Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Moskito

Moskito

Titel: Moskito Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kress
Vom Netzwerk:
kriminellen Ursprung hatte, agierte man jedenfalls in dieser Richtung. Im Gegensatz dazu bestand der Rest von Melanies Team auf der Ansicht, daß man es hier mit einer spontanen Mutation zu tun hatte, mit einer unabsichtlichen Einschleppung aus einem anderen Land (»am wahrscheinlichsten in Larvenform zusammen mit landwirtschaftlichen Produkten«, hatte Susan Muscato gemeint, diese bornierte Kopf-in-den-Sand-Steckerin!). Oder wie wär’s mit einer insektoiden unbefleckten Empfängnis? dachte Melanie verächtlich. Idioten!
    Sie kippte das Omelett auf einen Teller. Die Unterseite – die jetzt die Oberseite war – sah infolge von Melanies ungeschicktem Wenden schwarzfleckig aus. Grüne Gemüsestücke steckten in den weichen, ungebratenen Stellen wie Schimmel unter Spinnweben. Ach was, scharfe Sauce würde Abhilfe schaffen. Sie durchforstete den ganzen Vorratsschrank. Die scharfe Sauce war aus.
    Das paßte zu allem anderen: noch etwas, das ihr fehlte, genau wie der Kinderglaube ihrer Kollegen. Und kein Ende der Epidemie war abzusehen. Das Moskitovernichtungsprogramm des USAMRIIDS funktionierte zwar, aber in diesem außergewöhnlich heißen und feuchten Sommer gedieh A. quadrimaculatus dennoch prächtig. Die Kurven zeigten, daß ein Ende der Epidemie erst in Wochen in Sicht sein würde.
    Melanie stocherte in ihrem Omelett herum, als die Tür aufging und Joe Krovetz eintrat. Er klopfte nicht mehr; wenn sie niemanden sehen wollte, legte sie ohnehin die Kette vor. Was sie heute Abend vergessen hatte.
    »Habe Ihnen eine Tüte Eis mitgebracht«, sagte er. »Kauften welches auf dem Rückweg von McDonald’s. Gütiger Himmel, was ist denn das?«
    »Mein Abendessen«, sagte Melanie kurzangebunden. »Es ist ein Omelett. Sie wissen, schon – dieses gesunde Eiergericht mit dem gesunden Grünzeug darin.«
    »Was haben Sie denn damit angestellt?«
    »Ich habe es gebraten! Und ich mag kein Eis.«
    »Sie wissen doch noch nicht mal, was für eine Sorte es ist«, meinte Joe umgänglich. Man konnte ihn nicht beleidigen. Das war auch ein Grund, warum Melanie ihn so erholsam fand. »Sie keifen nur noch jeden an, wer es auch ist!« hatte Farlow ihr vorgehalten. »Benehmen Sie sich doch wie ein Profi, zum Teufel!«
    Aber es handelte sich ja auch nicht um Farlows Brüder und Schwestern, die jemand der Reihe nach umbrachte.
    »Also gut, Joe, welche Sorte Eis ist es?«
    »Schokolade-Sahne.«
    »Ich mag Schokolade-Sahne nicht.«
    »Okay.« Er ließ die Tüte in Melanies Papierkorb fallen und setzte sich ihr gegenüber an den winzigen Tisch. »Haben Sie schon gehört, was sich heute getan hat? Große Neuigkeiten.«
    Melanie hörte auf zu essen. »Was hat sich getan?«
    »Das FBI hat die Öffentlichkeit vor Terrorakten gewarnt und alle fünfundzwanzigtausend Mitarbeiter in diese Sache eingebunden. War in den 18-Uhr-Nachrichten.«
    Melanie legte die Gabel hin. »Tatsächlich? Und was soll das heißen?«
    »Was soll was heißen?«
    »Nun, werden sie jetzt irgend was anders machen? Denn was sie bisher geleistet haben, war ja nicht besonders zielführend.«
    »Keine Ahnung«, sagte Joe. »Die Meldung ging nicht ins Detail.«
    »Natürlich nicht. Es ist Fernsehen! Und außerdem ist es sicher wieder einmal nur heiße Luft, die vom FBI kommt. Daß dort wirklich etwas geschieht, glaube ich erst, wenn sie tatsächlich jemanden festnehmen.«
    Zum ersten Mal, seit Melanie ihn kannte, wirkte Joe beunruhigt. Seine feinflaumigen Brauen rückten zusammen und erzeugten künstliche Falten auf seiner jugendlich glatten Stirn. »Mel … Sie wollen damit doch nicht sagen, daß Sie denken, das FBI steckt da mit drin? Daß unsere eigene Regierung mithilft, Schwarze reihenweise umzubringen? Das wollen Sie doch nicht sagen, oder?«
    »Sehe ich denn schon dermaßen paranoid aus, Krovetz? Nein, natürlich will ich das nicht sagen. Aber die Regierung muß gar nicht aktiv mithelfen. Es reicht, wenn man dort den Anschein erweckt, als würde man heftigste Nachforschungen anstellen, und in Wirklichkeit rührt man keinen Finger. Schließlich ist es ja kein Geheimnis, daß unsere Regierung die Schwarzen nicht eben ins Herz geschlossen hat.«
    »Mel … das glauben Sie doch nicht wirklich!«
    »Wollen Sie mir erklären, was ich glaube und was nicht?« Im Grunde ihres Herzens glaubte sie tatsächlich nicht daran, daß die Regierung einem rassistischen Genozid Vorschub leistete, aber Melanie sah auch keinerlei Fortschritte bei der Suche nach den Schuldigen, und es machte sie

Weitere Kostenlose Bücher