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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Bayce
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die Ambulanz zum Unfallort kam, stand er mit dir auf dem Arm oben an der Straße. Du warst bewusstlos.“
    - „Und er ist nicht mit ins Krankenhaus gefahren?“
    - „Soweit ich weiß, nicht.“
    - „Und seine Personalien?“
    - „Das musste vermutlich alles sehr schnell gehen. Der Wagen brannte lichterloh. Die Feuerwehr begann sofort mit dem Löschen und die Sanitäter sind mit dir ins Krankenhaus nach Harrisburg gefahren.“
    - „Und wer hatte die Ambulanz alarmiert?“
    Polly zuckte mit den Achseln. Sie hatte sich darüber noch nie Gedanken gemacht. Warum auch? Ihren Bruder und seine Frau machte das auch nicht wieder lebendig. Peter hingegen verunsicherte das alles. Woher kam dieser Mann und wie hatte die Ambulanz von dem Unfall erfahren? Fragen, die nach 34 Jahren wohl nicht mehr zu beantworten waren.
    Die Trauergemeinde war erwartungsgemäß groß. So war es eben, wenn relativ junge Menschen starben. Fast ganz Raleigh schien anwesend zu sein. Die, die nicht da waren, um Luther die letzte Ehre zu erweisen, waren gekommen, um seinen Eltern in dieser schweren Stunde beizustehen. Man sah einige Paare in Luthers Alter, teilweise mit Kindern und auch eine ganze Anzahl alleinstehender attraktiver Damen, die am Ende wirklich sehr einsam dastanden, als sie ihre Blumen auf den schweren Eichensarg warfen. Am Eingangstor stand der alte Lincoln des Bestatters, dieser große Leichenwagen aus den fünfziger oder sechziger Jahren, in dem, wie Peter wusste, auch seine Eltern von der alten Kirche hierher gefahren worden waren. Er hätte allerdings nicht mehr sagen können, ob der Wagen damals zweimal den Weg fuhr. Ob man tatsächlich zwei Särge darin unterbringen konnte? Dann hätten es vermutlich Sonderanfertigungen sein müssen. Wahrscheinlich hatten sie einen zweiten Leichenwagen organisiert und waren im Konvoi gefahren. Peter wunderte sich über seine Gedanken. Was einem bei einer Beerdigung so alles durch den Kopf ging. Marty hätte seine Erklärungen dafür, Abwehrreaktionen, Verdrängungsmechanismen, wer weiß was. Reverend Brown sprach von dem beklagenswerten Tod eines großen Altruisten, der festen Bindungen dauerhaft entsagte, um sich all seinen Mitmenschen in gleicher Weise nähern zu können. Sicher, so konnte man es auch sehen. Über die geschiedene Ehe mit Melanie sah der Prediger dabei großmütig hinweg. Er kannte Luther eben nicht.
    Dann wurde der Sarg in die Erde gelassen und die Anwesenden traten nacheinander in absteigender Reihenfolge ihrer protokollarischen Verbundenheit mit dem Toten ans Grab, das jetzt einer offenen Wunde glich. Erst wenn man sie schlösse, würde der Heilungsprozess in den Herzen der Hinterbliebenen einsetzen, auch wenn sich einige von dem Schmerz des Verlustes niemals ganz erholen würden. Nach den Eltern und Luthers älterem Bruder Marcus trat Peter als Dritter an das Grab. Er hatte mit Ellen verabredet, dass er sich alleine von Luther verabschieden würde. Ellen und Irene würden sich später einreihen. Als Peter auf den Sarg hinunterblickte, hatte er die Verfolgungsjagd im Laboratory vor Augen, den Fluchtversuch durch den Lüftungsschacht und jenen furchtbaren Moment, als sie Luther erschossen. Nicht der Blitzschlag am Berg war in seiner Erinnerung, sondern einzig und allein diese Szene. Martys Einwand, als er ihm davon erzählte, war logisch. Peter sagte, er wusste, dass Luther von der Kugel tödlich getroffen wurde, obwohl er in Anbetracht der herannahenden Verfolger keine Chance gehabt hatte, den Tod zweifelsfrei festzustellen. Diese Sicherheit, mit der er vom Tod seines Freundes ausging, deutete auf einen Traum hin, denn es hätte keinen Sinn gemacht, nur eine schwere Verletzung zu vermuten. Peter fasste sich. Vielleicht stand er schon eine Weile zu lange am Grab, denn die Trauergemeinde wurde unruhig. Er ging zur Seite und sah, wie einer nach dem anderen ans Grab trat, mit der kleinen Schaufel etwas Erde und die mitgebrachten Blumen hineinwarf, den Angehörigen kondolierte und ging. Einer nach dem anderen, zuweilen auch in kleinen Gruppen; alle, bis auf einen. Der kräftige Mann war Peter schon gleich zu Beginn aufgefallen. Er kam ihm irgendwie bekannt vor. Vermutlich gehörte er zum erweiterten Bekanntenkreis von Luther, und Peter hatte ihn mal auf einer Party gesehen. Aber jetzt, da der Mann sich nicht von Luther verabschiedete, kamen Peter Zweifel. Ihre Blicke trafen sich. Auch wenn er nicht wusste woher, war Peter sich sicher, ihn zu kennen. Nach einer Weile drehte sich

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