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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ethan Bayce
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oder einer der Techniker? Mühsam bahnte er sich einen Weg durch das Chaos. Die Sicht war wegen der enormen Rauchentwicklung stark eingeschränkt. Nach seinen Berechnungen musste er sich weit hinten im Tunnel befinden, aber das hier sah eher nach dem Eingangsbereich aus, zumindest nach dem, was davon noch übrig war. Wenn er die Orientierung der Kapsel richtig eingeschätzt hatte, lag in dieser Richtung der Kontrollraum. Dieser verfügte über einen besonderen Sicherheitsstandard. Darin würden sie sich verschanzt haben. Warum zum Teufel sprang die Sprinkleranlage nicht an, dachte Mason, während er sich durch die Berge aus verbogenem Metall und geschmolzenem Plastik kämpfte. Nach kaum 200 Metern gelangte er zu einem Raum. Auch darin war lediglich die Notbeleuchtung aktiviert. Die gesamte Szenerie war in ein düsteres, orangefarbenes Licht getaucht, eine zwielichtige Hafenkneipe des Jenseits. Die massive Stahltür stand offen. Im Inneren des Raums herrschte eine gespenstische Stille. Mit dem Schließen der Tür wurde das Knistern des Feuers hermetisch ausgesperrt. Die Anzeige des Schutzanzugs verriet Mason, dass es in diesem Raum ungewöhnlich kühl war. Mason öffnete das Visier seines Helmes. Als sich seine Augen an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, stockte ihm der Atem. Auf den halbkreisförmig angeordneten Stühlen saßen menschliche Gestalten. Keiner der Anwesenden jedoch schien von Masons Erscheinen Notiz zu nehmen. Langsam ging Mason auf die Gruppe zu. Es waren fünf Männer. Sie waren bleich und leblos. Die Arm- und Rückenlehnen ihrer Drehstühle hielten sie in einer aufrechten Position. Selbst auf einige Meter Entfernung sah man, dass ihre Mimik eigentümlich entstellt war. Die Augen und Münder waren weit geöffnet. Mason überlegte, woran sie gestorben sein könnten. Aber hatte er nicht mehr viel Zeit, er musste so schnell wie möglich hier raus. Wieder waren gewaltige Explosionen zu hören. Getragen von der irrealen Befürchtung, es könne sich um Shane und die anderen handeln, ging er nun aber doch von einem zum anderen. Die Gesichter kamen ihm nicht bekannt vor. Bis auf eines! Mason erschrak. Der Mann im olivgrünen Overall, der mit weit aufgerissenen leblosen Augen in Richtung des Tunnels starrte, war kein anderer als er selbst. Es war, als sähe Mason in einen Spiegel. Alles war gleich: das gewellte dunkelblonde Haar am Hinterkopf, die stahlblauen Augen, die massive Kinnpartie und die mächtige Nase. Mason erschauderte. Er spürte seinen Herzschlag, die Atmung stockte. Panik kam auf. Er wollte nur noch wegrennen. Aus dem Augenwinkel erkannte er aber ein Detail, das er zuvor nicht wahrgenommen hatte. Die Toten trugen auf ihren Anzügen aufgenähte Namensschilder. Alan Mason ging noch einmal zu dem Mann, der ihm selbst so ähnlich sah. Auf dem Etikett über seiner linken Brusttasche las er den Namen: Albert Mason. Er erfasste die Situation. Das hier war das Jahr 1947. Die Gruppe hatte mit großer Anspannung, aber auch voller Hoffnung auf das Eintreffen eines Zeitreisenden gewartet. Nun war er da, und er hatte sie mit seiner Ankunft getötet, auch seinen eigenen Großvater.
    Über die Konsequenzen konnte er sich später Gedanken machen, jetzt musste er erst einmal hier raus. Er musste an sich denken, sich in Sicherheit bringen, bevor der Laden über seinem Kopf einstürzte. Ein brennender Balken war vor die Tür gefallen. Er vermochte sie gerade noch so weit zu öffnen, um hindurchschlüpfen zu können. Das Problem war, dass er sich hier nicht auskannte. Wenngleich er die Pläne der Anlage auf dem Stand von 1947 mehrfach gründlich studiert hatte, sah das Labor angesichts des Feuers nun ganz anders aus. Da der reguläre Zugang durch den Balken versperrt war, beschloss Mason sein Glück im Tunnel zu versuchen und im weiteren Verlauf in den damals noch intakten Versorgungsschacht zu gelangen. Er passierte die Kapsel, die noch immer einen stabilen Eindruck machte. Weiter hinten war der Tunnel teilweise eingestürzt. Dennoch blieb Mason keine Wahl. Er musste diesen Weg nehmen. In gebückter Haltung lief er weiter. Plötzlich fiel er der Länge nach hin. Neben ihm befand sich ein Trümmerhaufen aus verkeilten Metallverstrebungen. Einige kleinere Teile glühten sogar. Er war über irgendetwas gestolpert. Eine dicke Schnur war kerzengerade über den Boden gespannt, erschlaffte kurz, um gleich darauf wieder stark anzuziehen. Das Schauspiel wiederholte sich einige Male, anspannen, erschlaffen, anspannen.

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