Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mortimer & Miss Molly

Mortimer & Miss Molly

Titel: Mortimer & Miss Molly Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Heinisch
Vom Netzwerk:
dieses Haus auch anspricht.
    Aha, dachte Julia, darauf willst du also hinaus. Hast hier irgendwo was Hübsches gemietet und willst mich damit ködern. Aber glaub ja nicht, du kannst mich so leicht herumkriegen. Nach all den Jahren! Das wäre ja noch schöner!
    Ich habe mir gedacht, sagte Marco, diese Gelegenheit muss man beim Schopf packen! Am liebsten hätte er gleich einen Vertrag unterschrieben. Es war allerdings, wie gesagt, Samstagnachmittag, und unter der Telefonnummer, die auf dem Vermietungsaviso gestanden sei, habe sich vorerst niemand gemeldet. So habe er sich also entschlossen, sich in einem der, verglichen mit dem Albergo des alten Fantini, recht komfortablen Hotels einzuquartieren, die es inzwischen hier gab, und bis Montag zu warten.
    So war das, sagte er. Damit war das Rumänien-Projekt gestorben. Aber der Gedanke, dass ihm, was jenes Haus betreffe, jemand zuvorkommen könnte, sei ihm unerträglich gewesen. Also sei er hiergeblieben, und am Montag habe er in der Agentur, die das Objekt vermietete, tatsächlich jemanden erreicht. Und sei hingegangen und habe sich über die Konditionen informiert und habe gleich eine Anzahlung geleistet, und eine halbe Stunde später habe er die Schlüssel in der Hand gehabt.
    Das muss ja ein ganz besonderes Haus sein, sagte Julia.
    Sì, davvero
, sagte Marco, ja, wirklich.
    Und wo ist es?, fragte Julia. Irgendwo draußen in der Gegend oder hier im
centro storico
?
    Pazienza
, sagte Marco, Geduld. Jetzt sollten wir einmal diesen guten Sekt austrinken.
    Er schenkte nach und hob aufs Neue sein Glas. Er lächelte. Er merkte, dass er sie jetzt doch recht neugierig gemacht hatte. Da saß dieser neue Marco, den sie zuvor fast nicht wiedererkannt hätte, und lächelte sein schalkhaftes Lächeln. Ein Lächeln, das sie nun doch sehr an den alten Marco erinnerte.
    Und jetzt muss ich aufpassen, dachte sie, damit ich nicht wieder auf ihn hineinfalle ... Denn so einfach darf das ja wohl nicht sein, dass ich mich jetzt mir nichts, dir nichts von ihm in irgendein Liebesnest locken lasse, und dort tun wir dann so, als wären wir einander nie abhandengekommen ... Und so attraktiv war er nicht mehr, auch wenn seine Augen, in denen dieses Lächeln begonnen hatte, die Augen, mit denen er sie jetzt fast unverschämt anschaute, beinah noch wie früher waren. Und die Augen, das hatte sie einmal irgendwo gelesen, seien zwar die Fenster der Seele, und das war eine schöne Idee, aber vom Drumherum konnte man trotzdem nicht ganz absehen.
    Und natürlich war sie auch nicht mehr die Julia von vor dreizehn Jahren, darüber machte sie sich keine Illusionen. Sie pflegte sich sorgfältig und mit angemessener Zuneigung zu ihrem eigenen Körper, aber manche Veränderungen ließen sich nicht aufhalten. Und doch hatte sie den Eindruck, dass sie noch um einiges besser aussah als er. Doch vielleicht war es unfair, so zu denken, schließlich war sie ja auch um einiges jünger.
    Wie dem auch sei. Sie durfte sich nicht durch irgendwelche Tricks beeindrucken lassen. Auch wenn sie, zugegeben, neugierig war. Und das nicht erst jetzt. Wäre sie nicht neugierig gewesen, so hätte sie auf seinen Anruf ganz anders reagiert. Wäre sie nicht neugierig gewesen, so würde sie ihm jetzt nicht vis-à-vis sitzen.
    Und was war das mit den neuen Nachrichten von Mortimer?, fragte sie. Du wirst mir doch nicht weismachen wollen, dass er jetzt, nach so vielen Jahren, auf unseren Brief von damals geantwortet hat!
    Geduld, wiederholte er lächelnd,
pazienza, Signora
! Gerade darüber könne er ihr in dem Haus, das er ihr nun gern zeigen würde, besser erzählen.
7
    Und dann gingen sie durch die Via Dante Richtung Piazza. Und dann gingen sie über die Piazza Richtung
giardino
. Und als ihr Marco in den
giardino
vorausging, dachte Julia vorerst, es sei nur der Erinnerung halber. Ein kleiner Umweg, den er nahm, um ihr zu zeigen, dass hier alles noch an seinem Platz war.
    Dass hier alles noch an seinem Platz war und dass es nach wie vor schön war. Die trapezförmigen Beete im Vordergrund, der Kreis in ihrer Mitte, wie das Zentrum einer Zielscheibe. Und im Hintergrund die Steineichen, die die Treppe säumen, die in den oberen Teil des Gartens führt. Und rechter Hand, in der Gartenmauer, die hier mit der Stadtmauer identisch ist, das schmale Haus mit seinem mit mattroten Ziegeln gedeckten Dach und dem Taubenturm.
    Sie waren kurz stehen geblieben, vielleicht damit sie dieses Bild auf sich wirken lassen, damit sie es mit dem Bild in ihrer

Weitere Kostenlose Bücher