Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan

Titel: Morgaine 2 - Der Quell von Shiuan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
Vom Netzwerk:
diesem Ort ein langer Abschied paßt.«
    Draußen brandete ein Schrei auf. Sie drehte sich um, stürzte sich auf die Fensterbank und starrte in den Hof hinab. »Sie haben ihn«, sagte sie leise.
    »Wir wollen reiten,
liyo.
Laß uns von hier verschwinden, solange noch Zeit ist.«
    Sie wandte sich ein zweitesmal in seine Richtung, und in ihren Augen stand ein seltsamer Ausdruck: Zweifel. Panik stieg in ihm auf. In einer Hinsicht hatte er sie belogen, und diese Lüge nahm nun an Gewalt zu, bedrohte den Frieden, der zwischen ihnen gewachsen war.
    »Ich finde, daß es nicht klug von uns wäre«, sagte sie, »im Saal an ihnen vorbeizuhasten. Sie bringen ihn in die Burg. Zweifellos wollen sie hierher. So kurze Zeit bist du aus meinen Augen, Vanye, und bringst mir solche Schwierigkeiten ... War es ein zufälliges Zusammentreffen?«
    Er atmete ein, stieß die Luft schnell wieder aus. »Ich schwöre es dir! Hör mir zu. Lord Kithan könnte Dinge äußern, die nicht ausgesprochen werden dürfen, nicht vor deinen Männern. Verhöre ihn nicht. Laß ihn schnell beseitigen.«
    »Was sollte ich ihn nicht fragen?«
    Er spürte die scharfe Note in dieser Frage und schüttelte den Kopf. »Nein,
liyo,
hör auf mich! Wenn du nicht willst, daß Rohs Äußerungen überall in Ohtij-in bekannt werden, mußt du dieser Sache aus dem Weg gehen. Es könnten Fragen zur Sprache kommen, die du lieber nicht gestellt haben möchtest. Unten am Korridor sitzt ein Priester ... und Shiua draußen im Hof, und die Dienstboten und mancher
qujal
mag noch am Leben sein ... sie würden Fragen stellen, wenn sie mit dem Leben abgeschlossen haben. Kithan nützt dir gar nichts. Nichts, was er sagen kann, würde dich interessieren.«
    »War es wirklich eine Zufallsbegegnung, Vanye?«
    »Ja!« rief er in einem Ton, der die anschließende Stille um so tiefer wirken ließ.
    »Das mag schon alles sein«, sagte sie nach kurzem Schweigen. »Aber wenn du recht hast, dann wäre es gut zu wissen, was er bereits gesagt hat.«
    »Bist du bereit, sofort abzureiten?« fragte er.
    »Ja«, antwortete sie und deutete auf den Kamin, wo sie ihre Besitztümer säuberlich aufgehäuft hatte; er verfügte über keine.
    Im Flur gab es Bewegung. Bald erreichte der Lärm die Tür des Saals — brüllende Stimmen, schwere Schritte, die schnell näher kamen.
    Eine schwere Hand klopfte an die Tür. »Lady?« fragte jemand von draußen.
    »Laß sie herein«, befahl Morgaine.
    Vanye öffnete, und mit der anderen Hand hielt er das Langschwert: ein Daumenschnicken würde die Scheide von der Klinge fliegen lassen.
    Männer drängten sich vor der Tür, einige Sumpfbewohner, doch vordringlich narbige Barrower, Fwar mit seinen Angehörigen. Vanye erblickte das mürrische Gesicht mit einem Gefühl absoluter Kälte und trat zurück, weil Morgaine es ihm befohlen hatte, weil sie zu ihr gehörten — gewalttätige Männer, ganz im Gegensatz zu den Menschen aus Aren; bei dem Anblick dieser Kämpfer, die in Ohtij-in das meiste Blut vergossen hatten, sagte sich Vanye, daß sie wohl Spaß daran haben würden, sollten weitere Morde angeordnet werden.
    Und aus ihrer Mitte stießen sie die geschundene Gestalt des
qujal-
Lords, dünn und zerbrechlich wirkend in ihren rauhen Händen. Blut befleckte das seidene Bruststück von Kithans Brokatjacke, und das weiße Haar fiel wirr und verfilzt herab, besudelt von Blut aus einem Schnitt an der Stirn.
    Fwar stieß den betäubten Halbling zu Boden. Morgaine setzte sich in einen Stuhl und lehnte sich zurück,
Wechselbalg
unter der Hand auf den Knien balancierend; gelassen sah sie zu, wie der frühere Lord von Ohtij-in aufzustehen versuchte, während die Männer ihn immer wieder zu Boden stießen. Vanye begab sich an den ihm zustehenden Platz an Morgaines Schulter und sah dort die Kraft in den grauen Augen des
qujals,
Augen, aus denen die Träume gewichen waren und Erregung und Haß Platz gemacht hatten.
    »Er ist Kithan«, meldete Fwar, und seine frisch vernarbten Lippen lächelten.
    »Laß ihn aufstehen!« sagte Morgaine; und so groß war der Haß in Kithan, daß Vanye das Schwert vorstreckte, um ihn zur Vorsicht anzuhalten; doch der gefangene Halbling besaß Verstand genug. Er stolperte hoch und neigte leicht den Kopf — ein Eingehen auf die Realität des Augenblicks.
    »Ich werde dich zu den anderen stecken müssen«, sagte Morgaine leise. »Es haben mehrere Angehörige deines Volkes überlebt, in den höheren Etagen des Turms.«
    »Wozu?« fragte Kithan mit einem

Weitere Kostenlose Bücher