Morton, Kate
als Erstes rufst du diese Nummer an.«
Mein
Gespräch mit Judith Waterman, Verlagsleiterin bei Pippin Books, war kurz und
nicht unfreundlich. »Ich will ganz offen sein«, sagte sie, als ich ihr
erklärte, wer ich war und warum ich anrief. »Wir hatten einen anderen Autor
beauftragt, das Vorwort zu schreiben, und wir waren sehr zufrieden mit ihm.
Aber die Töchter von Raymond Blythe waren nicht einverstanden. Die ganze Sache
gestaltet sich ziemlich kompliziert. Das Buch soll Anfang nächsten Jahres
herauskommen, wir stehen also unter Zeitdruck. Wir arbeiten seit Monaten an der
Jubiläumsausgabe. Unser Autor hatte bereits einige vorbereitende Gespräche
geführt und war mit seinem ersten Entwurf schon ziemlich weit fortgeschritten,
als wir aus heiterem Himmel einen Anruf von den Schwestern Blythe erhielten,
die uns mitteilten, dass sie mit dem Vorwort nicht einverstanden sind.«
Das klang
glaubhaft. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie Percy Blythe es genoss, den
Leuten das Leben schwer zu machen.
»Aber wir
wollen diese Ausgabe herausbringen«, sagte Judith. »Wir starten eine neue
Reihe, eine Serie von Klassikern mit einleitenden biografischen Essays, und Die wahre
Geschichte vom Modermann als einer unserer meistverkauften
Titel ist ideal fürs Sommerprogramm.«
Ich
nickte, als könnte sie mich sehen. »Ja, das verstehe ich«, sagte ich. »Ich weiß
nur nicht, ob ich ...«
»Das
Problem«, unterbrach sie mich, »ist eine der drei Schwestern.«
»Ach so?«
»Persephone
Blythe. Ein unerwartetes Ärgernis, da der Vorschlag, den Modermann neu
aufzulegen, ursprünglich von ihrer Zwillingsschwester kam. Wie auch immer. Die
urheberrechtlichen Vereinbarungen sind kompliziert, und daher können wir ohne
die Zustimmung der Schwestern nichts machen, das Projekt steht auf der Kippe.
Ich bin vor vierzehn Tagen selbst nach Milderhurst gefahren, und sie waren so
gütig, das Projekt weiterhin gutzuheißen, allerdings nur mit einem
Vorwortschreiber nach ihrem Geschmack.« Sie unterbrach sich, und ich hörte sie
etwas trinken. »Wir haben ihnen eine Liste mit Autoren geschickt,
einschließlich Arbeitsproben, aber sie wollten keinen davon. Persephone Blythe
besteht darauf, dass Sie das Vorwort schreiben.«
Ich musste
mich verhört haben. »Persephone Blythe hat meinen Namen genannt?«
»Der
Vorschlag kam von ihr.«
»Sie
wissen aber doch, dass ich keine Schriftstellerin bin?«
»Ja«, sagte
Judith. »Und das habe ich den Schwestern Blythe auch erklärt, aber das stört
sie nicht im Geringsten. Offenbar wissen die Damen, wer Sie sind und was Sie
tun. Genauer gesagt, Sie sind die einzige Person, die sie zu akzeptieren
bereit sind, was unsere Optionen ziemlich einschränkt. Entweder Sie schreiben
das Vorwort, oder das Projekt stirbt.«
»Verstehe.«
»Hören Sie
...« Papier raschelte. »Ich bin davon überzeugt, dass Sie das hinkriegen. Sie
sind Lektorin, Sie können mit Worten umgehen ... Ich habe mich mit einigen
Ihrer Kunden in Verbindung gesetzt, und die hatten alle eine sehr hohe Meinung
von Ihnen.«
»Wirklich?«
Ach, schreckliche Eitelkeit, die nach Komplimenten giert. Sie tat recht daran,
nicht darauf einzugehen.
»Wir bei
Pippin sehen das positiv. Womöglich sind die Schwestern deshalb so heikel, weil
sie endlich bereit sind, darüber zu reden, was Blythe zu der Geschichte
inspiriert hat. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu sagen, was für ein großartiger
Coup es wäre, wenn wir herausfinden könnten, ob eine reale Begebenheit hinter
der Geschichte steckt, wie manche vermuten.«
Das
brauchte sie wahrlich nicht.
»Also
dann. Was sagen Sie?«
Was sollte
ich sagen? Percy Blythe hatte mich persönlich angeheuert. Man bat mich, über
den Modermann zu schreiben, mich noch einmal mit
den Schwestern Blythe zu unterhalten, sie noch einmal in ihrem Schloss
aufzusuchen. Was konnte ich sagen? »Einverstanden.«
»Habe ich dir eigentlich schon mal erzählt, dass ich bei
der Premiere von dem Stück war?«, sagte Herbert, nachdem ich ihm von dem
Gespräch erzählt hatte. »Vom Modermann?«
Er nickte.
Jess schob ihren Kopf auf seine Füße. »Habe ich das nie erwähnt?«
»Nein.«
Dass er noch nie darüber gesprochen hatte, war nicht so seltsam, wie man meinen
könnte. Herberts Eltern waren Theaterleute, und er hatte als Kind die meiste
Zeit auf der Vorbühne gespielt.
»Ich war
so ungefähr zwölf«, sagte er, »und ich erinnere mich daran, weil es eins der
erstaunlichsten Stücke war, die ich je gesehen hatte.
Weitere Kostenlose Bücher