix Prost. Iwan Toilette, Max Toilette. Sehr gut.«
»Nix gut. Ich andere Toilette.« Max zeigte in die Luft.
Iwan sah verwirrt zum Zeltdach hinauf.
»Max andere Toilette?«, erkundigte er sich mit großen Augen.
»Ja, andere Toilette. Servus.«
»Servus?« Iwan sah noch einmal zum Zeltdach hinauf, wohl in der Hoffnung, dort etwas zu entdecken, das ihn die neuen Begriffe ›andere Toilette‹ und ›Servus‹ verstehen ließ.
»Ja, Servus«, erklärte Max. »Bye, bye. Doswidanja.« Er hatte in der Schule einmal ein Jahr lang Russisch als Wahlfach gehabt, und was auf Wiedersehen hieß, wusste er zufällig noch.
»Doswidanja? Nix Prost?« Iwan sah seinen neuen bayrischen Freund und Trinkkumpanen fassungslos an. Seine Mundwinkel zuckten, und seine Augen füllten sich mit neuen Tränen.
»Ja, nix Prost. Max andere Toilette. Servus, Iwan. Mach’s gut. Doswidanja.« Max lächelte freundlich, ließ seine halbvolle Maß Maß sein, drehte sich um und strebte eilig dem Zeltausgang entgegen.
Iwan, der immer noch mit hängenden Schultern vor seinem Bier stand, blickte ihm traurig hinterher. Dann setzte er sich wieder und ließ sich von seinen Freunden herzen und trösten.
Als er am Wiesnausgang ankam, entschied sich Max dafür, zu Fuß nach Hause zu gehen. Die frische Nachtluft wird dir sicher guttun, nach all dem Trinken und Feiern der letzten Tage, sagte er sich.
20
»Raintaler! Wer spricht?« Max, der aufrecht im Bett saß und sein Handy, das ihn gerade aus den schönsten Träumen geweckt hatte, falsch herum hielt, wunderte sich, dass niemand sprach. »Raintaler!«, rief er noch mal ärgerlich. »Wer stört so früh am Tag?«
»Max, ich bin’s«, hörte er jetzt Monikas Stimme von sehr weit her. »Wegen dem versprochenen Lagebericht. Du weißt schon.«
Er nahm das Handy vom Ohr und überprüfte mit einem kurzen Blick, ob der Akku vielleicht schon leer war. Dann bemerkte er seinen Fehler und hielt die richtige Muschel an sein Ohr.
»Max? Bist du da?«
»Ja, Moni. Servus. Ich hatte das Handy verkehrt herum, saublöd. Bin gerade erst aufgewacht.« Er schüttelte den Kopf über seine eigene Dummheit.
»Was macht dein Arm?«
»Er macht’s noch. Tut halt weh. Und wie geht’s dir? Wie lief es mit euren US-Boys?« Er fuhr sich mit der freien Hand über seine schlaftrunkenen Augen. Herrschaftszeiten, immer diese Trinkerei, dachte er. Auf die Dauer konnte einen das Wiesnbier regelrecht auslaugen.
»Ach, ganz gut«, antwortete sie mit frischer fröhlicher Stimme. »Wir waren mit ihnen im Haus der Kunst und in der neuen Pinakothek. Danach haben wir ihnen noch die Asamkirche und die Frauenkirche gezeigt, und die Oper und so weiter.«
»Das volle Programm also. Haben die denn gar keinen Durst gehabt? Zwei junge US-Boys zur Wiesnzeit in München und gehen nur in Kirchen und Museen? Sind das etwa
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