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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Bayce
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Tod verbrachte er bei mir und meinem Großvater. Das war 1972. Eines Abends stand er vor der Tür. Er hatte Tränen in den Augen und sagte, er habe großen Mist gebaut. Großvater nahm ihn in den Arm, er stellte keine Fragen. Mein Vater blieb einfach da, er war für mich wie der große Bruder, den ich mir immer gewünscht habe. Wir spielten Basketball, gingen schwimmen und bauten sogar ein ziemlich schiefes Vogelhaus.“
    Mason war für einen Moment lang der kleine Junge von damals.
    - „Aber es war ein kurzes Glück!?“
    - „Eines Tages kam ein Polizist und berichtete von einem Unfall. Mein Vater hatte ein Auto gerammt, dessen Fahrer dabei getötet wurde. Er wollte meinen Vater abholen, doch der flüchtete durch das hintere Fenster. Zwei Tage später erhielten wir die Nachricht von seinem Tod.“
    - „Wie steckt ein Sechsjähriger so etwas weg?“
    - „Sie haben es als Sechsjähriger auch weggesteckt. Ich meine den Tod Ihrer Eltern.“
    Sie schwiegen. Zwei Waisenknaben im fortschreitenden Mannesalter, die nicht wirklich wussten, was es hieß, Eltern zu haben; weder aus Sicht eines älteren Kindes noch jetzt, wenn aus Eltern Großeltern wurden, wenn sich ganz allmählich die Anzeichen des natürlichen körperlichen Verfalls einstellten, wenn Fragen nach einer finalen Bewertung des Lebens in den Fokus rückten, wenn es zu entscheiden oder zu verdrängen galt, ob einstige Hoffnungen und Träume sich erfüllten oder irgendwann an alltäglichen Zwängen zerbarsten, wenn Altersweisheit und Demenz um die Vorherrschaft rangen und der Besuch der Enkel den einzigen Termin auf einem ansonsten leeren Kalenderblatt markierte. Die Ähnlichkeit ihres Schicksals brachte die beiden Männer einander näher. Jeder sah für einen Augenblick den anderen am Rand eines frisch ausgehobenen Grabes, in das sich die Tränen einer verlorenen Kindheit ergossen. Langsam setzte die Dämmerung ein.
    - „Peter, ich habe großen Hunger und bin auch etwas müde. Ich würde vorschlagen, dass wir zu Abend essen und in einem Motel übernachten. Wir könnten dann morgen früh weiterfahren.“
    Peter war einverstanden. Keiner wartete auf ihn, keine Ellen und keine Irene.
    Nach dem Essen hatte Peter Marty angerufen und den Psychologen über ihre Absicht nach Illinois zu fahren informiert. Jetzt saßen sie neben Truckern und Handlungsreisenden an der Theke einer spärlich beleuchteten Kneipe im Westernstil und tranken ein Bier. Peter wollte sich von seinen Problemen ablenken, während Mason herauszukriegen versuchte, was Peter über das Laboratory wusste und so sprach man schließlich über Physik.
    - „Okay, das habe ich ja verstanden. Raum und Zeit können seit Einsteins Relativitätstheorie also nicht mehr als absolute Größen angesehen werden.“
    - „Genau! Newtons Verständnis von absolutem Raum und absoluter Zeit war für über 200 Jahre die Grundlage der Naturwissenschaften. Der maßgebliche Unterschied zwischen den Raum- und Zeitkonzepten Newtons und Einsteins im Rahmen der Relativitätstheorie ist, dass für zueinander bewegte Bezugssysteme auch die Gleichzeitigkeit relativ ist. Damit kippt neben der Zeitachse auch die Ortsachse.“
    Peter sah ihn irritiert an, aber Mason wollte noch nicht aufgeben.
    - „Sehen Sie, die spezielle Relativitätstheorie ist im Grunde genommen eine Anzahl von Regeln, die es einem Beobachter ermöglicht, zu berechnen, was ein anderer Beobachter sieht und zwar auch dann, wenn dieser sich mit einer bestimmten Geschwindigkeit an ihm vorbei bewegt. Eigentlich ist es ganz einfach. Grundlage ist das Raum-Zeit-Dreieck.“
    Mason griff nach einem Bierdeckel und zog einen Stift aus der Tasche. Er malte ein Dreieck, dessen untere linke Ecke einen 90-Grad-Winkel bildete. Dann zeigte er auf die senkrechte Linie an der linken Seite.
    - „Das hier ist die Bewegung in der Zeit.“
    Nun deutet er auf die Basis am unteren Rand.
    - „Diese Seite steht für die Bewegung im Raum.“
    Peter nickte. Jetzt wurde es spannend.
    - „Wenn die Raumseite kürzer ist als die Zeitseite, entspricht die Hypotenuse genau der Zeit, die für einen bewegten Beobachter vergeht, wenn dessen Geschwindigkeit das Verhältnis der Dreiecksseiten bildet. Sind die Seiten gleich lang, ist das Verhältnis eins, das heißt es entspricht der Lichtgeschwindigkeit. Ist die Raumseite länger, bewegt sich der Beobachter schneller als das Licht. Seine Bewegung stellt eine Reise in die Vergangenheit dar. Alles klar?“
    Mason hatte es absichtlich so erklärt,

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