Morton, Kate
aber eine meiner alten Stammkundinnen brauchte eine frische Tönung
für eine Beerdigung - nicht ihre eigene, Gott sei Dank -, und ich hab es nicht
übers Herz gebracht, sie abzuweisen. Man tut, was man kann, nicht wahr? Manche
von denen gehören ja schon fast zur Familie.« Sie begutachtete das Beutelchen,
in das ich das Bändchen eingefädelt hatte, zog es zu und wieder auf, wobei ihre
langen, pinkfarbenen Fingernägel leise klackerten. »Wunderbar. Bleiben nur noch
zwanzig.«
Ich salutierte,
als sie mir den nächsten Beutel gab.
»Außerdem
kann ich hier ungestört von neugierigen Augen ein paar Hochzeitsvorbereitungen
treffen.« Wie zur Erklärung riss sie die Augen weit auf und klappte sie wieder
zu wie Fensterläden. »Meine Samantha ist nämlich ganz schön neugierig, das war
sie schon als Kind. Da hat sie schon die Schränke durchwühlt, bis sie die
Weihnachtsgeschenke gefunden hat, und dann hat sie ihre Geschwister verblüfft,
indem sie geraten hat, was sich in den Päckchen unter dem Baum befand.« Sie
nahm eine Zigarette aus einem Päckchen auf dem Tisch. »Kleine freche Göre.«
Sie riss ein Streichholz an. An der Zigarettenspitze loderte ein Flämmchen
auf, sackte in sich zusammen und glühte friedlich weiter. »Und du? Eine junge
Frau wie du hat doch sicherlich an einem Sonntag etwas Besseres zu tun?«
»Etwas
Besseres?« Ich hielt mein zweites weißes Beutelchen mit der eingefädelten
Kordel hoch. »Was könnte besser sein?«
»Ganz
schön frech«, sagte sie. Ihr Lächeln erinnerte mich auf eine Weise an meine
Großmutter, wie es das Lächeln meiner Mutter nie tut. Ich hatte meine
Großmutter mit einer Inbrunst geliebt, die meinen kindlichen Verdacht, ich wäre
adoptiert worden, Lügen strafte. Solange ich sie kannte, hatte sie allein
gelebt und hatte es, auch wenn sie über Angebote nicht klagen konnte, wie sie
stets betonte, abgelehnt, wieder zu heiraten und sich zur Sklavin eines alten
Mannes zu machen, da sie sich noch gut daran erinnerte, wie es war, die
Geliebte eines jungen Mannes zu sein. Jeder Topf findet seinen Deckel, hatte
sie mir häufig mit ernster Miene erklärt, und sie war dem Herrgott dankbar,
dass sie in meinem Großvater ihren Deckel gefunden hatte. Den Mann meiner
Großmutter, den Vater meiner Mutter, habe ich nie gekannt, zumindest habe ich
keine Erinnerung an ihn, denn er starb, als ich drei war, und die wenigen Male,
die ich nach ihm fragte, hatte meine Mutter mit ihrer Abneigung, alte
Geschichten aufzuwärmen, ausweichend geantwortet. Da war Rita Gott sei Dank
mitteilsamer gewesen. »Also«, sagte sie, »hast du was rausgefunden?«
»Allerdings.«
Ich kramte in meiner Tasche nach dem Zettel, faltete ihn auseinander und las
den Namen vor, den Sarah mir genannt hatte: »Der Roxy Club. Ich hab auch die
Telefonnummer.«
Tante Rita
streckte ihre Hand aus, und ich gab ihr den Zettel.
Sie
spitzte die Lippen so fest, dass sie sich kräuselten wie einer ihrer kleinen
Beutel. »Roxy Club«, sagte sie. »Und, ein guter Laden? Nobel?«
»Meiner
Quelle zufolge ja.«
»Gut
gemacht, Liebes.« Sie faltete den Zettel zusammen, steckte ihn in ihren BH und
zwinkerte mir zu. »Als Nächste bist du dran, Edie.«
»Wie
bitte?«
»Zum
Traualtar.«
Ich
lächelte zaghaft und zuckte die Schultern. »Wie lange seid ihr jetzt schon
zusammen, du und dein Freund? Sechs Jahre?« »Sieben.«
»Sieben
Jahre.« Sie legte den Kopf schief. »Der sollte dich lieber bald ehelichen,
sonst läufst du ihm am Ende noch weg. Weiß er denn nicht, was er für einen
guten Fang gemacht hat? Soll ich mal ein ernstes Wörtchen mit ihm reden?«
Selbst
wenn ich nicht gerade versucht hätte, eine Trennung zu verheimlichen, wäre das
ein beängstigender Gedanke gewesen. »Ehrlich gesagt ...« Ich überlegte
krampfhaft, wie ich sie vom Thema ablenken sollte, ohne mich zu verplappern.
»Ich glaube, wir sind beide nicht besonders wild darauf zu heiraten.«
Sie zog an
ihrer Zigarette und kniff ein Auge halb zu, während sie mich musterte. »Ach
ja?«
»Ich
fürchte ja.« Das war gelogen. Teilweise. Ich selbst würde sehr gern heiraten.
Dass ich während der Jahre unserer Beziehung Jamies zynische Ablehnung des
ehelichen Glücks akzeptiert hatte, stand in krassem Widerspruch zu meiner von
Natur aus romantischen Veranlagung. Das Einzige, was ich zu meiner Verteidigung
vorbringen kann, ist, dass man meiner Erfahrung nach, wenn man jemanden liebt,
bereit ist, alles zu tun, um diesen Menschen zu halten.
Während
Rita
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