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Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung

Titel: Morgens um sieben ist die Welt noch in Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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vor, als sie es in Erinnerung hatten. Eigentlich nicht der richtige Rahmen für einen berühmten Schriftsteller und seine charmante, allseits beliebte Gattin. Sie gingen ins Wohnzimmer. Und dort schmolz ihre Euphorie.
    Opa war noch auf und erwartete sie. Und wenn Opa um diese nachtschlafende Zeit noch auf war, konnte das nur Unheil bedeuten. Das und der Ausdruck von Opas Gesicht.
    «Vater», rief Jocelyn. «Warum bist du noch auf?»
    Opa sagte: «Setzt euch, alle beide. Ich habe euch etwas zu sagen. Nicht, was du denkst, May. Gaylord ist heil und gesund. Es ist nur...»
    «Was?» fragte Mummi und tastete nach einem Stuhl, ohne den alten Herrn aus den Augen zu lassen.
    «Miss Marston, seine Lehrerin, war hier, um mit euch zu sprechen. Sie hat Gaylord erwischt, wie er aus dem Pult eines Jungen etwas gestohlen hat.»
    «Das glaube ich nicht», sagte Paps schließlich.
    «Ich auch nicht», sagte Opa. «Andererseits haben wir die Aussage einer relativ intelligenten Frau und Gaylords Geständnis dazu.»
    «Gaylord hat es zugegeben?»
    «Er hat es mir selbst gesagt.»
    Mummi saß schweigend da, während ihr ein Dutzend Vorstellungen und Erinnerungen durch den Kopf gingen. Dann sagte sie: «Willie. Es muß etwas mit Willie zu tun haben.»
    «Das kann nicht sein, Schatz. Willie geht doch gar nicht in die Schule.»
    «Es hat aber was mit Willie zu tun, Jocelyn. Das fühle ich. Was hat er denn... genommen, Schwiegervater?»
    «Einen gläsernen Briefbeschwerer.»
    «Was?-».,
    Opa war von der Wirkung seiner Worte überrascht. «Was ist denn daran so bemerkenswert?»
    Mummi sagte: «Das spielt jetzt keine Rolle. Was ist nun wirklich passiert, Schwiegervater? Wir müssen alles von Anfang an hören.»
    Er berichtete. Sie schwiegen. Dann sagte Paps: «Mir ist es gleichgültig, was die Leute sagen. Gaylord ist kein Dieb.»
    Mummi sagte: «Jocelyn, wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Nach dem, was geschehen ist, ist er ein Dieb. Auch wenn er unser Sohn ist.»
    «Na gut. Aber irgendwie hat man ihn dazu getrieben.»
    «Da pflichte ich dir allerdings bei.»
    Opa erhob sich. «Längst Schlafenszeit für mich. Gute Nacht, ihr beiden.»
    May stand auf und küßte ihn, was ihn offensichtlich entzückte. «Gute Nacht, Schwiegervater. Es tut mir leid, daß du in diese Sache mit hineingezogen wirst.»
    «Gute Nacht, meine Liebe. Gute Nacht, Jocelyn.» Er zögerte. «Wenn ihr die Meinung eines alten Mannes hören wollt - an der euch wahrscheinlich gar nichts liegt Ich halte Gaylord nicht für kriminell.»
    «Danke, Vater», sagte Jocelyn. Er öffnete dem alten Herrn die Tür, schloß sie wieder hinter ihm, kam zurück und ergriff die Hände seiner Frau. «Armer alter Gaylord», sagte er.
    «Ja. Armes Kerlchen.» Doch ihr praktischer Verstand war dem ihres Mannes bereits weit voraus. «Heute abend können wir ja doch nichts mehr tun. Aber ich glaube, es ist besser, wenn er morgen zu Hause bleibt und wir versuchen, der Sache auf den Grund zu gehen.»
    «Ja», sagte er. «Ein Briefbeschwerer. Er wünschte sich zu Weihnachten einen. Wir haben ihm einen gekauft. Er zeigte überhaupt kein Interesse dafür. Und jetzt hat er einen gestohlen.»
    «Willie», sagte sie. «Was könnte Willie mit einem Briefbeschwerer zu tun haben... was kann da nur für eine Verbindung sein?»
    «Ich kann mir nicht vorstellen, daß es da eine gibt», sagte er. «Aber sollte wirklich eine Verbindung bestehen, dann kann nur Gaylord uns etwas darüber sagen.»
    Sie gingen zu Bett und beschlossen, alles dem Morgen zu überlassen. Aber die ganze Nacht über beschäftigte sie diese Geschichte, unabhängig voneinander. Gaylord, ein Dieb. Gaylord, ihr Sohn, der bei einem der niederträchtigsten Vergehen ertappt worden war. Lange vor Morgengrauen besuchte Mummi ihn im Gefängnis in Brixton, wo er bereits seine fünfte Strafe zu verbüßen hatte. Aber Paps, mit der ungebundeneren Phantasie eines Schriftstellers, sah ihn bereits in der Todeszelle; und das Innenministerium hatte gerade ein Gnadengesuch abgelehnt, als der Wecker klingelte.
     

14
     
    Als einziger von allen Betroffenen hatte Gaylord wie ein Murmeltier geschlafen. Er wachte erfrischt und guten Mutes auf. Er würde schon klarkommen.
    Mummi würde natürlich keine Ruhe geben. Aber dagegen stand die Gewißheit, daß sein Bericht bemerkenswertes Interesse auslösen würde, und die sehr verlockende Aussicht, in Zukunft den Schulweg in einem Polizeiauto mit Blaulicht zurückzulegen. Er hörte den Wecker bei seinen

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