Mount Maroon
begriff nun, was vor sich ging und rannte auf den Volvo zu. Doch es war zu spät. Mit quietschenden Reifen fuhr Peter davon.
In gemächlichem Tempo fuhr Peter Saunders durch das sanfte Hügelland von Hardin County. Er wusste noch nicht wohin und so hatte er beschlossen, einfach der Straße zu folgen und an jeder Kreuzung spontan über die weitere Richtung zu entscheiden. Eine ganz andere, eine neue Erfahrung für den sonst so planvoll handelnden Familienvater und Redakteur. Er betrachtete die Landschaft, die sich an diesem sonnigen Julinachmittag besonders farbenprächtig zeigte, leuchtende Wiesen, dunkelgrüne Wälder und dazu ein tiefblauer Himmel. Peter war nahe daran, die Fahrt und vor allem auch die Vorzüge des äußerst bequemen Wagens zu genießen, als ihn der Gedanke, diesen gestohlen zu haben, wieder in die Realität zurückholte. Doch war nicht er der Betrogene, derjenige, dem sie sein Leben geraubt hatten? Er handelte gewissermaßen in Notwehr. Dennoch würde er nicht weit kommen, wenn sich die Sache nicht bald auflösen ließe. Er wusste, dass er selbst etwas tun musste und sein Zeitfenster verkleinerte sich rasch. Während er dahinfuhr, ließ er noch einmal Revue passieren, was Tante Polly – oder war sie für ihn nur noch Mrs. Elderidge? – gesagt hatte. Die Erinnerungsfetzen zogen vorbei wie flüchtige Schatten, die sich vom Hintergrund lösten, kurz verharrten und abrupt wieder verschwanden. Und doch war da etwas, was nicht ins Gesamtbild passte. Noch entzog sich der Ursprung seiner Kenntnis, aber das Unbehagen nahm stetig zu.
- „Und jetzt ist Luther Bannister sogar Arzt, hatte sie gesagt … Luther Bannister, nicht Luther van Eyck!“
Dabei kannte sie ihn wie ihren eigenen Neffen. Sie war sogar auf seiner Hochzeit mit Melanie gewesen. Natürlich war sie da, alle waren da. Es war das Ereignis des Jahres in Raleigh. Luthers Eltern hatten ihre Scheune ausgeräumt und zu einem wahren Ballsaal dekoriert. Sicher, Luther war geschieden, aber er hatte den adligen Namen behalten. Und auch das wusste die liebe Polly nur zu gut, ließ sie doch keine Gelegenheit aus, sich darüber lustig zu machen. Peter stieg auf die Bremse. Das war es! Das war ein Anhaltspunkt!
In der Ablage sah er Masons Handy. Es war eingeschaltet. Peter wählte die Nummer der Auskunft und ließ sich mit der gewünschten Adresse verbinden.
- „Atlanta Medical Center, Informationsservice. Was kann ich für Sie tun?“
- „Guten Tag, ich habe eine Frage. Könnte ich bitte mit Dr. Luther Bannister sprechen? Ein Freund hat ihn mir empfohlen. Es geht um eine Vorsorgeuntersuchung.“
- „Verstehe, einen Augenblick bitte.“
Peter verbrachte die längsten 15 Sekunden seines Lebens.
- „Hören Sie, Dr. Bannister ist noch bis circa 19 Uhr im OP. Er ist morgen früh ab acht Uhr wieder im Hause. Kann er Sie dann zurückrufen?“
Peter drückte die Taste, die das Gespräch beendete und atmete tief durch die Nase ein, seine Lippen bebten.
Der Tank war voll, der Wagen schnell. Er würde nach Atlanta fahren und Luther morgen Früh vor dem Krankenhaus abfangen. Wenn er bei Cave-in-Rock die Fähre über den Ohio River nahm, konnte er bei Eddyville auf den Highway 24 Richtung Nashville gelangen. Aber halt! Die Autofähre kostete Geld, und Geld hatte er nicht. Was Marty ihm mitgegeben hatte, war schon seit gestern Nachmittag aufgebraucht, das Abendessen und die Übernachtung hatte Mason übernommen. In diesem Fall blieb nur die Brücke bei Metropolis. Eine längere Fahrt durch die ländliche Provinz lag vor ihm. Aber jetzt hatte er ein Ziel.
20. BARTLETT
John Bartlett hatte sich zwei Big Kahuna Burger und eine große Portion French Fries kommen lassen, eine Dose Bier geöffnet und den Fernseher eingeschaltet. Seit ihn seine letzte Freundin vor gut vier Wochen verlassen hatte, pflegte er wieder stilvoll zu speisen und wenn möglich, kein Spiel der Chicago White Sox zu verpassen. Auf die Partie gegen die Baltimore Orioles hatte er sich ganz besonders gefreut, da er einen der dortigen Betreuer kannte und sie eine Wette laufen hatten. Doch gerade als Pitcher Mark Buehrle seine Position einzunehmen gedachte, klingelte das Telefon.
- „Ja verdammt … Wer? … Scheiße.“
Bartlett blickte unablässig in Richtung U.S. Cellular Field, während er in seinen Burger biss und den Ausführungen des Anrufers lauschte.
- „Ha! Straßensperren! Wer sind wir, die CIA? Wir sind nicht mal die Bundespolizei. Jetzt mal langsam. Also, er wurde
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