Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan
Fliesen und kamen klirrend zum Stillstand.
Jhirun drehte sich um und blickte die anderen an, ehrfürchtige Frauengesichter überall im Raum, Frauen und Kinder, Jungen, die noch zu klein waren, um mit den Männern loszuziehen, Cil und Tante Jinel und Tante Zai; doch außer Großvater Kein war kein Mann anwesend.
Sie warf ihm einen angstvollen Blick zu in der Sorge, daß ihr Großvater zur Abwechslung keine Lösung wissen werde.
Azael-
Äste und Angharans weiße Federn hingen an den Türen von Haus und Stall, vor den Fenstern beider Stockwerke, wo immer sich ein Zugang in das Gebäude bot. Sie machten Witze darüber, erneuerten sie aber jährlich, sie, die die Toten beraubten; es gab eben Gesetze, und es galt als selbstverständlich, daß die Toten sich danach richteten.
»Das Signal!« sagte der Großvater keuchend; seine Hände zitterten stärker als sonst, als er die Frauen zu den Treppen scheuchte. »Zai, geh los! Das ganze Haus nach oben! Versteckt euch.«
Die rundliche Zai machte kehrt und floh zu den Ställen an der Westtür, zum Turm — sie mußte sich um die Signallichter kümmern. Die anderen begannen die erschrockenen Kinder zur Bodentreppe zu treiben. Einige weinten. Die Hunde bellten zornig; sie waren nutzlos im Hof eingeschlossen.
Die alte Jinel blieb; ihr spitzes Gesicht war entschlossen; Cil blieb ebenfalls, im dicken Bauch das dritte Kind, die anderen Kinder an den Röcken. Cil nahm ihren warmen braunen Schal ab, warf ihn Jhirun um die Schultern und drückte sie an sich. Jhirun erwiderte den Druck der Arme und hätte sich beinahe in Tränen geflüchtet.
Von draußen tönte Hufschlag auf Pflastersteinen, hin und her vor der Tür, hin und her, zum Fenster. An den Fensterläden wurde gerüttelt, dann war es still.
Eine lange Zeit war nichts zu hören außer dem Klappern des Geschirrs und dem Atem des Tiers vor dem Fenster.
»Ein Ohtija-Geächteter?« fragte Großvater und blickte Jhirun an. »Wo hat er deine Spur aufgenommen?«
»Da draußen«, brachte sie heraus und mußte sich zusammennehmen, um nicht laut mit den Zähnen zu klappern. Sie versuchte eine Erklärung zu formulieren.
»Geht!« sagte Großvater. »Beeilt euch! Nehmt die Kinder mit nach oben!«
»Beeilt euch!« sprach Jhirun ihm nach und drängte Cil zurück, die sich an sie klammerte und zum Mitgehen bewegen wollte. Aber so zerbrechlich wie er war, durfte sie den Großvater nicht allein lassen. Jinel blieb ebenfalls. Cil floh mit ihren Kindern zur Treppe.
Das Hämmern an der Tür gewann nun einen besonderen Rhythmus, und mit der Schneide einer Axt brach plötzlich weißes Holz durch die Füllung. Jhirun spürte, wie der Großvater den Arm um sie legte, klammerte sich zitternd an ihn und sah zu, wie die Tür zerstört wurde. Sie war nicht auf einen Angriff angelegt; noch kein Geächteter hatte die Feste attackiert.
Eine ganze Planke brach heraus; die Tür hing schief in den Angeln, und der gepanzerte Arm eines Mannes griff hindurch und versuchte den Riegel anzuheben.
»Nein!« rief Jhirun, löste sich von ihrem Großvater und lief los, um das große Schlachtermesser aus der Küche zu holen; ihr einziges Denken war auf eine wirksame Verteidigung gerichtet; doch hinter ihr ertönte ein Krachen: der Riegelbalken fiel zu Boden. Aus dem Lauf heraus fuhr sie herum und sah die Tür aufspringen.
Im Regen stand der Kriegerkönig. Er hatte eine Axt in der Hand und trug einen Bogen auf dem Rücken, der Griff eines Schwerts ragte ihm über die Schulter. Der Regen rauschte schräg herab und gab seinem Gesicht ein leichenhaftes Aussehen. Er stand vor der Schwelle, das schwarze Pferd im Rücken, und blickte sich im Zimmer um, als suche er etwas.
»Nimm das Geld!« sagte der Großvater, seine alte Stimme klang so streng wie früher, wenn er als Priester vor dem Altar gestanden hatte; doch der Fremde schien sich dafür nicht zu interessieren. Er griff nach den Zügeln und führte das große Tier, ein Pferd, wie es seit dem Deichbruch in Hiuaj nicht mehr gesehen worden war. Es scheute vor der fremden Türöffnung zurück und kam dann doch halb im Trab herein, und seine Kehrseite schwang herum und brach die zerstörte Tür endgültig aus dem Rahmen. Ein goldener Kelch wurde unter den Hufen zerdrückt, verächtlich zertreten wie ein wertloser Stein.
Niemand bewegte sich, und der Krieger näherte sich den anderen auch nicht weiter. Er ragte in der Mitte des kleinen Raumes auf und blickte sich um, und von dem Pferd tropfte dreckiges Wasser auf
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