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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Bayce
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der Mann ruckartig um und verlies eiligen Schrittes den Friedhof. Von hinten sah Peter sein breites Kreuz und erschrak. Genau so hatte er ihn schon einmal gesehen, von hinten, an jenem Morgen in seinem Traum, in dem Café in Atlanta.

36. AUF DER LAUER
     
    John Bartlett war nicht der Typ Mann, der sich bei jeder Kleinigkeit beschwerte. So hielt er es in der Regel auch mit dem Leben an sich. Neid war ihm ebenso fremd wie Selbstmitleid. Jeder war seines Glückes Schmied und jeder hatte im Grunde genommen auch alle Möglichkeiten, seinem Schicksal die eine, die andere oder auch eine ganz andere Richtung zu geben. Sicher gab es eine gewisse Vorbestimmung durch das Elternhaus, doch darum ging es hier nicht. Für Bartlett bemaß sich die Zufriedenheit mit der Lebenssituation nicht am Bildungsstand oder an Geld, und schon gar nicht an Kategorien wie Ruhm oder Ehre, unter denen sowieso jeder etwas anderes verstand. Glücklich war, wer genügend Freunde hatte, mit denen er Dinge tun konnte, die ihm Spaß machten. Das galt für weibliche Personen ebenso wie für männliche. Sich selbst würde John Bartlett als umgänglich beschreiben und in vielerlei Hinsicht auch als tolerant. Doch was ihm seit einer guten Woche geboten wurde, war nur schwer zu verkraften.
    Wie es aussah, war Peter Saunders der Einzige, der ihn noch kannte, und selbst das nicht auf Anhieb. Es bedurfte eines zweiten Versuches mit spezieller Rahmung. In Annapolis hatte sich Bartlett ihm in einem Supermarkt in den Weg gestellt, löste damit aber keinerlei Reaktion aus. Saunders Blick blieb nicht einmal eine Sekunde auf ihm haften. Er lächelte unbeständig und drängte sich an ihm vorbei. Die Beerdigung seines Freundes sollte nun die verbindende Komponente heraufbeschwören. Und siehe da, auf seinem Gesicht erschien dieser typische, fragende Ausdruck. Woher kenne ich diesen Menschen? Aus Annapolis, aus dem Supermarkt? Nein! Saunders Gedanken folgten einer anderen Fährte. Ein erster Erfolg.
    Im Übrigen beschäftigte Bartlett die Frage, wieso sich der Tote als van Eyck begraben ließ, wenn er doch Bannister hieß. Bartlett war, als die ganze Meute noch in der Kirche weilte, an dem ausgehobenen Grab gewesen. Hinter dem mit einer Plane abgedeckten Erdhaufen lag ein schlichtes Holzkreuz mit dem Namen Luther van Eyck. Saunders hatte versucht, einen Mann dieses Namens anzurufen, als er Masons Wagen gestohlen hatte. Bartlett konnte sich keinen Reim darauf machen. Und eine andere Geschichte war noch seltsamer. Als Bartlett am Tag nach seinem Filmriss in dem gestohlenen Wagen von der Rangerstation den Berg hinunterfuhr, hatten ihn auf halber Strecke zwei schwarz gekleidete Typen angehalten. Lässig ihre riesigen Zigarren rauchend und ans Heck eines Leichenwagens gelehnt, bedeuteten sie ihm per Handzeichen anzuhalten. Sie fragten, ob das der Mount Maroon sei und ob es da oben eine Bergstation gäbe. Sie sollten dort einen Toten abholen. Bartlett witterte Morgenluft, doch als er vom Laboratory sprach, winkten sie ab.
    - „Nein, kein Forschungslabor oder so was. Ein Parkranger hat angerufen. Ein Wanderer ist heute Nacht von einem Blitz erschlagen worden.“
    Bartlett begann die Sache zu interessieren. In einigem Abstand folgte er dem Leichenwagen den Berg hinauf, beobachtete, wie sie mit einem Metallsarg ins Haus gingen und kurz danach wieder herauskamen. War die Kiste zuvor recht leicht, war sie jetzt offenbar gefüllt. Auf dem Weg nach unten war er es, der die schwarzen Kerle stoppte und sie gegen eine Zahlung von 100 Dollar den Deckel öffnen ließ. Vermutlich hatten sie ihn für einen Leichenschänder gehalten, aber das war ihm egal. Und gelohnt hatte es sich allemal, einen Blick auf den Toten zu werfen, auch wenn er daraus nicht so recht schlau wurde. Es war der Mann, den seine Leute erschossen hatten, Luther Bannister. Doch hatte er nicht nur leichte Verbrennungen, er wies auch kein Einschussloch auf. Sein Oberkörper war in tadellosem Zustand.
    Und dann war da die Sache mit dem fehlenden Laboratory. Der Mount Maroon erwies sich als naturbelassenes Gelände, ja das gesamte Areal war sogar als spezielles Schutzgebiet ausgewiesen, von Shane und Myers keine Spur. Einen Robert Shane hatte er später bei der Federal Highway Administration des US Department of Transportation aufgetan, der obersten Verkehrsbehörde, aber der Mann saß nicht im Rollstuhl. Und in den USA einen ganz bestimmten Myers zu finden war so, als suche man in Wisconsin nach einer ganz bestimmten Kuh.

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