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Morphogenesis

Morphogenesis

Titel: Morphogenesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Marrak
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ihrem Assistenten zog sie ihn schließlich wieder auf die Beine und reichte ihm ein schlichtes weißes Leinenhemd, auf dem in Höhe des Herzens der Schriftzug 2005KH3/22 eingestickt war. Kas Muskeln zitterten, doch er zwang sich, stehen zu bleiben und sich anzukleiden, aus Angst, dieses metallische Ding könnte erneut aus dem Rachen der Frau schnellen und sein Blut in Lava verwandeln. Die Schwester lächelte beifällig, während sie ihm beide Infusionen legte, dann richtete sie einen kleinen, goldenen Stift auf die gegenüberliegende Wand. Die bis dahin nüchtern-weiße Oberfläche geriet in opalisierenden Aufruhr, als zögen Ölschlieren über einen langsam rotierenden Wasserstrudel.
    »Seien Sie vorsichtig mit dem Infusionsständer«, mahnte die Schwester und führte Ka auf den schillernden Wirbel zu. Ka spürte keinerlei Widerstand, als er die Wand durchschritt, nur unangenehme Kälte und ein Kribbeln auf der Haut. Hinter der Passage glänzte die Umgebung abermals im Licht einer Weite, die keinen Horizont besaß. Alles lag in blühendstem Weiß, selbst Kas Kleidung leuchtete. Die Schwester, die nach ihm die Endlosigkeit betrat, strahlte unter ihrer Tracht wie ein Engel.
    Sie schritten durch die Helligkeit, bis ein kreisrunder Ausgang vor ihnen auftauchte. Im Näherkommen erkannte Ka, dass hinter der kurzen, von silbernen Metallwänden gebildeten Tunnelröhre eine Treppe in die Höhe führte. Ihre Stufen bestanden aus geradezu aufdringlich gelb und grün gestreiftem Kunststoff, der Treppenschacht hingegen aus schwach patiniertem Kupfer.
    »Hüten Sie sich davor, mit den Wänden in Berührung zu kommen«, warnte die Schwester. »Sie stehen unter Strom.«
    »Wohin führt die Treppe?«, fragte er.
    »Zur Wahrheit, Mister Ka.« Die Frau drängte ihn zum Treppenschacht. »Kommen Sie, gehen wir …«

 

     
     
    Um mich herum herrschte absolute Stille. Für einen Moment beschlich mich die Angst, der Aufprall habe meine Trommelfelle zum Platzen gebracht, gefolgt von der Erkenntnis, dass ein Sturz aus derartiger Höhe tödlich hätte enden müssen – bis ich die Hitze fühlte, die mich umgab, und den Schmerz, der meinen Brustkorb erfüllte. Mühsam öffnete ich die Augen, rang nach Luft, sog irgendetwas Heißes in mich hinein, das zäh war und schwer. Um mich herum herrschte eine Finsternis, wie ich sie nie zuvor erlebt hatte. In meiner Panik hielt ich die Augen weit aufgerissen. Nichts, durchfuhr es mich, konnte so vollkommen schwarz sein! Ich fing an, blindlings um mich zu schlagen, doch meine Bewegungen blieben träge. Mein Herz raste, Tausende panischer Gedanken jagten durch meinen Kopf. Ich schrie. Alle Angst und alles Grauen legte ich in diesen Schrei, der dennoch ungehört verklang.
    Dann war plötzlich das Licht da, fraß sich unbarmherzig grell durch meine Sehnerven und explodierte in meinem Hinterkopf. Ich erstarrte, dann schrie ich vor Schmerz, ohne dass ein einziger Ton aus meiner Kehle drang. Schwarzer Schleim schoss mir stattdessen aus dem Mund, während ich meine geblendeten Augen zu schützen versuchte. Tränen liefen mir über das Gesicht, vermengten sich mit der stinkenden dunklen Brühe, die ich erbrach. Meine Stimme drang als dumpfes, verzerrtes Echo an meine Ohren. Minutenlang kauerte ich auf der Stelle, bis der Schmerz vorüber war, dann fand ich den Mut, die Augen wieder einen Spalt weit zu öffnen.
    Erneut traf Licht meine Pupillen, doch es erschien längst nicht mehr so betäubend hell wie noch Augenblicke zuvor. Tränenverschleiert und unaufhörlich hustend nahm ich meine Umgebung wahr. Der Boden war schwarz und befand sich in ständiger Bewegung. Es blubberte und brodelte, kochte und qualmte, so weit das Auge reichte. Der Schlamm, den ich geatmet haben musste, stank nach Teer und war unangenehm heiß. Angewidert hustete ich die Reste der bitteren Substanz heraus. Der Aufschlag in diesen Pfuhl hätte mich zweifellos umbringen müssen – und falls nicht er, so hätte ich an dem schmierigen Morast, der meine Lungen gefüllt hatte, erstickt sein müssen. Warum ich dennoch am Leben war, wollte mir nicht einleuchten. Ich beschloss, erst wieder darüber nachzudenken, wenn ich festen Boden unter den Füßen hatte.
    Die Temperatur des Sumpfes lag an der Grenze des Erträglichen. Verharrte ich still, war die Hitze gerade noch auszuhalten, doch je hastiger ich mich bewegte, desto höher wurde die Fühltemperatur. Ich musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht bei jedem Schritt vor Schmerz

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