Moskito
Alle vier Männer lachten brüllend auf. Cavanaugh wartete, aber ein anderer Mann sprach weiter und erzählte von einer heißen Nacht mit seiner neuen Freundin.
Cavanaugh ging auf die Toilette, schloß sich in einer Kabine ein und aktivierte das Aufnahmegerät unter seinem Hemd.
Als er zurückkehrte, nahm er den Stuhl, der am dichtesten bei seiner Zielperson stand. Das Gespräch drehte sich um Basketball. Für Cavanaughs Mann war Larry Byrd absolute Spitze, und gleich danach kam Michael Jordan. Nichts von allem, was gesagt wurde, klang wirklich rassistisch, aber das mußte es auch nicht. Cavanaugh nahm die Unterhaltung auf, bis das Band zu Ende war. Zu dem Zeitpunkt hatte er bereits zumindest teilweise die Namen der vier: ›Mike Goodman‹, ›Tom Soundso‹, ›Soundso Romellio‹. Melanies Quälgeist hieß ›Ed Lewis‹.
Cavanaugh gestattete sich, seinen Wodka-Tonic in Ruhe auszutrinken.
Zurück in seinem Motel packte er die Kassette in einen festen Umschlag und adressierte diesen an Dr. Jonathan Pritchard vom Psycholinguistischen Institut der Universität Syracuse. Danach schrieb er einen Brief an Felders’ Privatadresse, in dem er ihm berichtete, was er entdeckt hatte, und ihn bat, die FBI-Akten und seine geheimen CIA-Quellen nach einem ›Ed Lewis‹ zu durchforsten. Und auch nach ›Mike Goodman‹ und ›Soundso Romellio‹. Cavanaugh hatte keine Ahnung, ob Felders das tun würde, aber hätte man ihn gezwungen, eine stattliche Summe zu setzen, hätte er auf ›ja‹ gewettet, denn in allererster Linie war Felders ein guter Bulle. Es konnte durchaus sein, daß er den Geruch nicht mochte, der einer hoffnungsvollen Spur anhaftete, aber sobald er ihn erschnüffelt hatte, würde er nicht mehr davon ablassen können.
Cavanaugh legte sich zurück auf seinem höckrigen Motelbett und starrte in die klimaanlagenlose, insektensurrende Finsternis. Er fühlte sich sehr, sehr gut.
Am nächsten Morgen aß er ein enormes Frühstück, unterschrieb den Mietvertrag für ein Apartment in Leonardtown, leitete den Transport seiner eingelagerten Möbel dorthin in die Wege, gab den Wagen zum Service und agierte auch sonst wie ein Mann, der wußte, was er tat.
Aber wieviel wußte er wirklich? Diese Frage forderte konzentrierte Gedankenarbeit. Cavanaugh saß auf dem Bett in seinem demnächst zu räumenden Motelzimmer; zu seinen Füßen kaute Abigail glücklich an einer Leiste, die sie von der Kommode abgerissen hatte. Ein Zimmermädchen war nie erschienen, und das Zimmer war ein Schweinestall, obwohl Cavanaugh all die unnützen Insektenleichen zusammengekehrt und draußen in den Abfallcontainer gekippt hatte. Der Vorgang war vom Empfangschef des Motels verfolgt worden, und der Mann hatte nur die Schultern gehoben. Worauf sich Cavanaugh fragte, was in all den Jahren wohl sonst in dem Container geendet hatte.
Nicht sein Problem. Sein Problem war die Malaria reading. Denk es zu Ende, Mann.
Feststellbar bisher: Ed Lewis, mit einer unbestimmten Verbindung zu Fort Detrick und/oder zur CIA hatte Melanie in zahlreichen anonymen Anrufen wüst beschimpft.
Möglicher Grund, teils aus dem Inhalt zu schließen: Melanie zu einer Rückkehr nach Atlanta zu veranlassen, wodurch eine fachlich höchst beschlagene und erfahrene Expertin vom Malaria-Team abgezogen worden wäre. Möglicher Alternativgrund: der Kerl hatte einfach seine Freude daran, attraktive schwarze Frauen am Telefon wüst zu beschimpfen.
Feststellbar bisher: Irgend jemand hatte den Malaria-reading-Parasiten gentechnisch hergestellt. Selbst FBI und Zentrum hatten sich schließlich zu dieser Meinung durchgerungen. Grund: unbekannt.
Möglicher Grund: so viele Schwarze zu töten, wie dieses spezielle gentechnische Bravourstück erlaubte. Möglicher Alternativgrund: den Parasiten für eine Nutzung anderswo zu testen. Weiterer möglicher Alternativgrund: der genveränderte Parasit war unbeabsichtigt in einem Labor entstanden und unbeabsichtigt entkommen. (Melanie hatte zwar erklärt, daß eine ›unbeabsichtigte‹ Entstehung einer derart komplexen genetischen Mutation, bei der drei verschiedene, zusammenwirkende Gene die einzigen veränderten waren, unmöglich ›passieren‹ konnte, aber Cavanaugh war nicht so sicher. Er war kein Wissenschaftler, aber er war auch nicht militant. Er ließ die Möglichkeit bestehen.)
Feststellbar bisher: Wer auch immer Malaria reading geschaffen hatte, Michael Sean Donohue kam dafür nicht in Frage. Die Anklagekammer hatte festgestellt,
Weitere Kostenlose Bücher