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Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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gab ihr die Flasche zurück.
    »Atme tief durch«, sagte sie zu ihm, als er aufspringen wollte, um nach den Pferden zu sehen. Eine solche Geduld sah ihr gar nicht ähnlich. Er bemerkte die Konzentration in ihrem Blick, der auf etwas anderes gerichtet war, und schaute ebenfalls zu den Halblingen hinüber.
    Er beobachtete Kithan, der mit zitternden Händen ein besticktes Tuch aus der Tasche zog und daraus einen weißen Gegenstand nahm, den er sich in den Mund steckte.
    Einen Augenblick lang beugte sich Kithan vor, den Kopf in die Hände gestützt, das Haar ein weißer Vorhang vor dem Gesicht; dann warf er mit einer anmutigen Bewegung den Kopf zurück und steckte das Taschentuch zurück.
    »Akil«,
murmelte Morgaine vor sich hin.
    »Liyo?«
    »Eine Unsitte, die offenbar nicht auf die Sümpfe beschränkt ist. Ein anderes Handelsobjekt, würde ich sagen ... die weitere Rache der Sumpfländer an Ohtij-in. Er dürfte in den nächsten Stunden friedlich und aufgeschlossen sein.«
    Vanye beobachtete den Lord der Halblinge, dessen Bewegungen bald jene fließendgelöste Lässigkeit annahmen, die er schon in der Burg bemerkt hatte, ein vages Abrücken von der Welt. Hier sah er Bydarras echten Sohn, seinen
qujalin-
Sohn, den Erben, den der alte Lord Hetharu sicher vorgezogen hatte; doch Kithan hatte für anderes gesorgt, für eine stumme Abdankung, nicht nur von dem Schutz, den er seinem Vater und seinem Haus hätte bieten können, sondern von allem anderen, was ihn umgab. Vanye betrachtete den Mann angewidert.
    Plötzlich fiel ihm ein, daß Kithan am Abend zuvor nicht nach dem Mittel gegriffen hatte, als ein Mob vor seinen Augen Angehörige ermordete; am vergangenen Abend nicht und auch nicht vorher; Vanye vermutete, daß Kithan bis zu der Stunde darauf verzichtet hatte, da Bydarra ermordet wurde, als er seinem Bruder Ehrerbietung bezeigen mußte, stolpernd, taumelnd beim Aufrichten; nach Hetharus Abritt aus Ohtij-in war er sofort wieder munter geworden, als wäre er in eine andere Haut geschlüpft.
    Das
akil
war nicht wegzuleugnen, doch es war zugleich eine angemessene Pose, eine Hilfe bei der Tarnung und beim Überleben: Vanye verstand die Intrigen, die eine in sich zerstrittene Familie erleben mußte. Vielleicht war es überhaupt nur aus Langeweile dazu gekommen und in der Enge und verkommenen Atmosphäre von Ohtij-in.
    Ich habe geträumt,
hatte Jhirun geschluchzt, die weiter vorausschaute als bis zum Abend und unerträglich fand, was sie sah. Sie war voller Hoffnung nach Shiuan geflohen; für den Shiua-Lord gab es keine weitere Zuflucht.
    Vanye starrte ihn an, versuchte die Ruhe zu durchdringen, die ihn isolierte, versuchte zu erkennen, wieviel davon der Mensch und wieviel das
akil
war — und welches Element in jener Nacht in seiner Zelle gestanden hatte, nüchtern seine Ermordung planend, um Hetharu zu ärgern; zweifellos war ein langwieriger, schmerzhafter Tod für ihn vorgesehen.
    Und Morgaine nahm sie auf, Kithan und seine Männer, die keinen Grund hatten, auf ihr Wohl bedacht zu sein: sie versorgte sie, während der Halbling-Lord in seine Träume floh: Vanye ärgerte sich darüber, schon ihre Gesellschaft machte ihn nervös.
    »Diese Straße«, sagte Morgaine plötzlich und wandte sich an Kithan, »führt auf direktem Weg nach Abarais.«
    Kithan nickte lässig mit dem Kopf.
    »Es gibt keine andere«, fuhr Morgaine fort, »die vielleicht in euren Büchern nicht eingezeichnet steht.«
    »Keine, die von Pferden benutzt werden könnte«, antwortete Kithan. »Die Berge sind zerklüftet, voller steiler Geröllhänge und dergleichen, außerdem gibt es Schluchten und Seen. Für Leute, die nicht zu Fuß sind, gibt es nur diesen Weg, und auf dem anderen kommt man nicht schneller voran als hier. Um den Abschaum hinter uns brauchst du dir keine Sorgen zu machen«, fügte er mit halb geschlossenen Augen und amüsiert lächelnd hinzu, »aber ihr habt den wahren Lord von Ohtij-in vor euch, mit dem Hauptteil unserer Streitmacht, zu Pferde und bewaffnet, ein weniger leichtes Ziel, als ich es in Ohtij-in war. Diese Truppe mag dir noch Ungemach bereiten.«
    »Das ist gewiß«, sagte Morgaine.
    Kithan lächelte und stemmte die Ellbogen auf den Felsvorsprung hinter sich; seine hellen Augen richteten sich mit der gewohnten Entrückung auf sie, ein nicht zu enträtselnder Blick. Die Männer in Kithans Gesellschaft ähnelten sich wie Brüder, das bleiche Haar im Nacken zusammengerafft, das gleiche Profil, Männer mit dunklen Augen, in

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