Morpheus #2
ist eine Botschaft.»
«Das war, um ihm das Maul zu stopfen», meinte Nicholsby und klaubte die letzte Zigarette aus seinem Newport-Päckchen heraus.
Dann wurde die Tür des Vans der Gerichtsmedizin von Miami-Dade County zugeschlagen, und die Menge der blinkenden Streifenwagen teilte sich lautlos, um den Leichenwagen vorbeizulassen.
ELF
Der süßliche Geruch des Todes dringt bis ins feinste Gewebe, und kein Waschpulver, keine Seife, kein chemisches Reinigungsmittel kann das Klei-dungsstück je wieder davon befreien. Genauso wenig lässt sich der Geruch, einmal wahrgenommen, je wieder aus der Erinnerung löschen. Vielleicht war es eine psychosomatische Reaktion – ein Phan-tomgeruch, der sich für immer an einen bestimmten Anblick heftete. Doch egal, was es war, C. J. hatte aus Erfahrung gelernt, und so ließ sie die Plastiktüte mit der braunen Hose und der cremefarbenen Seidenbluse in den Müllschlucker auf dem Gang im elften Stock fallen und schlurfte zurück in ihre Wohnung.
Mit Wasser, Seife und einer gehörigen Portion
«Armschmalz» – wie es ihr Vater ausdrückte – ließ sich der Geruch zumindest von der Haut abschrub-ben. Dabei hatte ihr Vater ein gänzlich anderes Betätigungsfeld im Sinn gehabt, als er ihr die goldenen Worte mit auf den Weg gab – jedes Mal nämlich, wenn er sie beim Frühjahrsputz für die Fenster eingeteilt hatte, was sie mindestens drei Mai-Samstage gekostet hatte. Ihr fiel ein, dass sie vergessen hatte, ihre Mutter zurückzurufen. Sie nahm sich vor, ihren Eltern ein paar Zeilen zu schreiben. Sie würde ihrem Vater erzählen, dass sie an seine Putzorgien hatte denken müssen. Nur den Auslöser würde sie verschweigen.
Von Dominick lag ein Zettel auf den Küchentisch, und sie starrte die Nachricht einen Moment lang begriffsstutzig an. Sein Vorgesetzter vom FDLE hatte angerufen, und genau wie Dominick vorausgese-hen hatte, war diesmal jeder Einzelne gefragt. Ein Polizistenmörder. Wahrscheinlich waren sie und Dominick auf der I95 aneinander vorbeigefahren. Er auf dem Weg an die Front, während sie endlich nach Hause durfte, mit den versprochenen Bagels auf dem Beifahrersitz. Sie hatte so gehofft, er wäre noch da.
Auf der Küchentheke lag die Zeitung. Das Ereignis, das bald in aller Munde wäre, war noch nicht in den Schlagzeilen. Es hatte den Redaktionsschluss knapp verpasst. C. J. setzte sich an den Küchentisch und schenkte sich eine Tasse Kaffee ein. Tatorte waren nie leicht zu verdauen, doch dieser hatte sie besonders mitgenommen. Nicht nur, weil es um einen Polizisten ging, den sie flüchtig kannte, wie sie zu Marlon gesagt hatte.
So allein mit ihren Gedanken, schien ihr die Wohnung unangenehm ruhig. Sie griff nach dem Telefon, um ihre Eltern anzurufen, doch dann legte sie wieder auf. In Kalifornien war es nicht mal sieben. Sie würde noch mindestens eine Stunde warten müssen.
Victor Chavez. Der arrogante Frischling, der den übelsten Serienmörder in der jüngeren Geschichte der Vereinigten Staaten verhaftet hatte. Einen Mörder, dessen Vorgehen so barbarisch war, dass er sich den makabren Spitznamen Cupido eingehan-delt hatte. Vom Frühling 1999 an hatte er achtzehn Monate lang jungen Frauen aufgelauert, die in den hippen Clubs in South Beach ein und aus gingen.
Seine Opfer waren nicht nur jung, sie waren auch außergewöhnlich schön. Sie waren blond. Und ihnen allen hatte der blutrünstige Irre mit methodi-scher Präzision die Herzen aus dem Brustkorb geschnitten.
Eine routinemäßige Fahrzeugkontrolle, durchgeführt von Victor Chavez, hatte dem Morden schließlich ein Ende gesetzt und dem Killer endlich einen Namen und ein Gesicht gegeben: William Rupert Bantling. Er war ein erfolgreicher Geschäftsmann und sah mit seinen eisblauen Augen und den edlen, scharfgeschnittenen Gesichtszügen wahrlich nicht wie ein Monster aus. Doch die Leiche, die er in seinem Kofferraum transportierte, gab sein Geheimnis preis. Das zweiundzwanzigjährige Model Anna Prado war jung, blond, außergewöhnlich schön, und es hatte ein großes Loch im Brustkorb, als Officer Chavez vom MBPD und seine Freunde den Kofferraum des Jaguar öffneten.
Der scheinbar wasserdichte Fall landete auf C.
J.s Tisch, die zu jener Zeit stellvertretende Leiterin der Abteilung für Kapitalverbrechen war und seit über einem Jahr die Task-Force Cupido von Seiten der Staatsanwaltschaft unterstützte. Die anschlie-
ßende Hausdurchsuchung und die sorgfältigen Ermittlungen der Task-Force förderten immer
Weitere Kostenlose Bücher