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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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verließ Yamdongi in einer Woche; Geld war einfacher zu transportieren als Gegenstände und ohnehin immer Mangelware bei ›Ärzte ohne Grenzen‹. Melanie hatte ihm ein wenig von allem abgekauft: Taschenlampen, Wegwerfrasierer, Küchenmesser, Schüsseln, Kleider, sogar leere Wasserflaschen, die die Dorfbewohner sehr gut gebrauchen konnten, um darin alles Flüssige zu transportieren, was sie zu transportieren hatten. Melanie war gut ausgerüstet mit Geschenken.
    Kambidis zweite Frau nickte und zeigte auf Kambidi, der daneben saß und jedes Wort mitgehört hatte. Nichtsdestoweniger wiederholte ihm Melanie die ganze Geschichte als Respektbeweis. Dann kam das rituelle Trinken von ›Tee‹, und danach konnte Melanie schließlich an die Arbeit gehen. Ihr Bantu reichte dafür aus, aber wenn es sein mußte, würde sie zu Französisch überwechseln.
    »Stammesältester Kambidi, hattest du je Malaria? – Hatte dein Vater je Malaria? War er sehr krank? Ist er daran gestorben? Wie ist es mit der ältesten Schwester deines Vaters? Wie ist ihr Name? War es ein sehr schwerer Fall von Malaria? Und nun zur Zweitältesten Schwester deines Vaters …«
    Sie fertigte einen genetischen Stammbaum an. Die Methode war primitiv, aber Bluttests waren nicht durchführbar. Jedenfalls galten Mendels Gesetze hier ebensogut wie überall sonst auch, und mittels genauester Befragung und anschließender Gegenbefragung der Leute, die genannt worden waren (so sie noch lebten), würde Melanie schließlich eine komplette Verwandtschaftsübersicht über, wie sie hoffte, einige Generationen erhalten. Bantu erinnerten sich stets an ihre Ahnen.
    Die Sichelzellenanlage wurde vererbt; sie schützte gegen Malaria, zumindest genügend, um den Ernst der Erkrankung zu mildern. Durch das Anfertigen eines genetischen Stammbaums – wer eine schwere Malariaerkrankung durchgemacht hatte, wer eine leichtere und wer überhaupt keine, selbst in Zeiten einer Epidemie –, hoffte Melanie, feststellen zu können, wer Träger einer Sichelzellenanlage war.
    Dann würde sie diesen Stammbaum der Liste von Menschen gegenüberstellen, die während dieser letzten kurzen Malariaepidemie gestorben waren. »Viele Gehirnschläge darunter, vermute ich.« Nein, sowas. Falls es sich bei der Epidemie mit dem ›unerwartet abrupten‹ Ende – ›merkwürdig, das‹ – tatsächlich um Malaria reading gehandelt hatte, dann mußten die Toten ausschließlich Menschen mit Sichelzellenanlage gewesen sein.
    »Und nun zu deiner Mutter, Stammesältester Kambidi. Hatte sie je Malaria? Bist du sicher, daß es sich nicht um die schwarze Krankheit gehandelt hat? Und wie steht es mit der Mutter deiner Mutter?«
    Melanie sprach zwei Stunden lang mit Kambidi Mabalo, und dann eine weitere Stunde lang mit seiner zweiten Frau. Die Leute kamen an die Tür, um Melanie schweigend anzustarren, und verschwanden wieder. Das Leben im Haushalt ging rundum weiter. Sie stahl diesen Menschen viel Zeit; sie hoffte, der Zauber, der von Doktor Spencers Namen ausging, würde alle kooperativ stimmen, bis sie mit ihrer Arbeit fertig war.
    Gewiß hatten die Bewohner von Dörfern der Dritten Welt stichhaltige Gründe, um nicht mit Ausländern zusammenzuarbeiten, die ihnen sagten, sie wären gekommen, um der Malaria Einhalt zu gebieten. Zu oft hatten die Fremden einfach nicht die Zeit, um die ganze komplexe Situation zu erfassen. Als die WHO die Hütten malayischer Dörfer mit DDT besprühte, um die Anophelesmücke auszurotten, war das ein voller Erfolg. Doch das DDT tötete auch die Wespen, die in den Palmblattdächern lebten und Raupen fraßen. Die Wespen verendeten, die palmblattfressenden Raupen gediehen prächtig, und alle Dächer fielen herab. Die WHO zog sich hastig zurück, wobei die wütenden dachlosen Malayen kräftig nachhalfen.
    In diesem Moment war Yamdongi den Ärzten ohne Grenzen dankbar, aber die Dankbarkeit würde unter dem erbarmungslosen Glühen der Sonne rasch dahinwelken.
     
    Die Dankbarkeit hielt an. Nach einer Woche so zahlreicher Befragungen, daß sie heiser war, hatte Melanie ihre Antworten.
    Außerdem hatte sie Musterexemplare der Moskitos. Sie zahlte den Dorfjungen eine Makuta für jede unversehrte Anophelesmücke, nachdem sie sie mit Fallen ausgerüstet hatte, die mit Kohlenstofftetrachlorid aus Spencers Vorräten gefüllt waren. Melanie bezahlte die Jungen auch für Larven, die sie tötete, indem sie die im Wasser lebenden Larven einfach austrocknen ließ. Die Jungen waren mit wilder

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