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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Bayce
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Clingmans Dome, Cades Cove Mill, die Gatlinburg Falls und schließlich den Mount Maroon. Genau dort war er mit Luther gewandert. Er konnte sich jetzt an alle Einzelheiten erinnern. Wann genau war das gewesen? Oder hatte das nur in seinem Kopf stattgefunden? Er vergrößerte den Ausschnitt. Der Blick in Mr. Dicks Straßenkarte war ein Schock gewesen, aber das hier war eine Katastrophe. Denn genau an der Stelle, wo sie ein Lagerfeuer angezündet und ihre Schlafsäcke entrollt hatten, dort, wo sie saßen und redeten, bis schließlich ohne jede Vorankündigung dieses Gewitter einsetzte, war dieses riesige Forschungszentrum. Peter musste sich wohl endgültig damit abfinden, dass das alles nicht stimmte, dass er nicht der war, für den er sich hielt. Den letzten Aufschluss würden sie noch in dieser Nacht dem Grab entreißen. Peter starrte noch immer auf das Satellitenbild auf dem Rechner. Schließlich drückte er auf die Print-Taste. Er nahm den gestochen scharfen Ausdruck aus dem Drucker, faltete ihn sorgfältig und steckte ihn in seine Hemdtasche. Er wollte den Beweis von nun an immer bei sich tragen. Wenn die Zweifel in ihm wieder hochkamen, würde er ihn ansehen. Auch wenn noch so viele Fragen offen blieben, er war sicher, dass er ein verfremdetes Bild von der Wirklichkeit hatte.
    Nachdem sie etwas gegessen hatten, setzte sich Peter ans Steuer. Luther ruhte sich aus, er mochte keine langen Autofahrten.
    - „Wir hätten das Flugzeug nehmen sollen.“
    - „Klar, und was ist mit den Sicherheitskontrollen? Ich habe nicht mal einen Ausweis.“
    - „Oh, ich meinte keinen Linienflug. Ich fliege selbst, also kleinere Maschinen, Sportflugzeuge. Das hätte mir auch früher einfallen können. Muss an der ganzen Aufregung liegen. Wir hätten bis Harrisburg-Raleigh fliegen können. Da lande ich immer, wenn ich meine Eltern besuche. Manchmal leihe ich mir dort auch Harrys Skyhawk für einen Rundflug.“
    Fast war Luther versucht, Peter zu fragen, ob er Harold Kronstein kannte, konnte sich aber gerade noch davon abhalten. Kronstein stammte wie die beiden auch aus Raleigh. Luther hatte sich nach Peters Tod mit dem notorischen Einzelgänger angefreundet. Auch in Peters Erinnerungen gab es einen Kronstein, die entsprechenden Synopsen seines Gehirns wurden jedoch nicht durch das Begriffsschema „Harrys Skyhawk“ aktiviert.
    - „Wann hast du mit dem Fliegen angefangen?“
    - „Das ist schon lange her. Während des Studiums war ich für ein paar Monate in Australien. Ich habe ein Praktikum beim Royal Flying Doctor Service gemacht, in Alice Springs. Von dort wird ein Gebiet mit einem Radius von 800 Kilometern versorgt. In dem Areal leben nur etwa 16.000 Menschen, zumeist Aborigines. Der RFDS kann innerhalb von zwei Stunden jede Person in Australien erreichen.“
    - „Aber die Ärzte fliegen doch nicht selbst.“
    - „Sie fliegen meistens noch nicht einmal mit. In vielen Fällen sind lediglich Pfleger oder Krankenschwestern an Bord oder es werden Medikamente transportiert. Die ärztliche Konsultation erfolgt häufig über Telefon oder ein Funkgerät. Na ja, aber viele der Ärzte fliegen auch selbst kleine Flugzeuge. Und da habe ich neben allem anderen auch das Fliegen gelernt.“
    Es war gegen halb zwölf Uhr in der Nacht, als Peter Saunders und Luther Bannister das schrill quietschende Eingangstor des Friedhofs zur Seite schwenkten. Nachdem sich der Entschluss in ihnen gefestigt hatte, den ultimativen Beweis für Peter Saunders frühen Tod buchstäblich zu Tage zu fördern, hatten sie in einem Laden für Handwerkerbedarf Spitzhacken, Schaufeln und Taschenlampen gekauft. Wie sie jetzt im fahlen Schein des Mondes das Gräberfeld abschritten und auf dem schmalen Pfad den kleinen Hügel erklommen, waren sie wieder die abenteuerlustigen Jungen von früher. Und irgendwie zog sich das unsichtbare Band der Freundschaft, das beide umspannte, enger zusammen. Die Grabsteine am oberen Rand der Anhöhe wirkten so, als hätten sich die Oberkörper der Verstorbenen in ihren Gräbern aufgerichtet, säßen zur Andacht aufgereiht in Erwartung des jüngsten Gerichts oder um nach nächtlichen Besuchern zu spähen. Was war der Tod für eine Grenze? Und wie verschob sie sich im Schutze der Dunkelheit? So wie bei Tag betrachtet die steinerne Umfriedung eine deutliche Linie zwischen dem Friedhof und der Welt der Lebenden zog, schien die herrschende Stille nunmehr allumfassend. Ein endloses Schweigen manifestierte sich im eingefrorenen Wechselspiel von

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