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Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
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Maryland gelandet war, wo er in einer Fabrik für Krabbenkonserven Arbeit fand. Ein Sonderling. Seine Akte besagte, daß er einundvierzig und nie verheiratet war und daß er keine Vorstrafen hatte. Er besaß einen Waffenschein für eine Neunmillimeterpistole.
    Es gab keine Zufahrt von der Straße, nur ein durchweichter Pfad führte zwischen Marschpflanzen hindurch zu Hartmans Haus. Cavanaugh achtete, wohin er trat. Eine frische Brise blies vom Fluß her und kühlte sein Gesicht. Zu seiner Rechten flog plötzlich ein Reiher auf, schwang sich elegant in den dunkler werdenden Himmel, und Cavanaugh fragte sich nicht zum ersten Mal in seinem Leben, wieso ausgerechnet diejenigen Bewohner des Planeten, die es am wenigsten verdienten, an seinen schönsten Plätzen lebten.
    Hartman trat ihm auf der Veranda entgegen. Er war groß und mager, hatte eine fortgeschrittene Glatze und war in Jeans und ein graues Arbeitshemd aus Baumwolle gekleidet. »Wer sind Sie?«
    »Mister Hartman? Mein Name ist Robert Cavanaugh, Special Agent des FBI. Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
    »Das denke ich mir«, sagte Hartman und lächelte leicht. »Nehmen Sie Platz.«
    Cavanaugh setzte sich. Vom Geländer der Veranda aus musterte ihn gleichgültig eine grau-weiß getigerte Katze.
    »Ich komme, um mir über gewisse Fakten Klarheit zu verschaffen«, sagte Cavanaugh. »Sie sind Mitglied der ›Weißen Wähler‹?«
    »Ich bin der PR-Beauftragte für Maryland-Süd«, erwiderte Hartman und nickte. Er schien amüsiert.
    »Das FBI, das Weiße Haus und die Washington Post erhielten diese Erklärung.« Cavanaugh reichte ihm eine Kopie. »Haben Sie sie schon einmal zu Gesicht bekommen?«
    Hartman verschwendete keinen Blick auf das Blatt Papier. »Nein.«
    »Wie wollen Sie wissen, daß Sie sie noch nicht zu Gesicht bekommen haben, wenn Sie nicht einmal hinsehen?«
    »Sie war heute früh in der Post. Ich kann lesen, Agent Cavanaugh.« Hartmans schmales Lächeln wurde einen Hauch breiter. Cavanaugh merkte, daß er mit seinem Lächeln sparsam umging, es in die Länge zog und als Kommentar zu diesem sinnlosen Wortgeplänkel verwendete.
    »Stammt diese Erklärung von Ihnen?«
    »Selbstverständlich nicht, wenn ich sie noch nie zu Gesicht bekommen habe.«
    »Welches sind Ihre Aufgabenbereiche als PR-Beauftragter der ›Weißen Wähler‹, Mister Hartman? Ich möchte Sie erinnern, daß Sie sich strafbar machen, wenn Sie einem Agenten der Bundespolizei wissentlich die Unwahrheit sagen.«
    »Ich gebe alle Mitteilungen der Ortsgruppe Maryland-Süd der ›Weißen Wähler‹ heraus. Außerdem fungiere ich gegebenenfalls als Verbindungsoffizier für alle Mitteilungen der Bundeszentrale.«
    »Dennoch haben Sie diese spezielle Mitteilung noch nie zu Gesicht bekommen.«
    »Nein.« Wieder ein halber Zentimeter mehr Lächeln.
    »Ist das nicht ein Widerspruch in sich?«
    »Das könnte so scheinen.«
    Cavanaugh beugte sich vor. »Also gut, Hartman. Vergeuden wir nicht unsere Zeit. Dieses Ding hier ist mit ›Weiße Wähler‹ unterzeichnet, und im südlichen Maryland sind das Sie. Übernehmen Sie die Verantwortung für das Ausbrechen jenes Typs von Malaria, der bei Trägern von Sichelzellen Hirnschläge hervorruft?«
    »Ich habe gedacht, nur Gott kann die Verantwortung für Malaria übernehmen.«
    Cavanaugh stand auf und sah auf den Mann hinab: intelligent, gepflegt, ein leichtes Lächeln um den Mund; ein schmieriges Stück Dreck. Er fragte, obwohl er die Antwort kannte: »Darf ich einen Blick ins Haus werfen?«
    »Nicht ohne Durchsuchungsbefehl.«
    »Dann habe ich noch eine Frage. Gibt es irgend etwas, das Sie dem FBI mitteilen möchten?«
    »Allerdings«, sagte Hartman, was Cavanaugh überraschte, denn es war eine reine Pro-forma-Frage. »Raten Sie Direktor Broylin, alle Nigger-Agenten zu feuern, bevor sie den ganzen Staat zersetzen.«
    Hartman wollte ihn zu einer Reaktion zwingen; unter Einsatz seiner ganzen Willenskraft hielt Cavanaugh sich zurück. Er drehte sich um und ging ruhig die Stufen hinab.
    »Hüten Sie sich vor den Moskitos!« rief Hartman ihm nach. »In unserer moralisch verkommenen Welt weiß man nie, wer Niggerblut in den Adern hat!«
    Cavanaugh nahm wiederum den Pfad durch das sumpfige Terrain; Fliegen summten in einer Wolke um seinen Kopf, und ein Vogel flog aus dem Schilf hoch, wobei er heisere Laute in einer Sprache schrie, die Cavanaugh nicht verstand.
     
    FBI LÄSST SICH ZEIT BEI UNTERSUCHUNG VON MALARIA READING
    Wie die Washington Post

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