Moskito
anrufen können. Aber ich hatte so viele Dinge im Kopf …«
»Nicht mich, wie es aussieht.«
»Verdammt, Judy, warum mußt du bloß an allem unentwegt herumbohren?«
»Sag das nicht zu mir!« schluchzte sie, und Cavanaugh wurde schlagartig klar, daß ihr genau das wohl ihr Kotzbrocken von Ehemann immer vorgehalten hatte. Etwas, womit er bei Vorhaltungen wegen seiner ewigen Seitensprünge zum Gegenangriff übergegangen war. Nun, er, Cavanaugh, war nicht Ben! Warum, zum Teufel, konnte sie das nicht einsehen! Zu seinem Zorn und seiner Abwehrhaltung kam nun ein Gefühl des Ungerecht-Behandeltwerdens hinzu. Sie war unfair. Sie war unmöglich.
»Vielleicht sage ich es, weil es stimmt«, stellte er emotionslos fest. »Kannst du nicht irgendwann mal Ruhe geben? Du verbohrst dich immerzu in jede Kleinigkeit …«
»Wenn du zu deiner Exfrau ziehst, ohne es mir auch nur zu sagen, dann ist das keine Kleinigkeit.«
Da blieb ihm die Luft weg. Nach einer Schrecksekunde fragte er: »Wieso weißt du das?«
»Es geht nicht darum, wieso ich …«
»Du hast es über die Telefonnummer herausgekriegt. Durch diese Freundin von dir, die bei den Bullen ist. Tess, wie heißt sie bloß noch …«
»Versuch nicht …«
»Du läßt mich beobachten!.«
»Nein, ich …«
»Mir gefällt das überhaupt nicht, Judy. Wir haben doch darüber gesprochen, wie wichtig es ist, einander zu vertrauen! Ich bleibe in Marcys Wohnung, um der Presse aus dem Weg zu gehen, damit ich wenigstens einigermaßen anonym an diesem Fall arbeiten kann …« – nicht, daß es noch von Bedeutung gewesen wäre, jetzt, da er in einer Besetzungsliste, die in die Tausende ging, nur mehr Komparse war –, »und außerdem ist Marcy, zu deiner Information, gar nicht in der Stadt. Sie ist in Dallas. Ich bin der Hundesitter. Und ich mag es nicht, wenn man mir nachschnüffelt.«
»Aber du hast es mir nicht gesagt, also habe ich …«
»Ich muß dir doch nicht alles sagen! Hör auf zu klammern!«
Er hatte die Stimme erhoben – ein guter Maßstab für seine Wut. Aber richtete sich die Wut auf sie oder auf ihn selbst? Er wußte, daß er ungerecht war. Doch perverserweise machte ihn dieses Wissen nur noch wütender. Sie hatte ihn in diese Situation gebracht! Sie ging immer auf ihn los!
»Tut mir leid«, flüsterte sie, und jetzt hörte er, wie groß ihre Angst war: die Angst, ihn vertrieben zu haben, die Angst, daß er sie verlassen könnte, die Angst, daß er wiederum der schlanken, attraktiven Marcy den Hof machen könnte, so wie Ben stets schlanken, attraktiven Frauen den Hof gemacht hatte. Aber er war nicht Ben! Seine Wut verstärkte sich – im selben Maß wie seine Gewissensbisse, weil er all ihre alten Ängste wiedererweckt hatte. Er hatte sich geschworen, daß er das nie tun würde, daß sie sich auf ihn würde verlassen können, wie sie es bei Ben nie gekonnt hatte.
Verdammt, verdammt, verdammt.
»Robert«, flüsterte sie, »wann, glaubst du, wirst du nach Hause kommen?«
Und hätte er jetzt ›heut’ abend, Schätzchen‹, gesagt, wäre alles in schönster Ordnung gewesen. Der Kampf zu Ende. Aber er konnte es nicht sagen. Sie hätte ihn nur wiederum an der Kandare gehabt, diesmal durch ihre Schwäche. Sie versuchte immer, ihn an die Kandare zu legen, seiner sicherer zu werden, bis er einfach nicht mehr atmen konnte. Das war nicht fair.
Kühl sagte er: »Ich komme, wenn ich komme. Und nicht eher.«
»Ich verstehe«, antwortete sie. Diesmal war es kein Flüstern mehr.
Es klickte an seinem Ohr.
Eine Katastrophe. Eine komplette Katastrophe. Wäre besser gewesen, gar nicht anzurufen, dachte er. Er legte auf, drehte sich um und sah eine der Sekretärinnen vor sich stehen. Ihr Gesicht verriet ihm, daß sie zugehört hatte und daß er ein Stück Scheiße war.
»Mister Dunbar läßt Ihnen bestellen, daß die Konferenz jetzt weitergeht«, sagte sie mit sehr deutlicher Stimme. Ohne eine Reaktion abzuwarten, drehte sie ihm den Rücken zu und marschierte davon.
»Innigsten Dank, daß Sie es einrichten konnten«, empfing ihn Dunbars eisige Stimme, und wiederum zielten alle Blicke auf Cavanaugh. Er griff nach seinem Block.
Offenbar war Maloney am Wort und fuhr jetzt fort: »Wie ich soeben ausführte, Mister Cavanaugh, hat Washington entschieden, eine Warnung vor Terrorakten zu veröffentlichen. Aus diesem Grund hat der Direktor für fünfzehn Uhr eine Pressekonferenz einberufen.«
Cavanaugh nickte und hielt den Blick auf seine ›Notizen‹ gesenkt. Was sollte
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