Morton, Kate
Leute tun. Drei
dürften reichen. Und wenn wir feststellen, dass wir dasselbe tun, dann wissen
wir Bescheid.«
Die
infrage kommenden Angewohnheiten aufzuschreiben war einfach gewesen -
schließlich hatten sie ihren Vater und ihre Kinderfrau ihr Leben lang
beobachtet -, als viel schwieriger erwies es sich, sich auf drei zu
beschränken. Nach langem Hin und Her hatten sie sich auf diejenigen
Angewohnheiten geeinigt, bei denen ein Irrtum weitgehend ausgeschlossen war:
Erstens:
häufiges und nachdrückliches Äußern der Ansicht, dass unter Königin Victoria in
England alles besser gewesen war.
Zweitens:
mit anderen Menschen als dem Hausarzt über seine Gesundheit zu reden.
Drittens:
sich nicht mehr im Stehen die Unterwäsche anziehen zu können.
Saffy
stöhnte, als sie daran dachte, wie sie am Morgen beim Bettenmachen im
Gästezimmer vor Lucy über ihre Rückenschmerzen geklagt hatte. Das Gespräch war
unter die Verbotsregel Nummer zwei gefallen, und sie hatte es durchgehen lassen.
Aber das jetzt? Zu Fall gebracht von einem Paar Strümpfe? Die Prognose war in
der Tat niederschmetternd.
Percy
hatte es beinahe zur Hintertür geschafft, als Saffy doch noch auftauchte. Sie
kam die Treppe heruntergeschwebt, als könnte sie kein Wässerchen trüben.
»Hallo, liebe Schwester«, sagte sie. »Heute wieder irgendwen gerettet?«
Percy
holte tief Luft. Sie brauchte Zeit, Platz und ein scharfes Beil, um einen
klaren Kopf zu bekommen und ihre Wut loszuwerden, sonst würde sie sie am Ende
noch an Saffy auslassen. »Vier Kätzchen aus einem Abwasserkanal und einen
Klumpen Zuckerstangen.«
»Wie
schön! Ein Sieg auf der ganzen Linie! Bravo! Wollen wir eine Tasse Tee
trinken?«
»Ich gehe
ein bisschen Holz hacken.«
»Ach,
meine Liebe«, sagte Saffy und trat einen Schritt näher. »Ich glaube, das ist
nicht nötig.«
»Lieber
früher als später. Es gibt gleich Regen.«
»Das
verstehe ich ja«, sagte Saffy übertrieben gelassen, »aber ich bin mir ziemlich
sicher, dass wir im Augenblick genug Brennholz haben. So wie du dich diesen
Monat beim Holzhacken ins Zeug gelegt hast, reicht der Vorrat mindestens bis i960. Du solltest lieber nach oben gehen und dich fürs Abendessen
umziehen ...« Saffy unterbrach sich, als ein lauter Knall das Schloss erbeben
ließ. »Na bitte. Der Regen erspart dir die Arbeit.«
An manchen
Tagen konnte man sich darauf verlassen, dass sogar das Wetter sich gegen einen
verschwor. Percy nahm ihren Tabak aus der Tasche und drehte sich eine
Zigarette. Ohne aufzublicken, sagte sie: »Warum hast du sie hergebeten?«
»Wen?«
Ein
durchdringender Blick.
»Ach so.«
Saffy machte eine wegwerfende Handbewegung. »Claras Mutter ist krank, Millie
ist so ungeschickt wie immer, und du hast so viel zu tun - ich konnte einfach
nicht alles allein bewältigen. Außerdem kann niemand so gut mit Agatha umgehen
wie Lucy.«
»Bisher
bist du doch ganz gut mit dem Herd zurechtgekommen.«
»Es ist
nett von dir, dass du das sagst, Percy, meine Liebe, aber du kennst doch unsere
alte Aggie. Ich würde ihr glatt zutrauen, dass sie heute Abend streikt, nur um
mich zu ärgern. Seit ich die Milch habe überkochen lassen, ist sie böse auf
mich.«
»Sie ist -
es ist ein Herd, Seraphina.«
»Ganz
genau! Wer hätte ihr so einen abscheulichen Charakter zugetraut!«
Saffy
versuchte, sie zu manipulieren, Percy spürte es ganz genau. Die affektierte
Freundlichkeit, mit der ihre Schwester sie auf dem Weg nach draußen abgefangen
hatte und jetzt nach oben schickte, wo, darauf würde sie wetten, bereits ein
Kleid - irgendetwas grauenhaft Elegantes - auf dem Bett für sie ausgebreitet
lag: Es war, als fürchtete Saffy, Percy sei nicht zuzutrauen, sich in
Gesellschaft anständig zu benehmen. Darüber hätte Percy am liebsten laut
gelacht, aber eine solche Reaktion würde ihre Schwester nur in ihren
Befürchtungen bestätigen, also unterdrückte sie den Impuls, leckte das
Blättchen an und drehte ihre Zigarette fertig.
»Außerdem«,
fuhr Saffy fort, »ist Lucy ein Schatz, und da wir nichts Anständiges für einen
Braten haben, brauchte ich einfach ihre Hilfe.«
»Keinen
anständigen Braten?«, fragte Percy spitz. »Als ich das letzte Mal nachgesehen
habe, gab es noch acht fette Kandidatinnen im Hühnerstall.«
Saffy
zuckte zusammen. »Du würdest es nicht wagen ...«
»Ich träume von Hühnchenschenkeln.«
Ein
erfreuliches Zittern machte sich in Saffys Stimme bemerkbar, das sich bis in
ihren Zeigefinger fortsetzte, mit dem sie
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