Moser Und Der Tote Vom Tunnel
sah. Der Kriminalrat erklärte in knappen Worten den Grund ihres Besuchs.
Kettenring meinte: »Sie haben Glück. Jung ist tatsächlich noch da. Aber nur bis Ende nächster Woche. Dann geht er nach Ludwigshafen und soll doch tatsächlich Koch in einem Speisewagen werden. Unsere Aufgabe hier ist erfüllt, die Direktion löst das Lager am Monatsende auf.«
»Bin mir nicht sicher, ob aus seiner Karriere etwas wird«, sagte Moser, »seine Beteiligung an dem Waffenschmuggel ist so gut wie bewiesen. Aber ich möchte ihm vorher noch auf den Zahn fühlen, wie es mit seiner Verwicklung in den Mordfall steht. Holen Sie ihn doch bitte hierher. Ich denke, Ihr Büro wäre für die Vernehmung geeigneter als die Kantine.«
Der Bauleiter holte Jung unter einem Vorwand aus der Küchenbaracke. Dieser war völlig verdutzt, Moser und Sehnert gegenüberzustehen. Moser fing an: »So, mein lieber Herr Jung. Wir wissen alles, Sie brauchen gar nicht zu leugnen. Sie waren der Komplize von István Somody alias Zoltán Koloman, bei diesem Waffenschmuggel!«
Jung überlegte nicht lange und wollte sofort wieder zur Tür, wurde jedoch von Sehnert unsanft zurückgehalten. In diesem Augenblick fuhr der Wagen der Dahner Gendarmerie an der Baracke vor; genau im richtigen Moment.
»Jung, es hat keinen Sinn zu fliehen. Aber um Ihre Lage zu verbessern, rate ich Ihnen auszupacken. Sonst bringe ich Sie nicht nur wegen Waffenschmuggels hinter Gitter, sondern auch wegen Mordes«, herrschte ihn Moser an.
»Mord? Ich habe Zoltán nicht umgebracht. Ich war das nicht! Das müssen Sie mir glauben! Ich bin doch kein Mörder …!«, schrie Jung.
»So«, sagte der Kriminalrat lapidar, »dann erklären Sie uns einmal, wieso der Mann mit Ihrem Messer umgebracht wurde.«
»Das kann jeder genommen haben. Durch die Aufregung nach der Explosion achtete doch niemand darauf, wer in der Kantine war. Wir mussten doch pausenlos heißes Wasser machen. Da waren viele Personen, die ununterbrochen in die Baracke kamen, Eimer abholten und wieder hinausgingen. Nein, ich war das nicht …!«, jammerte Jung.
»Also, dann mal schön der Reihe nach. Wie gut kannten Sie den Ungarn und was ist an diesem Tag genau passiert?«, hakte Moser ein.
Jung begann mit seinem Geständnis: »Eines schönen Tages stand dieser Österreicher bei mir in der Küche, als ich gerade beim Kartoffelschälen war, und fragte, ob ich an einer Nebeneinkunft interessiert sei. Ich verdiene hier ja viel zu wenig, weshalb ich mir die Sache anhörte. Er erklärte mir, dass ich diesem Zoltán Koloman Nachrichten übermitteln sollte. Außerdem wären meine Dienste ab und zu nötig, wenn es um den Transport von Waren ginge. Auf meine Nachfrage, um welche Nachrichten es gehen würde, meinte der Österreicher, es handle sich um Telegramme, die für mich an die Telegrafenstation in Hauenstein geschickt würden.
Ich sollte jede Woche an meinem freien Tag nach Hauenstein fahren und nachfragen, ob es ein Telegramm für mich gäbe. Dieses sollte ich abholen und dem Ungarn übergeben. Einmal war der Umschlag nicht richtig verschlossen und ich habe hineingesehen. Das Telegramm war von einem ›H.T.‹, es standen aber nur ein Datum und eine Uhrzeit drin.
Eines Tages musste ich dann dem Ungarn helfen, ein schweres Bündel, das offenbar aus einem Zug geworfen worden war, in das Gebüsch neben den Gleisen zu ziehen. Der Ungar hatte mir vorher erklärt, wann ich an der vereinbarten Stelle am Tunnel sein sollte.
Meistens brachte mir aber der Ungar die Bündel in die Küche und ich musste sie so lange verstecken, bis sie abgeholt wurden. Die Bündel habe ich übrigens nie aufgemacht, sondern immer einem Fuhrunternehmer aus dem Bayerischen übergeben.«
»Und wer hat Sie für Ihre Dienste bezahlt?«, unterbrach Moser.
»Der Österreicher. Nach jedem Auftrag musste ich an eine bestimmte Stelle an der Straße vom Lager zur Kaltenbach kommen. Hier gab er mir dann mein Geld«, antwortete Jung.
»Jetzt kommen wir einmal zu diesem 31. Januar. Dem Tag, an dem das Unglück passierte und der Ungar verschwand. Was war denn nun genau an diesem Tag los? Gab es da auch einen Auftrag für Sie?«, wollte Moser wissen.
»Nein, die letzte Nachricht, die ich dem Ungarn gegeben hatte, holte ich schon eine Woche vorher in Hauenstein ab. Es wurde pünktlich bezahlt. An diesem 31. Januar hatte ich keinen Kontakt zu dem Ungarn. Ich sah ihn am Abend zuvor das letzte Mal.
Von diesem Unglück habe ich erst nichts mitbekommen, weil ich
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