Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Mount Dragon - Labor des Todes

Titel: Mount Dragon - Labor des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
Vom Netzwerk:
Ernst, das könnte ich vergessen?« fragte de Vaca. »Ich denke ständig an die Tausende unschuldiger Menschen, die am Freitag PurBlood bekommen sollen. Da bin ich ja noch lieber hier in dieser mörderischen Hitze als in einem Krankenhausbett, in dem mir dieses Zeug in die Adern tropft.« Nachdem sie eine Weile geschwiegen hatte, fuhr sie fort: »In Truchas war es nie so heiß wie hier, und dabei gab es überall Wasser. Aus den Truchas -Bergen kamen klare Flüsse voller Forellen. Man brauchte sich nur hinunterzubeugen und konnte daraus trinken, soviel man wollte. Das Wasser war immer eiskalt, sogar im Sommer. Und wie es geschmeckt hat! Wir haben immer in den Wasserfallen gebadet. Mein Gott, allein der Gedanke daran...«
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß Sie nicht an Wasser denken sollen«, entgegnete Carson. De Vaca sagte eine Zeitlang nichts mehr. »Vielleicht beißt, während wir hier reden, gerade unser kleiner Freund diesen Drecksack Nye«, fügte sie dann mit hoffnungsfroher Stimme an.

    Das stundenlange gebückte Gehen auf dem Lavafeld hatte Nyes Rücken alles andere als gutgetan. Die Verfolgung von Carson und de Vaca ging jetzt, wo ihre Pferde keine Hufeisen mehr trugen, so langsam und mühevoll vonstatten, daß er in drei Stunden gerade einmal drei Kilometer zurückgelegt hatte.
    Nye richtete sich auf und strich mit den Händen über seinen Rücken. Dann trank er etwas Wasser aus dem Leinensack und goß ein paar Liter davon in seinen Hut. Den hielt er Muerto hin und sah zu, wie das Pferd das Wasser geräuschvoll in sich hineinschlürfte. Irgendwann würde er Carson und die Frau schon einholen, und wenn es bloß ihre verdursteten Leichen waren, die gerade von den Kojoten zerrissen wurden. Er würde die beiden überleben, soviel war sicher. Nye schloß einen Augenblick die Augen vor dem weißen Glast der Sonnenstrahlen. Dann machte er sich mit einem tiefen Seufzer wieder auf den Weg. Etwa einen Meter vor ihm war ein von einem Pferdehuf zertretenes Grasbüschel. Nye ging einen Schritt weiter und entdeckte einen umgedrehten Stein, auf dem noch etwas Sand lag. Als er seine Blicke im Halbkreis umherschweifen ließ, sah er sogar den Abdruck eines Hufes auf einem kleinen Fleckchen Sand.
    Dieses Spurensuchen war eine verdammt mühevolle Angelegenheit. Das einzige, was Nye bei der Stange hielt, war der Gedanke daran, daß Carson und de Vaca jetzt mit Sicherheit ihr ganzes Wasser ausgetrunken hatten und ihre Pferde vermutlich halb verrückt vor Durst waren.
    Hier gab es ausnahmsweise einmal eine Stelle, wo sich die Spuren ohne viel Mühe über gut zwanzig Meter verfolgen ließen. Dankbar richtete Nye sich auf und ging weiter. Vielleicht waren die beiden es müde geworden, darauf zu achten, daß sie möglichst wenig Spuren hinterließen. Er jedenfalls hatte die Nase gestrichen voll.
    Auf einmal bemerkte er im Augenwinkel, wie sich etwas bewegte, und im selben Augenblick schlug Muerto neben ihm aus und traf ihn mit einem seiner Hufe direkt an der Schläfe. Nye hörte ein seltsames Geräusch, dann wurde ihm schwarz vor Augen. Als er aufwachte, hatte er das Gefühl, als sei unendlich viel Zeit vergangen. Er öffnete die Augen und blickte hinauf in den tiefblauen Himmel. Dann setzte er sich auf und spürte, wie ihm dabei schlecht wurde. Muerto graste in zwanzig Metern Entfernung friedlich vor sich hin. Automatisch griff Nye sich mit der Hand an den Kopf und stellte fest, daß er blutete. Er blickte auf die Uhr und sah zu seinem Erstaunen, daß er nicht länger als ein paar Minuten bewußtlos gewesen war.
    Dann fuhr er erschrocken herum. Auf einem kleinen Felsen neben ihm hockte mit an die Brust gezogenen Knien ein Junge und grinste ihn an. Er trug Shorts, Kniestrümpfe und einen arg mitgenommenen Blazer, auf dessen Brusttasche unter einem großen Schmutzfleck gerade noch das Wappen der St. Pancras' School for Boys zu sehen war. Das ziemlich lange, nach allen Richtungen abstehende Haar des Jungen war verfilzt, als wäre es lange Zeit naß gewesen. »Du bist es«, hauchte Nye.
    »Klapperschlange«, entgegnete der Junge und nickte mit dem Kinn in Richtung auf eine Yuccapalme in der Nähe. Es war die Stimme, die er die ganze Zeit gehört hatte, die Stimme mit dem unverkennbaren Cockney-Akzent. Jetzt, wo er ihn aus dem Mund dieser kleinen Gestalt hörte, fühlte sich Nye augenblicklich aus der Wüste in die schmalen Gassen von Beckenham versetzt, wo die Ziegelfassaden der alten Häuser und das Straßenpflaster vom Regen

Weitere Kostenlose Bücher