Mount Dragon - Labor des Todes
Sekunden, was sich da abspielte. Es wurde mir klar, daß unser Eindringen entdeckt worden war, und so konnte ich mich nicht wieder unbemerkt ausloggen. Also ergriff ich die Gelegenheit und belauschte eine Weile die unverschlüsselten Unterhaltungen, die übers Netz liefen. Dabei fand ich einige recht interessante Dinge heraus, bevor Scopes alle Verbindungen zur Außenwelt abbrach. Was denn, zum Beispiel? Zum Beispiel, daß Carson Scopes offenbar noch eins ausgewischt hat. Zumindest glaube ich das, denn fünfzehn Minuten nach dem Abbruch der Datenübertragung gab es einen ganz üblen Netzzusammenbruch, der eine Verbindung mit Mount Dragon unmöglich machte. Hat vielleicht Scopes selber die Verbindung unterbrochen? Mitnichten, Professorchen. Das Hauptquartier versuchte verzweifelt, sie wiederherzustellen. Nun hat aber eine Einrichtung wie Mount Dragon Notstromversorgungen bis zum Abwinken. Was immer also dort passiert ist, es muß so zerstörerisch gewesen sein, daß es alles in Schutt und Asche gelegt hat. Eine echt böse Sache. Als Scopes erst einmal begriffen hatte, daß er nicht mehr nach Mount Dragon durchkam, fegte er das ganze GeneDyne-Netz lahm. Aber ich muß mit Scopes in Verbindung treten, tippte Levine. Es ist von höchster Wichtigkeit, daß er die Auslieferung von PurBlood stoppt. Er ist meine einzige Hoffnung. Die halbe Nacht lang habe ich versucht, die Leute davon zu überzeugen, daß Scopes die Unterlagen über meinen Vater gefälscht hat, aber niemand wollte mir zuhören. Da wird mir erst recht keiner glauben, wenn ich jetzt auf einmal behaupte, PurBlood sei verseucht. Alle würden das für eine weitere irre Beschuldigung gegenüber Scopes halten, die ich mir aus den Fingern gesogen habe. Säe haben noch immer nicht begriffen. Professorchen. Scopes hat die Leitungen ausgestöpselt. Solange er sie nicht wieder einstöpselt, kommt niemand in seine Zentrale rein. Ohne Leitung ist leider nun mal auch der beste Hacker aufgeschmissen. Allerdings... Ja? Allerdings gibt es noch EINE Leitung, die von GeneDyne in Boston nach draußen führt. Das habe ich beim Herumschleichen um Scopes' Festungsmauer herausgefunden. Es ist eine Verbindung von Scopes' persönlichem Computer zum Nachrichtensatelliten TELINT-2.
Gibt es eine Möglichkeit, daß Sie mich über diesen Satelliten mit ihm in Kontakt bringen? Keine Chance. Erstens ist es eine abgeschirmte Leitung, und außerdem verwenden Scopes und sein unbekannter Gesprächspartner ein ausgesprochen kompliziertes Verschlüsselungssystem, das mir verdammt militärisch vorkommt. Was auch immer es sein mag, ich würde mich an so etwas höchstens dann wagen, wenn ich mindestens einen Cray-2-Computer zur Verfügung hätte. Und selbst der kann Daten, die nach bestimmten kryptographischen Methoden verschlüsselt sind, nicht knacken. Ist die Leitung denn in Betrieb? Ab und zu mal. immer wieder gehen in unregelmäßigen Abständen ein paar tausend Bytes durch.
Levine las die Worte des Clowns mit wachsendem Erstaunen. Auch wenn hier und da noch etwas von der alten Frechheit aufblitzte, kam ihm sein sonst so eitler und aufschneiderischer Gesprächspartner heute seltsam gedämpft vor. Er lehnte sich einen Augenblick zurück und dachte nach. Hatte Scopes etwa wegen PurBlood alle Verbindungen unterbrochen? Nein, das ergab keinen Sinn. Oder hatte es in Mount Dragon eine Katastrophe gegeben? Und was war in diesem Fall mit dem gefährlichen Virus, an dem Carson gearbeitet hatte? Es führte kein Weg daran vorbei: Er mußte wegen PurBlood mit Scopes sprechen und ihn warnen. Ganz gleich, wozu er ansonsten fähig war, Scopes würde niemals wissentlich ein verseuchtes Produkt auf den Markt bringen, denn damit würde er ja letzten Endes seine eigene Firma ruinieren. Außerdem brauchte er als Beta-Tester von PurBIood dringend medizinische Hilfe. Es ist absolut notwendig, daß ich mit Scopes spreche, schrieb Levine. Wie kann ich das bewerkstelligen? Da gibt es nur eins: Sie müssen sich persönlich zu ihm begeben. Aber das ist unmöglich. Sein Firmensitz ist gespickt mit Sicherheitseinrichtungen. Zweifelsohne. Aber der wunde Punkt bei allen Sicherheitssystemen ist der Mensch. Ich habe mir schon gedacht, daß Sie diesen Wunsch äußern würden, und habe gewisse Vorbereitungen getroffen. Vor Monaten, als ich mich für Sie zum erstenmal ins GeneDyne-Netz hackte, habe ich mir die Pläne für das Sicherheitssystem der Firmenzentrale beschafft. Wenn es Ihnen gelingt, ins Gebäude zu gelangen, dann
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