Mozart - Sein Leben und Schaffen
Mozart seine ganze, oft bewährte Klugheit auf. Er wartete ruhig ab und ließ die Hofpartei an sich herantreten. Der geistliche Freund Bullinger, der erst jüngst wieder beim Tode der Mutter seine Treue bewährt hatte, mußte nach den verschiedensten Richtungen hin vermitteln. Man hört aus den Briefen des Vaters heraus, mit welcher Genugtuung und sicheren Überlegenheit er seine Vorteile ausnutzte. Den ersten Brief am 19. Juni konnte er noch an Frau und Sohn richten. Er erzählt, wie er bei seiner Zusammenkunft mit dem Domherrn Starhemberg diesen dahin brachte, daß er bei der Verhandlung über den neuen Organisten zuerst den Namen Wolfgangs nannte. – »Bravo! aufgesessen! dachte ich; schade, daß dieser Mann nicht ein großer Staatsminister und Abgesandter ist! – Dann sagte ich ihm: wir wollen recht aufrichtig sprechen; und fragte ihn, ob man nicht alles mögliche getan, ihn mit Gewalt aus Salzburg zu vertreiben? Ich fing vom Anfange an, und vergaß nichts herauszusagen, was alles vorbeigegangen, so daß sein Bruder ganz erstaunte, und er selbst aber nichts anderes sagen konnte, als daß alles die gründlichste Wahrheit wäre. Wir kamen auf alles von der ganzenMusik – ich erklärte ihm alles von der Brust heraus, – und er erkannte, daß alles die vollkommene Wahrheit wäre, und sagte endlich seinem Bruder, daß alle Fremde, die an den salzburgischen Hof gekommen, nichts anderes als den jungen Mozart bewundert hätten. Er wollte mich immer bereden, daß ich an meinen Sohn deswegen schreiben sollte; ich sagte ihm aber, daß ich dies nicht tun könnte, daß es eine vergebliche Arbeit wäre, daß mein Sohn über einen solchen Antrag lachen würde; es wäre denn die Sache, daß ich ihm zugleich den Gehalt, den er haben sollte, überschreiben könnte; denn auf den Gehalt eines Adlgassers würde nicht einmal eine Antwort zu hoffen sein. Ja, wenn Se. Hochfürstl. Gnaden ihm auch monatlich 50 fl. zu geben sich entschließen könnten, so stünde noch gar sehr zu zweifeln, ob er es annehmen würde.« – Der Vater wußte auch, daß der Erzbischof jetzt selber über Wolfgangs Leistungen günstig urteilen gelernt hatte, und fürchtete Wettbewerb von außerhalb um so weniger, als kein fremder Musiker neben ihm auf Privatstunden rechnen konnte, da in der Hinsicht der Ruf Leopolds als eines unübertrefflichen Pädagogen unerschütterlich war.
Aber noch lag alles in weiter Ferne. Leopold selber schließt seinen Brief: »Ich schreibe aber alles dieses nicht in der Absicht, Dich, mein lieber Wolfgang, zu bereden, daß Du nach Salzburg zurückkehren solltest – denn ich mache ganz und gar keine Rechnung auf die Worte des Erzbischofs.« Wolfgang ging denn auch gar nicht auf des Vaters Schreiben ein; noch dachte er nicht an die Möglichkeit der Rückkehr nach Salzburg. Dann starb in Paris die Mutter, in Salzburg starb fast gleichzeitig der alte Hofkapellmeister Lolli. Nun wurde eine Entscheidung dringlicher. Vater Mozart, der seines Sohnes Widerwillen gegen Salzburg wohl kannte, rief Bullingers Vermittlung zu Hilfe. Dieser schrieb seinem jungen Freunde, daß es jetzt vor allem Pflicht sei, an den durch den Verlust seiner Frau schwer heimgesuchten Vater zu denken. Es seien jetzt wirklich in Salzburg die günstigsten Umstände, zumal der Erzbischof ernstlich beabsichtige, neben der Haydn, der Frau des Hoforganisten, eine zweite Sängerin zu gewinnen. Damit hoffte man Wolfgang, dessen Sehnsuchtnach Vereinigung mit der geliebten Aloysia Weber aus allen Briefen sprach, am ehesten zu gewinnen. Schon am 7. August antwortete Mozart dem geistlichen Freunde. Daß er stets sich seiner Pflicht gegen den Vater bewußt sei, wüßten sie ja längst. Aber Salzburg?! »Sie wissen, bester Freund, wie mir Salzburg verhaßt ist! Nicht allein wegen den Ungerechtigkeiten, die mein lieber Vater und ich dort ausgestanden, welches schon genug wäre, um so ein Ort ganz zu vergessen und ganz aus den Gedanken zu vertilgen! Aber lassen wir nun alles gut sein – es soll sich alles so schicken, daß wir gut leben können; gut leben und vergnügt leben ist zweierlei, und das letztere würde ich ohne Hexerei nicht können; – es müßte wahrhaftig nicht natürlich zugehen! ... Nun, es mag geschehen was will, mir wird es allzeit das größte Vergnügen sein, meinen liebsten Vater und liebste Schwester zu umarmen, und zwar je eher, je lieber; aber das kann ich doch nicht leugnen, daß mein Vergnügen und meine Freude doppelt sein würde, wenn es wo anders
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