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Morland 02 - Die Blume des Bösen

Titel: Morland 02 - Die Blume des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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begierig.
    Mersbeck zog seine Uhr aus der Westentasche. »In einer Stunde ist ein hochinteressantes Experiment zum Delatour-Magnetismus geplant. Wenn Sie möchten, können Sie zugegen sein.«
    Haxbys Gesicht begann zu leuchten, und das war nicht nur auf den Genuss des schweren Weines zurückzuführen. »Oh, nichts würde ich lieber tun.«
    »Wie schön, dass ich Ihnen damit eine Freude machenkann. Ich glaube, es wird eine Veranstaltung, die Sie Ihr Lebtag nicht vergessen werden«, sagte Mersbeck und prostete seinem Gegenüber zu.
     
    Eigentlich gehörte die große Halle, in der die Experimente zur Delatour-Kraft unternommen wurden, nicht zu Mersbecks bevorzugten Orten dieser Station. Er wusste nicht, woran es lag, vielleicht an dem höllischen Geräuschpegel oder dem strengen Geruch nach Ozon. Die Halle, die beinahe die Ausmaße eines Luftschiffhangars hatte, war vollgestopft mit höchst beängstigenden Apparaturen, die aussahen wie mechanische Kraken und Kugelmonster, die tat sächlich Feuer spucken konnten. Man musste aufpassen, wohin man trat, denn überall schlängelten sich armdicke Kabel auf dem Boden, die die Ungeheuer mit Energie versorgten. Irgendetwas lag in der Luft, was Mersbeck kalte Schauer den Rücken hinabjagte. Etwas, was ziemlich unberechenbar war und unsichtbare Zähne hatte. Dennoch durfte die Angst nicht die Oberhand gewinnen, denn auch wenn es ihm gelang, die meiste Zeit über seinen Geist abzuschirmen, gab es Momente der Unachtsamkeit, der mangelnden Konzentration, die das Kollektiv nutzte, um Einblicke in seine gut behütete Gedankenwelt zu nehmen. Und das durfte er auf keinen Fall zulassen. Je weniger das Kollektiv über ihn wusste, desto sicherer war sein Leben. Also setzte er sein breitestes Lächeln auf, als er Gustav Haxby dem Leiter der Versuchseinrichtung vorstellte, ein hagerer Mann mit mächtigem Bart und dicker Brille, der seine Hände wie Mersbeck in den Taschen eines weißen Kittels vergraben hatte.
    »Mein lieber Wissdorn! Darf ich Sie mit Gustav Haxby bekannt machen, Leiter der Station 6? Gustav, das ist Frederik Wissdorn, unser Experte für Delatour-Dynamik.«
    »Sehr angenehm«, sagte Haxby und streckte seine Hand aus.
    Wissdorn lachte grimmig und ließ die Hände in den Taschen seines Laborkittels. »Die würde ich an Ihrer Stelle ganz schnell wegpacken. Hier steht alles unter Strom. Wenn Sie stolpern und sich dabei abstützen, sind Sie innerhalb von Sekunden nur noch ein Häufchen Asche.«
    »Oh«, machte Haxby und steckte seine Hände hastig in die Hosentaschen.
    »Dennoch freue ich mich über jeden Besuch. Station 6, sagten Sie? Biologie?«
    »Geologie.«
    »Ah«, sagte Wissdorn nur, als sei Haxby nur einer unter vielen, die seine Arbeit nicht verstehen würden, so sehr dieser sich auch anstrengte, sie zu erklären. Mersbeck kannte den Mann nicht sonderlich gut. Er war kein Mensch, dessen Nähe er suchte, dazu war Wissdorn zu besessen von seiner Arbeit. Das konnte man an seinen Händen sehen, die über und über mit Brandnarben bedeckt waren, wie Mersbeck jedes Mal schaudernd bemerkte. Auf den Trick mit den Taschen war er offenbar aus leidvoller Erfahrung gekommen.
    »Was möchten Sie wissen?«, fragte er Wissdorn.
    »Ich möchte verstehen, wie die Delatour-Kraft funktioniert«, sagte Haxby begierig.
    Wissdorn schnaubte. »Delatour! Delatour war ein Schwachkopf, der lediglich das nur allzu Offensichtlicheerkannt hat. Jeder Physikstudent im Erstsemester könnte das. Diese Energie Delatour-Kraft zu nennen, ist vollkommen unangebracht.«
    »Welchen Namen haben Sie ihr gegeben?«
    »Elektrizität«, sagte Wissdorn.
    Haxby legte den Kopf schief, als habe er nicht richtig gehört.
    »Elektron ist ein anderes Wort für Bernstein. Tatsächlich handelt es sich hierbei um ein fossiles Harz. Mit ihm wurden die ersten Experimente mit Energieladungen dieser Art vorgenommen.«
    »Ein anderes Wort für Bernstein?«, fragte Haxby. »Aus welcher Sprache?«
    Wissdorn wollte diese Frage schon beantworten, als ihm Mersbeck hastig ins Wort fiel.
    »Ich denke, unser Kollege hat kein Interesse an historischer Linguistik. Erzählen Sie uns lieber, woran Sie gerade arbeiten.« Er warf Wissdorn einen warnenden Blick zu, den dieser mit einem Schulterzucken quittierte.
    »Also gut«, sagte Wissdorn. »Unser großes Thema ist zurzeit Elektromagnetismus. Sie haben doch bestimmt Bekanntschaft mit unserem Fernsprecher gemacht, nicht wahr?«
    »Ein Wunderwerk, wie ich zugeben muss.«
    »Dann wird Ihnen

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