Morgen letzter Tag!
chemischen Umwandlungsprozess, der bei anderen » organischen« Stoffen dafür sorgt, dass diese sich alsbald wieder in den großen Kreislauf des Werdens einsortieren. Plastik aber braucht mehrere Jahrhunderte, um wieder in seine Bestandteile zu zufallen. Besonders viel Plastikmüll findet man in den großen Ozeanen in sogenannten Plastikstrudeln, in denen der Müll aufgrund von Strömung stark konzentriert wird. Der Müllteppich, der sich im Nordpazifik zwischen Hawaii und den USA befindet, hat mittlerweile etwa die Größe von Mitteleuropa erreicht. Und freilich wächst das Gebiet jeden Tag. Der Plastikmüll wird dort durch die Wasserbewegungen zu feinem Granulat zermalen, das die Fische für Plankton halten, es fressen und dann beim Fressen verhungern. Das ist schlecht, denn immerhin ernähren sich Hunderte von Millionen Menschen von Fisch. Bräche hier tatsächlich durch Müllfütterung, Vergiftung und Überfischung der Nachschub zusammen, dann müssten diese Millionen sich nach neuen Nahrungsquellen umsehen. Das wiederum würde die derzeitige Völkerwanderung, die jetzt schon die größte aller Zeiten ist, noch verstärken und zur allergrößten aller Zeiten machen. Freilich freuen wir uns oft über Rekorde, aber eben nicht immer.
Weil ja die Menschen nicht nur aus ihren Ländern auswandern, sondern lästigerweise in der Folge in andere Länder einwandern. In den Einwanderungsländern lebt man also in ständiger Furcht vor Überfremdung. Und das, obgleich man die » Fremden« auch als billige Arbeitskräfte unbedingt braucht.
Der holländische Rechtspopulist Geert Wilders sprach im Zuge seiner Beliebtheitsmehrung einmal von einem » Tsunami der Überfremdung«, der über sein von schlimmer Überflutungsangst gebeuteltes Heimatland hereinbräche. Holland befindet sich ja unterhalb des Meeresspiegels. Wobei eben anzumerken ist, dass ein Tsunami den meisten Schaden anrichtet, wenn sich das Wasser zurückzieht! Aber als er sich dieses Sprachbilds bediente, hatte Herr Wilders bestimmt nicht eigentlich sagen wollen, dass in überalterten Gesellschaften die Immigration eine notwendige Bedingung des Überlebens darstelle und dass die Wirtschaft billige Arbeitssklaven aus dem Ausland notwendig brauche, um konkurrenzfähig zu sein. Obwohl er wiederum bestimmt über diese Tatsachen unterrichtet ist. Dennoch liegt er mit seinen politischen Forderungen im allgemeinen Trend. Europa soll sich abschotten. Und nicht nur Europa. Wir sind eine Welt der offenen Grenzen, aber nur für die, die es sich leisten können. Gegen die Armen schirmen wir uns mit Zäunen ab. Zäune zwischen den USA und Mexiko. Indien und Bangladesch. Der Türkei und Griechenland. Und so weiter. Diesen Zaunlösungen des Migrationsproblems ist ein allgemeines Missverständnis gemeinsam, das nur ungern aufgeklärt wird.
Auch Jean Ziegler schreibt in seinem Buch »Die neuen Herrscher der Welt« (München 2004): » Ein 3200 Kilometer langer Grenzstreifen, bestückt mit Wachttürmen, Stacheldrahtzäunen und unüberwindlichen (Hervorhebung: Christoph Süß) Hindernissen, trennt die USA von Mexiko. Nach amtlichen Angaben der amerikanischen Boarder Guards sind im Jahre 2001 an dieser Grenze 491 Menschen zu Tode gekommen.«
Jetzt fragen Sie sich vielleicht, was genau da das Missverständnis sein soll? Nun, das liegt im Wort » unüberwindlich«. Denn genau das sind all diese Zäune nicht. Da sterben zwar Menschen, aber noch viel mehr kommen jedes Jahr durch. Denken Sie hier auch an die Grenze, die Europa umfriedet, die ist weitestgehend zaunlos und wird von Frontex gesichert, funktioniert aber genauso. Auch hier sterben Menschen, wenn die Küstenwache gerade mal Pause hat und deswegen das ein oder andere Flüchtlingsboot im Mittelmeer oder im Atlantik nicht retten kann, mag, soll. Die Argumentation läuft meist dahingehend, dass man eben so lange Grenzen – wie zum Beispiel die zwischen den USA und Mexiko, aber für die anderen gilt das Gleiche – nicht sichern könne. Zu lang. Und das schluckt man auch einfach so. Dabei zeigt einem ein kurzer Blick in die Geschichtsbücher, dass bis zum Jahr 1989 eine Grenze mitten durch Europa ging, da kam keiner durch. Das geht also schon, aber es ist nicht gewollt. Denn man will auf die billigen Arbeitskräfte, die durch den Zaun schlüpfen, nicht verzichten. Die Tatsache jedoch, dass sie der Grenzübertritt zu Illegalen macht, hat einen entscheidenden Vorteil. Jetzt kann man sie, erstens, jederzeit zurückschicken, wenn sie
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